Kaum schneller als Radler auf den fast fünf Kilometern von Gebhardplatz bis zum Ortsende bei Wollmatingen oder auf der gut drei Kilometer langen Strecke zwischen der Alten Rheinbrücke und Fähre: Die Konstanzer Stadtverwaltung macht Ernst mit Tempo 30 auf den innerstädtischen Straßen. Am 16. Mai soll der Gemeinderat endgültig über die dritte Stufe des Lärmaktionsplans beschließen.

Bald nur noch ganz wenige Strecken mit Tempo 50?

Was sich abstrakt anhört, hat auf die Bürger sehr konkrete Auswirkungen. Geht es nach den bisher vorliegenden Planungen, gibt es bald nur noch sehr wenige Strecken in Konstanz, auf denen mit mehr als 30 Kilometern pro Stunde gefahren werden darf. Dies sind insbesondere die B33 vom Autobahnzoll bis zum Flugplatz, die Max-Stromeyer-Straße, die Grenzbachstraße sowie die Schneckenburg- und die Oberlohnstraße.

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Grundlage für die tiefgreifendste Veränderung für Konstanzer Kraftfahrer seit vielen Jahrzehnten ist der Lärmschutz. Die Stadtverwaltung ist gesetzlich verpflichtet, für alle Straßen mit mehr als 8200 Fahrzeugen pro Tag Pläne zu entwickeln, den Lärm zu reduzieren. Zweite Voraussetzung ist, dass an einer Straße vornehmlich Wohnbebauung ist. Deshalb ist das Industriegebiet von den Plänen nicht berührt.

Bild 1: Tempo 30 bald überall? Strenges Limit für fast alle Hauptverkehrsachsen geplant
Bild: Schönlein, Ute

Langsamer geht es künftig auch in den Ortsdurchfahrten von Dettingen und Litzelstetten voran, hier soll bald fast überall Tempo 30 gelten. Auch die viel befahrenen Achsen Allmannsdorfer Straße, Theodor-Heuss-Straße und Friedrichstraße sollen unter das 30er-Limit fallen. In der Folge wäre fast das komplette innerstädtische Straßennetz von der Tempo-Drosselung betroffen.

Beim Busbetrieb sind nicht alle begeistert

Sie gilt nicht nur für Autos, Motorräder, Lastwagen und schnelle E-Bikes (S-Pedelecs, bis 45 Stundenkilometer), sondern auch für Busse, was nach SÜDKURIER-Informationen beim Fahrpersonal für Ängste sorgt, die Fahrpläne nicht mehr einhalten zu können. Die Stadtverwaltung entgegnet dem, bei engen Haltestellenabständen seien „Fahrzeitverlängerungen auch eher unbedeutend.“

Eine alte Debatte: Bringt Tempo 30 wirklich etwas?

Wundern werden sich viele Konstanzer, warum es ausgerechnet auf einigen Teilstücken bei Tempo 50 bleiben soll, die ansonsten zu 30er-Strecken gehören. An der Konzilstraße und Alten Rheinbrücke zwischen Theater und Sternenplatz liege es an der Nutzung der Gebäude dort. In der Eichhornstraße jenseits der Tempo-30-Auslöser Suso-Gymnasium, Rosenau und Kliniken Schmieder sei der Lärm für die Anwohner insgesamt geringer, so die Verwaltung – auch, weil die Gebäude weiter weg von der Straße stehen.

Gibt es an der Schwaketenstraße zu wenige Betroffene?

Ähnlich sieht es an der Schwaketenstraße zwischen Schule Wollmatingen und Geschwister-Scholl-Schule aus, dort seien die meisten Wohnungen nicht zur Straße hin orientiert, und die andere Straßenseite sei über weite Strecken gar nicht bebaut. Auch in der Luisenstraße sowie in der Riedstraße südlich der Schranke ist nach den aktuellen Plänen kein Tempo 30 geplant.

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Ob die Politik die Planungen mitträgt, muss sich erst noch zeigen. Vor allem aus dem bürgerlichen Lager ist angesichts der Debatten in der Vergangenheit mit Widerspruch zu rechnen. Einen ersten Eindruck dürfte die Diskussion im Technischen und Umweltausschuss am Dienstag, 30. April, vermitteln (öffentlich, ab 16 Uhr, Verwaltungsgebäude Laube, 6. Stock).

(Archivbild) Hier greift der Lärmschutz schon länger: Auf der Laube gilt Tempo 30 bereits seit einigen Jahren.
(Archivbild) Hier greift der Lärmschutz schon länger: Auf der Laube gilt Tempo 30 bereits seit einigen Jahren. | Bild: Hanser, Oliver/SK-Archiv

Gelten könnte das neue Tempolimit nach Angaben der Stadt ab Herbst – denn zunächst müssen noch Verkehrszeichen bestellt und aufgebaut werden. Andere können entfallen, wie zum Beispiel das 30er-Schild vor den Schulen am Gebhardplatz, das das Tempolimit nur von Montag bis Freitag zwischen 7 und 18 anordnet und überdies in den Ferien immer wieder von Hand umgeklappt werden muss.

Der Gemeinderat entscheidet am 16. Mai

Das letzte Wort hat der Gemeinderat am Donnerstag, 16. Mai (ebenfalls öffentlich) in der letzten geplanten Sitzung vor der Wahl am 9. Juni. Die Entscheidungsmacht der Volksvertreter ist allerdings begrenzt: Lärmaktionspläne sind durch EU-Recht gesetzlich vorgeschrieben – und Tempo 30 gilt als effizientes Mittel nicht nur gegen Motorenlärm, sondern vor allem gegen die Abrollgeräusche der Reifen. In vielen anderen Städten gilt es, zur Freude der Anwohner und zum Verdruss der Straßenbenutzer, längst auch auf Haupt-Durchgangsstraßen.