Mehr Raum und Rechte für Radler!

Radfahrer sind rücksichtslose Rüpel. Sind zu schnell unterwegs, oft in der falschen Fahrtrichtung des Radwegs, respektieren rote Ampeln nicht, kennen keine Verkehrsregeln oder halten sich nicht an sie. Wer zu Fuß unterwegs ist, bekommt es mit der Angst zu tun, und Kinder lernen früh, heranrasende Radfahrer und undeutlich gekennzeichnete Radwege mehr zu fürchten als Autos. Das alles ist leider wahr, jedenfalls in Konstanz. Aber macht wirklich jede Konstanzerin, jeder Konstanzer einen Charakterveränderung durch, sobald er sich auf sein Fahrrad schwingt? Hoffentlich nicht.
Eigentlich ist alles ganz anders. Im Jahr 2023 dient das Fahrrad, ob mit E-Antrieb oder ohne, längst nicht mehr dem Freizeitvergnügen, sondern dem Weg zur Arbeit, zum Arzt, zur Schule und zum Einkauf. Das Rad muss den Konstanzern dazu taugen, in angemessener Zeit ans Ziel zu kommen und das bedingt, dass das Tempo schneller wird. Dass Kinder mit Rad und Anhänger zum Kindergarten gebracht werden, ist zu begrüßen – den immer noch üblichen Elterntaxis per Auto sind sie vorzuziehen. Es bedingt aber, dass Räder breiteren Raum einnehmen.
Von welcher Seite man es betrachtet: Das Fahrrad ist das klimafreundlichste Verkehrsmittel, das unsere Zeit zu bieten hat. Es ist in der Lage, den Nutzer im Stadtverkehr in kurzer Zeit von A nach B zu bringen, mal schneller, mal langsamer, in jedem Fall wendiger als ein Auto. Radfahren verschafft Bewegung und macht Spaß. Das überzeugt viele, daher nimmt die Zahl der Radler zu.
Genau an dieser Stelle entsteht das Problem: Immer mehr Radler stehen an Kreuzungen, schlängeln sich durch Rad- und Fußwege, stellen ihr Fahrzeug in der Stadt ab. Sie konkurrieren mit Autofahrern und Fußgängern um begrenzte Fläche, das hält erstens auf und birgt zweitens Gefahren. Dass bei rund 8000 Radfahrern, die täglich die Fahrradbrücke queren, manche mit überhöhtem Tempo unterwegs sind, versteht sich. Dass Unfälle passieren, ebenfalls.
Autounfälle sind übrigens seit Jahrzehnten gesellschaftlich akzeptiert. Problematisch ist, dass die Stadtplanung sich immer noch nicht an Radfahrern und Fußgängern orientiert, sondern am Autofahrer. Deshalb taumeln Fußgänger den Radfahrern vors Rad, behindern sich die Radler auf schmalen Wegen gegenseitig, entstehen Gefahren.
Was ist zu tun? Das Radeln braucht den Stellenwert, den es verdient: mit Radstraßen, auf denen keine Autos unterwegs sind, Radspuren auf den Hauptverkehrsachsen. Es braucht eine Verkehrssicherheit, die den Namen verdient. Unausweichlich sind Polizeikontrollen an Engstellen, Strafen für Regelmissachter. Das dürfte helfen, Radrüpel zu erziehen. Bequemer als früher wird es vielleicht nicht mehr, aber mehr Sicherheit in Konstanz ist möglich.
Contra: Zu viel, zu schnell, zu rigoros

Fußgänger leben in der Radstadt Konstanz gefährlich! Für sie ist es schwierig, die Geschwindigkeit der Radler abzuschätzen. Wenn Radler dann noch in Massen heranrasen, wie beispielsweise in der Fahrradstraße, hat ein Fußgänger (wenn er nicht gut im Sprinten ist) kaum eine Chance, die Straße sicher zu queren. Dazu kommt noch die nicht geringe Zahl an rigorosen Radlern, die bei Rot über Ampeln oder Bahngleise rasen, in der vollen Innenstadt verbotswidrig in Fußgängerzonen fahren oder Gehwege als Highway nutzen. Da wundert es, dass nicht mehr Unfälle passieren.
Eigentlich wäre es ja erfreulich, dass so viele Menschen das Fahrrad nutzen – wenn es sich dabei noch um ein solches handeln würde. Aber: Heute sind es vorwiegend motorisierte Zweiräder, die gerade Fußgängern das (Über-)Leben schwer machen, wobei das regelkonforme Radfahren mit einem Bio-Bike auch keinen Spaß mehr macht. Das große Problem ist die Geschwindigkeit. Pedelecs werden bis 25 Stundenkilometer von einem Elektromotor unterstützt. Damit erreichen sie die Geschwindigkeit von Mofas. Für das Fahren eines Kennzeichen-pflichtigen Mofas braucht der Fahrer einen Führerschein. Warum gilt das nicht für Pedelecs?
Führerschein und Kennzeichen wären sinnvoll. Das Beherrschen der schnellen und schweren Rädern will gelernt sein, vor allem wenn sie noch mit Anhänger bestückt sind oder es sich um Lastenräder handelt; manche Gefährte haben ja schon die Dimension von Kleinwagen. Wo also besteht der Unterschied zwischen einem Rad mit Elektroantrieb und einem E-Auto? Der weitere Vorteil dieser Regelung: Die Verkehrsregeln werden wieder trainiert, die viele Radler leider viel zu oft vergessen. Mit der Kennzeichenpflicht könnten Verstöße eher geahndet werden, denn das Mahnen zur Rücksichtnahme scheint ja nicht zu fruchten.
Bei der Masse an Radlern wäre diese Einführung sinnvoll und wichtig, denn mittlerweile sind längst nicht mehr Autos die Gefahrenquelle Nummer eins. In Konstanz kam es im Jahr 2022 zu 278 Unfällen mit Fahrradfahrern. 204 Unfälle davon wurden von Radfahrern verursacht, so die Polizeistatistik. Bei 257 dieser Unfälle wurden Menschen verletzt, 190 davon wurden von Radfahrern verursacht. Die Polizei stellt zudem fest, dass im Durchschnitt 40 Prozent der Fahrradunfälle ohne Fremdeinwirkung stattfinden. Diese Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache: Es besteht dringender Handlungs- und Regelungsbedarf!
Radler sollten sich an die Verkehrsregeln halten und Rücksicht nehmen. Die Stadt Konstanz sollte sich dafür einsetzen, dass eine Führerschein- und Kennzeichnungspflicht eingeführt wird. Bis dahin sollten mehr Fahrrad- Kontrollen stattfinden, und zwar zum Schutz aller Verkehrsteilnehmer.