Bahnfahren ist in Deutschland zu einer ermüdenden Angelegenheit geworden. Von Konstanz aus, dem Flecken am Ende der Welt, ist es noch ein wenig mühsamer. Da wäre es für Konstanzer schön, wenn sie sich innerhalb ihrer Stadt auf den öffentlichen Nahverkehr verlassen könnten. Können sie das?
In der als Fahrradstadt bezeichneten Kommune fußt dieser auf der S-Bahn-Linie Seehas, die auch innerhalb der Stadt nutzbar ist, und auf den Stadtbuslinien. Für eine Seilbahn oder eine Straßenbahn ist Konstanz zu klein. Das ist aber ein Vorteil: Beinahe überall hin kommt man schnell mit dem Rad – alternativ dazu ist auf die gut vernetzten Linien des Stadtbusses meist Verlass.

Soweit zur Theorie. In der Praxis bereitet manche Veränderung aber Sorge. Seit einem Jahr wird der Bahnhofplatz saniert und beinahe alle Buslinien halten an der Laube statt am Bahnhof. Kommt man von Petershausen oder Fürstenberg, muss man sich darauf einstellen, dort mit Gepäck umzusteigen: Linie 9A, 9B, 908, 1 und 6 fahren weiter zum Bahnhof. Alternativ läuft man zehn Minuten – aber das ist nicht für jeden älteren Menschen denkbar. Die Situation gefällt vielen nicht, das äußern Bürger auf sozialen Netzwerken. Jammern sie auf hohem Niveau?
Bedingt. Die Sanierung am Bahnhofplatz ist vorübergehend und eine Umleitung der Linien unvermeidbar. Trotzdem ist der Unmut verständlich: In welcher Stadt ist ausgerechnet die Reise zum Bahnhof die komplizierteste? Es gibt strukturelle Umstände, die in Zukunft den Busverkehr wohl noch unattraktiver machen könnten.
- Tempo 30: Auf den meisten Hauptstraßen der Stadt wird künftig Tempo 30 gelten, für die Buslinien heißt das, dass sie die Fahrpläne nicht einhalten könnten. Es wird daher neue Fahrpläne geben müssen, zwangsläufig mit längeren Fahrzeiten und Taktungen, die ungünstiger ausfallen.
- Personalmangel: Über Taktungen und Buslinien kann man sich nur unterhalten, wenn man diese Linien bedienen kann. Dazu braucht es genügend ortskundige Busfahrer. Daran wird es auch künftig fehlen. Bereits jetzt klagen die Fahrer über Stress wegen des dichten Stadtverkehrs und der Schwierigkeit, den Fahrplan einzuhalten. Bei unzufriedenen Kunden und Chefs, die den Druck erhöhen, wird es Kündigungen geben. Wer wird Fahrgäste in Konstanz noch sicher ans Ziel bringen wollen?
- Tarife: 2,70 Euro kostet eine Fahrt in Konstanz, und die Strecke kann recht kurz sein. Das passt nicht zu der Stadt, die die Mobilitätswende anstrebt. Schon gar nicht, wenn die Schweizer Nachbarstadt das Ein-Franken-Ticket einführt. Fahrgäste werden ihren Wunsch, günstig mit dem Bus zu fahren, in Zukunft vehement einfordern.
Kurzum, der Konstanzer Stadtbusverkehr gleicht einem Provisorium, einer Baustelle. Wenn Verwaltung und Stadtwerke vermeiden wollen, dass ihre Bürger beim Busfahren ein „Deutsche-Bahn-Gefühl“ bekommen, dann müssen sie jetzt handeln und die Linien der Zukunft planen.