„Nein, rechts, rechts!“, ruft der junge Mann im schwarzen Shirt dem Fahrer des 7-er-BMW zu und winkt hektisch in die angegebene Richtung. An der Ausfahrt des Parkhauses Altstadt in Konstanz hat sich hinter dem Duo eine kleine Autoschlange gebildet. Der BMW-Fahrer hat Probleme, mit dem inklusive Spiegel 2,20 Meter breiten Auto die Ausfahrt zu passieren. „Jetzt links, ja.“ Geschafft.

Ähnliche Szenen lassen sich in Parkhäusern immer wieder beobachten: Autos rangieren auf wenig Raum, in den Parklücken stehen sie dicht an dicht – oder passen erst gar nicht rein. Was viele Menschen beobachten, lässt sich mit Zahlen belegen. Eine SÜDKURIER-Analyse zeigt: Autos sind seit dem Jahr 1970 durchschnittlich 15 Zentimeter länger und 14 Zentimeter breiter geworden.

Müssen Parkplätze größer werden?

Die Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) – ein Verein, der Richtlinien und Empfehlungen für den Straßenverkehr erstellt – sprach in diesem Jahr die Empfehlung aus, neu geplante Stellplätze in Deutschland ebenfalls zu verbreitern, nämlich um 15 Zentimeter. Bisher gilt: Für rechts und links begrenzte Plätze, etwa durch Wände: 2,50 Meter. Für einseitig begrenzte Plätze 2,40 Meter und für offene reichen 2,30 Meter.

Braucht es das? Wir haben uns beim Ortsbesuch in Konstanz ein Bild gemacht, Parkplätze gemessen, mit Menschen gesprochen und bei der Stadtverwaltung nachgehakt.

Das Altstadtparkhaus beim Bürgerbüro gilt als eines der engsten in der Stadt. Hier misst der SÜDKURIER eine Parkplatzbreite von 2,28 Metern. „Mit meinem Caddy musste ich ganz schön rangieren“, sagt Carola Hüttner. Sie ist mit ihrer Freundin Barbara Schötteldreier aus Kirchheim unter Teck zu Besuch.

Barbara Schötteldreier (links) und Carola Hüttner.
Barbara Schötteldreier (links) und Carola Hüttner. | Bild: Eva Marie Stegmann

Sollten Parkplätze also verbreitert werden? Im Altstadtparkhaus seien weniger die Stellflächen ein Problem, als der Platz drumherum fürs Ein- und Ausparken, Rein- und Rausfahren, sagt die Autofahrerin. „Ich finde es gut, dass versucht wird, die Menschen vom Auto wegzubekommen“, sagt Barbara Schötteldreier, „ich glaube nicht, dass es das richtige Signal ist, die Parkplätze größer zu machen.“

Der zentrale Stephansplatz ist bei Autofahrern zum Abstellen ihrer Fahrzeuge beliebt.
Der zentrale Stephansplatz ist bei Autofahrern zum Abstellen ihrer Fahrzeuge beliebt. | Bild: Eva Marie Stegmann

Nächster Schauplatz: Stephansplatz. Hier sind die Parklücken 2,30 Meter breit, also zwei Zentimeter breiter als im Parkhaus an der Laube. Macht das schon einen Unterschied? „Das passt doch so“, sagt Carola Hüttner.

Das sagt der Gemeindevollzugsdienst

Und was sagt einer, der täglich beruflich aufs Parken blickt, zur Situation in der Stadt? Laut Manuel Lopez vom Gemeindevollzugsdienst gibt es zwei Entwicklungen: Größere Autos und gleichzeitig kleinere, kompaktere Modelle. „Dadurch gleicht es sich ganz gut aus“, sagt er. Eine Notwendigkeit für breitere Markierungen sieht er derzeit nicht.

Manuel Lopez leitet den Gemeindevollzugsdienst der Stadt Konstanz, zu dem auch der Kommunale Ordnungsdienst gehört.
Manuel Lopez leitet den Gemeindevollzugsdienst der Stadt Konstanz, zu dem auch der Kommunale Ordnungsdienst gehört. | Bild: Eva Marie Stegmann

Beim Thema Parkplätze beschäftigt ihn ein ganz anderes Problem: Fahrer, die auf oder sogar neben den weißen Markierungen parken, sodass andere ihre Autos nicht mehr ordnungsgemäß abstellen können. Beispiele gibt es viele zu sehen an diesem Tag. Ob im Augustinerparkhaus mit den 2,32 Meter breiten Streifen oder im Parkhaus Fischmarkt mit den 2,28 Meter breiten Streifen (eigene Messungen) oder am Döbele. Dabei ist das einer der Parkflächen mit den breitesten Stellplätzen: 2,40 Meter misst der SÜDKURIER hier.

Am Döbele: Parken will gelernt sein.
Am Döbele: Parken will gelernt sein. | Bild: Eva Marie Stegmann

Der Konstanzer Tobias Nusser rangiert eine ganze Weile, bis sein Audi A3 in die Parklücke passt. Der Mercedes daneben steht nicht innerhalb der weißen Markierungen, sondern darauf. Auf die Frage, ob breitere Parkplätze nicht sinnvoller wären, sagt Nusser: „Eher nicht. Die Autos sollten besser parken, das würde das Problem lösen.“

So will die Stadtverwaltung gegensteuern

Der Gemeindevollzugsdienst sieht das wie Tobias Nusser – und will mit einer Aktion gegensteuern. Wer nicht in, sondern auf oder über der Markierung parkt, bekommt seit neuestem eine Nachricht der Parkwächter am Auto. Ein freundlicher Hinweis soll es sein, der kein Bußgeld nach sich zieht, so Mandy Krüger, Pressesprecherin der Stadt Konstanz.

Wusste der Halter dieses Pkw nicht, was die Markierung bedeutet – oder war ihm egal?
Wusste der Halter dieses Pkw nicht, was die Markierung bedeutet – oder war ihm egal? | Bild: Eva Marie Stegmann

Aha. Ist diese Aktion deshalb nötig, weil die Autos immer breiter werden? Mandy Krüger: „Breitere Fahrzeuge spielen sicherlich zum Teil eine Rolle, aber in der Mehrheit der Fälle geschieht das nach wie vor aus Bequemlichkeit oder Gedankenlosigkeit.“

Laut Krüger sind die städtischen Parkplätze ausreichend breit. Trotzdem will die Stadt die Empfehlung umsetzen und neu angelegte Parkbuchten künftig verbreitern. Warum? Weil, wie Mandy Krüger auf Anfrage schreibt, dies „grundsätzlich“ bei Empfehlungen und Richtlinien so gehandhabt werde.

Es geht auch mit Kreativität

Am Döbele hat am späten Nachmittag unterdessen die Schweizerin Sylvia Keller ihr Auto abgestellt. Sie findet: „Solange sich die Türen öffnen lassen und man nicht über die Beifahrerseite rausklettern muss, passen die Breiten.“ Bei ihr auf Arbeit seien die Stellplätze recht eng, deshalb, erzählt sie, sei das Team kreativ geworden: „Wir parken abwechselnd rückwärts und vorwärts ein, so ist mehr Platz.“