Eigentlich wollten die zuständigen Bauarbeiter nur eine alte Straßenlaterne samt Fundament aus dem Boden holen. Doch irgendwas war anders, irgendwas war komisch. Kamen dabei doch während der Arbeiten für den künftigen Lago-Kreisel an jener Stelle viele große Steine zum Vorschein. Wie sich herausstellte, hatten die Bauarbeiter eine historische Entdeckung gemacht.
So konnten laut Regierungspräsidium Stuttgart beziehungsweise dem dazu gehörenden Landesamt für Denkmalpflege (LAD) bei den Grabungen Mauern freigelegt werden. Dabei handelt es sich laut der Behörde unter anderem vermutlich um Überreste einer alten Remise der Bahn, die hier errichtet wurde, nachdem die Stadtmauer um 1860 abgebrochen worden war.
Nun hoffen die Archäologen um Armin Höfler, Geschäftsführer der zuständigen Firma Archaeotask, sein Kollege Heiko Glunk, wissenschaftlicher Grabungsleiter, und Caroline Bleckmann vom LAD, auch Überreste der alten Stadtmauer zu finden. Die archäologischen Untersuchungen am Lago-Einkaufszentrum in der Bodanstraße finden derzeit unter Aufsicht des LAD statt und werden von der Firma Archaeotask begleitet.
Fund aus dem 19. Jahrhundert
Laut Caroline Bleckmann, Expertin für archäologische Funde, sieht es stark danach aus, dass es sich bei einem der Funde um eine Remise der Bahn handele. „Das Bahnhofsviertel wurde komplett neu geplant, als die Bahn kam“, so Caroline Bleckmann. „1860 wurde die Stadtmauer abgerissen, dann entstand der Bahnhof.“ Nebenher hantiert sie mit einem historischen Stadtplan, der zeigt, wie das Areal um etwa 1870 ausgesehen haben könnte.
Heiko Glunk sagt: „Eigentlich müssten noch Fundamente der Stadtmauer kommen.“ Nun gehe man weiter auf die Suche. Bisher vorgefunden habe man darüber hinaus frühneuzeitliche Mauern, die beispielsweise zu einem Kanal gehört haben könnten. Nun gehe es darum herauszufinden, um welche Funde es sich genau handelt und aus welcher Zeit sie stammen.
Im Untergrund haben die Archäologen auch eine Reihe alter Gegenstände gefunden, die vermutlich der Verfüllung des Bodens dienten. Unter anderem wurden dabei Ziegel und alte Fliesenkacheln, vermutlich von historischen Öfen, gefunden. Die Fliesen sind teilweise figürlich verziert, einige wurden bereits gereinigt und schimmern in verschiedenen Farben.

Bisher sei es schwierig gewesen, das gefundene Material zu datieren, teilweise könnte es bis ins 16. Jahrhundert zurückgehen, so Heiko Glunk. Entdeckt hat man auch einen Mühlenstein. Der große Brocken wurde wohl mit anderen großen Steinen in eine Mauer eingearbeitet. Armin Höfler sagt zu dem „Sammelsurium“ an Dingen: „Eine Wanderung durch die Zeiten.“ Für ihn stellen die Gegenstände eine Zeitreise dar.

Wird es Schwierigkeiten für den Verkehr geben?
Spannend wird es nochmal in Richtung des Bahnhofplatzes, wenn dieser Bauabschnitt näher rückt. Denn auch dieser soll gegen Ende des Jahres komplett saniert werden. „Im nördlichen Teil erwarten wir, dass wir noch mehr finden“, so Caroline Bleckmann. Dort könnten sich beispielsweise Reste des Kapuzinerklosters oder von der Stadtmauer im Boden verbergen. Denn von dieser wisse man nicht genau, wo sie verlief.
Für den Fortschritt der Baustelle oder für den Verkehr soll dies alles nicht zum Problem werden. So soll die archäologische Untersuchung bereits abgeschlossen sein, bevor zwischen dem Bahnhofsgebäude und der Marktstätte weiter an der Baumaßnahme gearbeitet wird. Zu zeitlichen Verzögerungen oder gar zu örtlichen Veränderungen der Baustelle soll es dadurch nicht kommen, so die Verantwortlichen. „Die Maßnahme wird nicht behindert“, sagt Armin Höfler.
„Es wird nicht länger dauern“, pflichtet Bleckmann bei. „Durch die archäologischen Grabungen soll nichts an den Bauarbeiten geändert werden“, stellt sie klar. So sollen die Grabungen abgeschlossen sein, sobald die Busse nicht mehr über den Bahnhofplatz fahren können, sondern umgeleitet werden. Der Bauabschnitt sei aktuell ab Oktober avisiert.

Insgesamt stünden die Firma Archaeotask, das Landesdenkmalamt und das Tiefbauamt der Stadtverwaltung Konstanz im engen Austausch. „Das läuft Hand in Hand“, berichtete auch zuvor schon Uwe Kopf, Leiter des Tiefbauamts, dem SÜDKURIER. Das meinen auch Caroline Bleckmann und Armin Höfler.
In den kommenden Tagen sollen die archäologischen Arbeiten abgeschlossen sein, dann wird an der Stelle weitergebaggert. Bis dahin dokumentieren die Wissenschaftler ihre historischen Entdeckungen, bevor die geschichtlichen Überreste vermutlich wieder im Boden verschwinden.