Er soll eine damals 10-Jährige missbraucht und eine 49-Jährige im Stadtgarten vergewaltigt haben: Wegen dieser mutmaßlichen Taten steht ein 21-Jähriger seit Freitag, 10. Januar, vor dem Landgericht Konstanz. Am ersten Prozesstag zeigte sich bereits: Der Angeklagte ist kein Unbekannter, denn er ist Teil der Herosé-Räuber gewesen, die im Sommer 2022 für mehrere Raubzüge verantwortlich waren.

Der junge Syrer saß wegen seiner Straftaten bereits in Haft, er wurde vom Amtsgericht am 8. Mai 2023 zu zwei Jahren und drei Monaten nach Jugendstrafrecht verurteilt. Die beiden Sexualdelikte, die ihm nun vorgeworfen werden, soll er am 6. April sowie am 4. Juni 2024 verübt haben.

Wer nachrechnet, dem fällt auf, dass er sich zu jener Zeit eigentlich noch hinter Gittern befunden haben müsste. Allerdings wurde der 21-Jährige vorzeitig aus der Haft entlassen. Am 1. März 2024, also nicht einmal ein ganzes Jahr nach seiner Verurteilung. Wie ist das möglich?

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21-Jähriger saß längere Zeit in U-Haft

Franz Klaiber, Pressesprecher und Direktor des Amtsgerichts Konstanz, bestätigt auf SÜDKURIER-Nachfrage, dass es sich bei dem jungen Mann um einen der Herosé-Räuber handelt, der im Mai 2023 – wegen einer Berufung allerdings erst im August 2023 rechtskräftig– verurteilt worden war. Und er bringt auch Licht ins Dunkel, wieso er bereits am im März 2024 wieder freikam.

Zum einen: „Er saß bereits ein Jahr in U-Haft“, sagt Franz Klaiber. Denn geschnappt wurde er nach mehreren Raubzügen vom 4. und 5. August 2022, wir berichteten damals. Kurze Zeit später saß der heute 21-Jährige bereits in Untersuchungshaft, er hatte also bis zu seiner rechtskräftigen Verurteilung ungefähr ein Jahr seiner fälligen Haftstrafe bereits abgesessen. Die verbüßte U-Haft wird auf die Strafhaft angerechnet, das ist ein in Deutschland übliches Verfahren.

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Verkürzung der Haftstrafe ist keine Ausnahme

Ebenso ist es möglich, dass Erstverbüßer vorzeitig aus der Haft entlassen werden können. In Deutschland handelt es sich dabei eher um die Regel, als um die Ausnahme. Dabei gilt bei der „Reststrafenaussetzung auf Bewährung“ oftmals das Prinzip, dass Straftäter freikommen, nachdem sie zwei Drittel ihrer Freiheitsstrafe verbüßt haben.

Es zeigt sich, dass der 21-Jährige also knapp zwölf Monate in Untersuchungs- und sechs Monate in Strafhaft verbrachte. Somit hat er insgesamt 18 Monate verbüßt. Legt man seine Haftstrafe von 27 Monaten zugrunde, wird klar, dass er nach zwei Dritteln seiner Haftzeit unter Bewährungsauflagen entlassen wurde.

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Bei einer erneuten Verurteilung durch das Konstanzer Landgericht im jetzigen Prozess könnte die Restzeit auf die dann verhängte Strafe angerechnet werden. Das Urteil in dem Vergewaltigungs-Prozess ist für Freitag, 17. Januar, zu erwarten. Es gilt weiterhin die Unschuldsvermutung.