Von beschleunigter „Dekarbonisierung der Mobilität“, schrittweiser „Reduktion des motorisierten Individualverkehrs“ und „Privilegierung von E-Kfz“ steht in der Ergänzungsvorlage der Verwaltung nichts mehr. Dafür aber wirbt sie in ihrer Präsentation bei den Mitgliedern des Technischen und Umweltausschusses (TUA) und dem Haupt-, Finanz- und Klimaauschuss (HFK) plakativ: „Bedeutung: 1 Mio. Euro Investitionsvolumen bei 25.000 € aus dem städtischen Haushalt.“ Lorenz Heublein vom Amt für Klimaschutz kommentiert: „Ein unschlagbares Verhältnis.“
Die Stadt will sich um das Förderprogramm E-Zonen bewerben, das das baden-württembergische Verkehrsministerium aufgelegt hat. Eben jenes Ministerium habe die Konstanzer Verwaltung zur Teilnahme ermuntert, wie Lorenz Heublein anmerkt.
Bekenntnis zum Ausbau der E-Infrastruktur
Ziel der Verwaltung, die sich gemeinsam mit der Stadtwerketochter Konstanz mobil GmbH und dem privaten Carsharing-Betreiber Naturenergie Sharing GmbH mit Sitz in Freiburg als Konsortialpartnerbewerben möchte, sei der Ausbau der E-Infrastruktur in der linksrheinischen Altstadt. Die Stadtwerke könne damit das Angebot der E-Ladeinfrastruktur in den Parkhäusern verbessern. Ohne Förderung „werden die Ladepunkte in der Anzahl nicht entstehen“, macht Gordon Appel, Mitgeschäftsführer der Stadtwerke Konstanz, klar.
Alle anwesenden Stadträte sind für einen Ausbau der Lade-Infrastrukur für E-Autos. Das wird im Verlauf der beiden Sitzungen deutlich. Ob das Förderprogramm E-Zone allerdings das richtige Instrument ist, da scheiden sich die Geister.
„Wir stehen vollumfänglich hinter dem Antrag“, stellt Lisa Kreitmeier für die Fraktion FGL&Grüne fest. Es sei notwendig, um in Sachen Klimaziele voranzukommen. „Es ist ein erster Schritt. Es müssen weitere folgen“, findet auch Holger Reile (Linke Liste Konstanz). Konstanz sei ja schließlich die Stadt gewesen, „die als erstes den Klimanotstand ausgerufen hat“, merkt seine Fraktionskollegin Anke Schwede an.

E-Zone. „Der Begriff ist saublöd“, stellt Gisela Kusche (FGL&Grüne) fest. Sie wünscht sich einen gefälligeren Begriff, denn dieser wecke Befürchtungen, dass Autos mit fossilem Antrieb ausgesperrt würden. „Eine Zufahrtsbeschränkung kommt nicht infrage“, sagt Kusche und fügt an: „Autofrei läuft auf einer anderen Schiene.“

Ja, aber keine Verbote
Hinter dem Förderantrag steht auch die SPD. Aktuell gebe es zwar keinen Mangel an Ladesäulen, aber es gehe um die Zukunft, so Jürgen Ruff. Es brauche eine gute Infrastruktur, um den Umstieg auf E-Mobilität zu erleichtern. „Aber ohne Einfahr-Verbote; das schürt nur Ängste, die der Verkehrswende entgegenstehen“, so Jürgen Ruff, der anfügt: „Was gar nicht geht: Einen Teil der Gesellschaft auszuschließen.“ Er kommt auf die „weniger Privilegierten“ zu sprechen, die sich kein E-Auto leisten könnten. Auch eine Differenzierung der Parkgebühren nach Antriebsart lehnt der SPD-Stadtrat rundheraus ab, denn das sei „soziale Diskriminierung“.
Ruff fordert: „Zufahrtsbeschränkung und Differenzierung der Parkgebühren wollen wir aus dem Antrag nehmen.“ Heublein sagt zu, „den Passus zu entschärfen“. Ein Missverhältnis sieht Ruff darin, dass E-Ladestationen vorwiegend in Parkhäusern vorgesehen seien. Dieses Angebot sei dann eher für Besucher, nicht aber für Anwohner. Dieser Ansicht ist auch Heike Rawitzer (CDU). Da sich das Angebot weniger an Konstanzer Bürger richte, sei „der Effekt der Umstiegsmotivation nicht gegeben“.
Zweifel an Bedarf und der Verwaltung
Zweifel am Zeitplan äußert Daniel Hölzle (Freie Wähler). Er ist der Meinung, dass der tatsächliche Bedarf für E-Autos geringer sei, als was an Aufbau aktuell geplant sei. „Ein Ladeplatz ist größer als ein normaler Parkplatz. Wenn der leer steht, gibt es Einnahmeausfälle.“ Er würde lieber auf ein Förderprogramm warten, das mehr Flexibilität ermögliche. Zum Förderprogramm E-Zone meint Jürgen Faden (FW): „Ein Großteil der Bevölkerung will das nicht und Teile von Verwaltung und Gemeinderat ignorieren das.“

„Warum lassen wir unsere Politik durch Förderprogramme bestimmen?“, fragt Sabine Feist (CDU), der das „Hauruckverfahren“ missfällt. Die Kommunikation der Stadt sei „widersprüchlich und nebulös“. Die erste Sitzungsvorlage sei ungeschickt gewesen, meint sie. Ihr Kollege Roger Tscheulin wird noch deutlicher: „Die erste Vorlage war ehrlicher. Da ging es um Einrichtung einer E-Zone und die Verdrängung von konventionellen Fahrzeugen.“ Er kann der jetzigen Ergänzungsvorlage nicht zustimmen. Da „wurde viel geschönt und geglättet“.
Ihr Fraktionskollege Manfred Hölzl ist ob des angestrebten Konsortiums verwundert. „Geht das ohne Ausschreibung?“, fragt er. Dass für die Carsharing-Plätze keine Gebühren erhoben würden, erachtet er „als Subvention eines privatwirtschaftlichen Unternehmens“.
„Mit dem Förderprogramm gehen wir Verpflichtungen ein. Es gibt eine Reihe von Unwägbarkeiten, die wir nicht abschätzen und nicht nach außen vertreten können“, hält Levin Eisenmann mit für CDU fest. Zu den 25.000 Euro, welche die Stadt bezahlen müsse, merkt er an: „Ganz nichts ist das auch nicht.“
Was hat der Stephansplatz mit der E-Zone zu tun?
Eine große Frage beschäftigt Achim Schächtle (FDP), wie beispielsweise auch Joachim Filleböck (CDU): Im Förderantrag sei der Stephansplatz vermerkt, mit dem Hinweis, er solle innerhalb des Förderzeitraums autofrei werden. „Was ist, wenn wir uns die Umgestaltung des Stephansplatzes nicht leisten können? Müssen wir die Fördergelder zurückzahlen und den Anteil an die Konsortialpartner ausschütten?“, so Schächtle.

Es wäre hilfreich, wenn zum Stephansplatz zeitnah eine Entscheidung getroffen wird, damit dies dem Ministerium mitgeteilt werden könne, so Heublein, der anfügt: „Das könnte Konsequenzen haben.“