Wasserstoffblondes Haar, stahlblaue Augen, ein glattgebügelter, rosafarbener Anzug. Bekannt geworden ist er an der Seite der famosen Plastik-Puppe Barbie: Ken – lebensecht und in all seiner Pracht. So steht er am Samstag, 26. August, in der Bahnhofstraße in Kreuzlingen. Wie ist die Kult-Figur am Bodensee gelandet? Und handelt es sich bei ihr wirklich um das Original?
Den treuen Begleiter der Plastik-Puppe gibt es zwar schon seit Jahrzehnten. Und doch war es Greta Gerwigs Film ‚Barbie‘, der Ken zu neuem Ruhm verholfen hat. An diesem verregneten Samstagnachmittag ist er daher zweifelsohne der prominenteste Gast des Think Pink Sommerevents, das Beate Rau in ihrem gleichnamigen Sammlerladen in Kreuzlingen veranstaltet.

Beate Rau ist hartnäckig geblieben
Dass sie in ihrem Laden einmal so prominenten Besuch empfangen wird, hätte sich Beate Rau wohl in ihren kühnsten Träumen nicht vorgestellt. Um den gefragten Mann bei sich begrüßen zu dürfen, habe sie keine Mühen gescheut. „Zwei bis dreimal die Woche habe ich ihm geschrieben“, erinnert sich Rau. Mit Nachrichten wie: „Hey, ich habe einen Ken in meinem Laden, der sieht aus wie du“, habe sie versucht, den lebensechten Ken nach Kreuzlingen zu locken, sagt sie mit einem Augenzwinkern.

„Dann hat er irgendwann gesagt ‚Ach weißt du was, jetzt hast du so viel geschrieben, dann komm ich halt‘“, erzählt Beate Rau lachend. „Natürlich alles ganz höflich“, betont sie. Ken selbst stimmt der 48-Jährigen zu: „Sie hat mehrmals lieblich gefragt.“ Im Vergleich zu roten Teppichen und Film-Premieren sei der Besuch in einem Barbie-Laden eine willkommene Abwechslung, fügt er an. Von Star-Allüren nichts zu spüren.
Der hohe Besuch hat an diesem Tag noch mehr Menschen nach Kreuzlingen gelockt. Auch Freunde, Fans und andere Barbie-Begeisterte haben den Weg an den Bodensee gefunden, um dort gemeinsam die Freude über ihr ungewöhnliches Hobby zu teilen.

„Hardcore-Sammler“ und Puppen-Begeisterte
Auch Händler sind mit ihren Barbies zu Beate Rau nach Kreuzlingen gekommen. Einer von ihnen ist Francesco Ruffino. An seinem Stand sind die verschiedensten Puppen zu finden – sie alle hat er auf dem Tisch vor dem Think Pink Shop drapiert.

Ruffino bezeichnet sich selbst als „Hardcore-Sammler“. „Ich mache das seit über 30 Jahren“, sagt er. Wenn er nicht gerade auf Börsen oder Messen unterwegs ist, verkaufe er seine Puppen in einem Onlineshop. Dass er Ken an diesem Tag persönlich trifft, freut Ruffino sichtlich. Und zwar so sehr, dass er kurz das Sprechen vergisst. Dann, wieder etwas gefasst, meint er: „Ich finde es einfach cool, dass er hier her kommt.“
Ruffino hat zu dem Event nicht nur seine Puppen, sondern auch seinen besten Freund Bruno Brendle mitgebracht. Auch er ist als Händler nach Kreuzlingen gekommen. Seit 30 Jahren seien die beiden befreundet, wie sie berichten. „Und in der ganzen Zeit haben wir noch nie Streit gehabt“, so Bruno Brendle.
Die Männer verbindet ein Hobby – nämlich das Sammeln und Verkaufen von Barbies und anderen Puppen. Er selbst besitze nicht nur verschiedene Barbies, sondern nähe zudem Kleider für sie. „Es ist ein tolles Hobby“, wie er findet.

Ken, Ryan Gosling oder doch Ludwig Lehner?
Zugegeben: Ken ist nicht wirklich Ken. Und auch nicht Ryan Gosling. Der Mann mit dem pinken Anzug, den blauen Augen und den blondierten Haaren sieht dem Original nur zum Verwechseln ähnlich. Sein Name ist Ludwig Lehner und er kommt weder aus Hollywood noch aus Barbieland. Sondern aus Finsing in Bayern.
Deutschlandweit bekannt geworden ist der 34-Jährige mit einem Auftritt bei der Goldenen Kamera vor sechs Jahren, wo er sich als Ryan Gosling ausgab und in seinem Namen den Preis entgegennahm. Die Aktion war ein Gag des Moderatoren-Duos Joko und Klaas, das den Doppelgänger zuvor ins ZDF eingeschleust hatte.
Ludwig Lehner kann sich vor Anfragen kaum retten
Inzwischen ist Lehner in seiner Rolle als Doppelgänger heiß begehrt. Obwohl er selbst eher vor als auf der Leinwand zu sehen ist, sei er seit dem Start des Kinofilms eigentlich nur noch unterwegs, berichtet der 34-Jährige. „Bei Premieren, in Kinos, auf Fotoshootings.“ Und das deutschlandweit. „Das ist schon manchmal stressig“, sagt Lehner. „Aber es macht Spaß.“
Seine Rolle als Doppelgänger ist für den 34-Jährigen nur ein Hobby, wie er erzählt. Denn im normalen Leben leitet Lehner eine eigene Kantine im bayrischen Poing. „Es ist ein schöner Ausgleich zum Job“, sagt er über seine Auftritte als Ryan Gosling – oder eben Ken.
Lehner hat mehr Glück in der Liebe als Ken
Was Ludwig Lehner jedoch allemal von seinem Abbild aus Plastik unterscheidet: In der Liebe scheint es bei ihm deutlich besser zu laufen. Denn im Film will Barbie, seine Angebetete, nicht viel von ihm wissen. Egal, wie sehr er sich anstrengt, mehr als eine platonische Freundschaft ist für Ken nicht drin. Am liebsten macht Barbie eigentlich ihr eigenes Ding.

Ludwig Lehner hat da mehr Glück. Denn seine Freundin Tina Vogel ist stets an seiner Seite, wenn der 34-Jährige als Double unterwegs ist. „Ich bin eigentlich immer dabei“, sagt Vogel. Ganz im Gegensatz zu Barbie.
Wovon Freundin Tina Vogel anfangs allerdings nicht sonderlich begeistert war: Für seine neue Rolle als Ken-Doppelgänger musste sich Lehner die sonst braunen Haare blondieren. „Aber man gewöhnt sich daran“, lenkt die 32-Jährige ein. „Und jetzt finde ich sogar, dass es ihm steht.“
Wie lebt es sich im Matriarchat, Ken?
Ebenso wie dem echten Ken, hat der Hollywood-Streifen dem Doppelgänger große Aufmerksamkeit verschafft. Im Film hat der Mann – im Schatten seines weiblichen Pendants – jedoch zunächst nicht viel zu lachen. Denn dort lebt er im Matriarchat – einer fiktiven Gesellschaft, in der Frauen das Sagen haben. Sie sind unabhängig, erfolgreicher und besetzen höhere Ämter. Die Männer, die dort alle Ken heißen, haben schlicht nichts zu melden.
Alles Fiktion, schon klar. Trotzdem drängt sich die Frage auf: Wie fühlt es sich an, in einem solchen Matriarchat zu leben? Nach kurzem Überlegen antwortet Lehner scherzhaft: „Meine Freundin hält mich auch an der kurzen Leine, das passt schon.“ Beide lachen.