Er war für die Bürgermeister und die Stadtverwaltung der Mann für alle Fälle und für die Medienvertreter ein wichtiger Ansprechpartner. Walter Rügert war seinem Arbeitgeber gegenüber loyal, von den Pressevertretern wurde er wegen seiner Zuverlässigkeit geschätzt. Natürlich konnte er nicht zaubern und hexen, sondern musste warten, bis er von den Kollegen die entsprechenden Infos erhielt. Aber bei Walter Rügert wusste man: Er kümmert sich, um die entsprechenden Antworten liefern zu können.

Auf der anderen Seite des Schreibtischs

Von außen betrachtet ist die Leitung des Pressereferats ein stressiger Job in einer undankbaren Sandwich-Position. Walter Rügert hingegen schätzte seinen Beruf, den er als „Mittler zwischen Verwaltung und Presse“ ansah. Ihm war wichtig, „der Verwaltung die Arbeit der Presse näherzubringen und umgekehrt“.

Schließlich ist es die Aufgabe der Journalisten, Informationen und Sachverhalte objektiv darzustellen, Ungereimtheiten auf den Grund zu gehen und Fehler aufzuzeigen. Ein Pressesprecher hingegen dient den Bürgermeistern und der Verwaltung und versucht, diese möglichst im besten Licht erscheinen zu lassen.

Dieser Kugelschreiber, den er vor 15 Jahren von seiner Tochter geschenkt bekam, war der treue Begleiter von Walter Rügert.
Dieser Kugelschreiber, den er vor 15 Jahren von seiner Tochter geschenkt bekam, war der treue Begleiter von Walter Rügert. | Bild: Scherrer, Aurelia

Er hat Konstanzer Zeitgeschichte miterlebt

„Es war ein quirliger und trubeliger Job. OB Uli Burchardt hat einmal gesagt, man arbeitet im Strudel“, erzählt Walter Rügert. Der Job war aber noch mehr, denn Rügert erlebte ein Vierteljahrhundert Konstanzer Zeitgeschichte hautnah mit, und zwar an vorderster Front. Schließlich musste er den Pressevertretern Auskunft geben und die jeweilige Stadtobrigkeit mit den nötigen Informationen versorgen, damit sie Rede und Antwort stehen konnten.

Der Zöllnermord auf Klein Venedig: Das war schlimm“, erinnert sich Walter Rügert. Nach einer Pause fügt er an: „Die Stadt wurde wegen Statements angefragt. Das war sehr bitter. Das sind so Erlebnisse, die völlig aus dem Rahmen fallen, wo man etwas sagen muss, obwohl einem die Worte fehlen…“

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Es gab auch andere Schreckensmomente, beispielsweise als Degussa die Produktion einstellte. „Das war ein Schlag“, so Walter Rügert, schließlich ging es um hunderte Arbeitsplätze und die bange Frage, wo diese Menschen neue Arbeit finden sollten. „Ein einschneidendes Erlebnis für die Stadt“, wertet Rügert und fügt an: „Und dann gab es Pläne, einen städtebaulichen Wettbewerb und die Entwicklung der Industriebrache. Es ist spannend, wenn man so etwas mitverfolgen kann.“

Zu seinen Höhepunkten in dem Vierteljahrhundert Pressearbeit zählt er die Eröffnung der Kunstgrenze. „Ich hatte die Projektleitung. Es war ein Ereignis mit Geschichte, Kunst, Zukunft und von symbolischer Bedeutung“, schwärmt er , wobei er die Zusammenarbeit mit den Schweizern sowie mit privaten Stiftungen hervorhebt.

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Als der Gemeinderat den Klimanotstand ausgerufen hat, habe das Thema innerhalb kürzester Zeit eine Riesenresonanz gefunden. „Auch internationale Presse war vor Ort, ebenso Fernseh- und Radioteams, und wir mussten das alles managen und organisieren“, erzählt Rügert.

Er wuchs auf einem Bauernhof auf

Egal wie hektisch es zu- und herging: Rügert strahlte fast immer Ruhe und Gelassenheit aus. Staunen ließ auch immer wieder sein Pokerface. Ob er persönlich hinter einer Entscheidung von Politik und/oder Verwaltung stand oder nicht – keiner weiß es, denn er ließ sich nichts anmerken. Berufliches und Privates trennte er konsequent. Woher aber nahm Rügert diese Stress-Resilienz?

Vielleicht liegt diese Gabe in seiner Kindheit begründet. Walter Rügert, geboren am 4. Januar 1958 in Lörrach, wuchs auf einem Bauernhof auf. „Ich habe früh gelernt, Aufgaben und Verantwortung zu übernehmen. Das war sicherlich ein Stück weit prägend“, so Rügert. Er erzählt, wie beim Aufziehen eines Gewitters rasch die Heuernte eingebracht werden musste, als wäre es gestern gewesen. „Wenn man im Team zusammen unter Zeitdruck etwas zu Ende bringt, das sind prägende Erfahrungen“, resümiert er.

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Pressesprecher: Ein spannender Job

Auch nach 25 Jahren schwärmt er von dieser Tätigkeit, denn „es ist eine absolut spannende Aufgabe, weil man mit allen Bereichen der Stadt zu tun hat. Man muss immer mit unvorhergesehenen Dingen rechnen, Krisensituationen meistern, aber man kann auch planen und gestalten. Und ich hatte das Glück, dass die Chefs – OB Frank und OB Burchardt – mir viele Freiheiten gelassen haben“, so Rügert, der auch wegen seiner Loyalität seinen Dienstherrn gegenüber als Pressesprecher prädestiniert war.

Jetzt geht der Mann für alle Presseanfragen in den Ruhestand. „Für die Stadt mache ich dann meinen letzten Almanach“, so Rügert. Das jährliche Kompendium des Stadtgeschehens hatte ihm immer am Herzen gelegen, schließlich ist es „die Chronik der Stadt“, wie er sagt. Der Abschied falle ihm allerdings nicht schwer, denn es sei an der Zeit aufzuhören. „Ich habe versucht, meinen Job ordentlich zu machen und ich kann mit einem guten Gefühl gehen.“

Walter Rügert geht leichten Herzens. Er ist zufrieden mit dem Geleisteten und freut sich auf seinen nächsten Lebensabschnitt.
Walter Rügert geht leichten Herzens. Er ist zufrieden mit dem Geleisteten und freut sich auf seinen nächsten Lebensabschnitt. | Bild: Scherrer, Aurelia

Und was macht Walter Rügert jetzt? „Die ersten vier Wochen nichts, höchstens dem Gras beim Wachsen zuschauen“, sagt er und ergänzt: „Ich brauche mal eine Ruhephase.“ Und er will auf den Jakobsweg „von Porto nach Santiago ans Ende der Welt“ und vielleicht auch wieder Bücher schreiben. Auf ein Ereignis freut er sich ganz besonders: „Im November werde ich Opa.“

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