Die Verärgerung von regelmäßigen Kunden der Fähre Konstanz-Meersburg ist weiterhin groß, aber die Stadtwerke Konstanz bemühen sich redlich, die Verschlechterung bei den Rabatten zu erklären: Dieses Bild zeigt sich kurz vor der breit diskutierten Umstellung bei der Kundenkarte „S‘ Kärtle“. Stadtwerke-Kunden, die dieses mit 500 Euro aufgeladen haben oder im März diesen Betrag noch aufbrauchen, bekommen ab 1. Januar 2026 nur noch 30 Prozent Nachlass und nicht mehr die 45 Prozent, die die Stadtwerke seit 2007 gewährt hatten.

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In einem Gespräch mit einem der betroffenen Kunden, Ulrich Stief, sagte Stadtwerke-Geschäftsführer Norbert Reuter am Mittwoch, der Einschnitt sei nötig, damit der Fährebetrieb profitabel bleibt. Für die Verbindung über den Bodensee erhalten die Stadtwerke anders als andere Anbieter von öffentlichem Personennahverkehr keine Zuschüsse.

Weniger Rabatt für treue Fährekunden: Das erzeugt Frust. Im Gespräch zwischen (von links) den Stadtwerke-Mitarbeitern Michael Müllner, ...
Weniger Rabatt für treue Fährekunden: Das erzeugt Frust. Im Gespräch zwischen (von links) den Stadtwerke-Mitarbeitern Michael Müllner, Geschäftsführer Norbert Reuter, dem Kunden Ulrich Stief und Johannes Niederstedt ist die Stimmung dennoch gut. Foto: Jörg-Peter Rau | Bild: Rau, Jörg-Peter

Und der wirtschaftliche Druck sei hoch: Noch immer liegen Reuter zufolge die Beförderungszahlen bei nur rund 80 Prozent gegenüber der Vor-Corona-Zeit. Zugleich seien die Kosten für Personal und Energie massiv gestiegen.

Oft bekommen die Kassierer den Ärger ab

Michael Müllner vom Fährbetrieb bestätigt, dass die Änderungen bei der Kundenkarte bei den Passagieren nicht gut ankommen. Bei fast jeder Überfahrt müssten sich die Kassierer teils harsche Kritik anhören. Denn viele Kunden fordern, dass sie den Rabatt auf das eingezahlte Guthaben erhalten, bis dieses aufgezehrt ist – und nicht nur bis Ende 2025. Er betont aber, dass die künftig gewährten 30 Prozent ab einer Aufladung von 250 Euro immer noch ein großer Nachlass seien.

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Home-Office, Umstieg aufs Fahrrad, Deutschlandticket: All das macht‘s nicht leichter

Die Stadtwerke sehen sich auch beim Fährbetrieb vor große Herausforderungen gestellt. So hat die Tatsache, dass viele Berufspendler dank Home-Office nicht mehr täglich über den See müssen oder spontan zwischen Fahrrad und Auto wechseln, für einen Einbruch bei den Jahreskarten und einem Boom bei der Kundenkarte geführt.

Und weil hier der Rabatt bis zu 45 Prozent beträgt, ist der Erlös pro transportiertem Auto vergleichsweise gering. Doch auch die Städtebus-Linien nach Friedrichshafen und Ravensburg brachten in Verbindung mit dem dort gültigen Deutschlandticket Verschiebungen mit sich, so Reuter.

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Kritik, dass die Stadtwerke unter anderem mit dem neuen gasbetriebenen Fährschiff „Richmond“ ein Kostenproblem haben und dies auf die Kunden abwälzen, weist Geschäftsführer Reuter zurück. Stadt, Land und Bund hätten sich hohe Ziele zur Klimaneutralität bis 2035, 2040 und 2045 gegeben. Ein neues Schiff mit der vergleichweise günstigen Diesel-Antriebstechnologie zu bauen, sei deshalb von vornherein nicht in Frage gekommen.

Wann kommt ein wirklich modernes Tarifsystem?

Das Kärtle soll zunächst weiter angeboten werden, da viele Kunden diese Zahlmöglichkeit schätzten, so Johannes Niederstedt vom Fährbetrieb. Wann ein rein digitaler Fahrschein mit nachträglicher Bestpreis-Abrechnung – wie in manchen europäischen Verkehrsbetrieben üblich – komme, sei noch offen, so Norbert Reuter. Und es sind noch viele Kärtle im Umlauf: 60.000 wurden bisher ausgegeben. Zuletzt seien sie in 31 Prozent der Fälle mit der Maximalsumme von 500 Euro aufgeladen worden. Betroffen sind von der kommenden Umstellung demnach schätzungsweise mehr als 10.000 Kunden.

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Schulden die Stadtwerke ihren Kunden eine Millionensumme?

Wie hoch der Gesamtbetrag ist, der auf Kundenkarten liegt und für den die Stadtwerke irgendwann eine Leistung erbringen oder eine Rückzahlung leisten müssen, ist nicht genau zu ermitteln. Die Summe könnte nach einem groben Überschlag in die Millionen gehen – auch, weil das Kärtle im Vergleich zu Mehrfahrtenkarten anderer Verkehrsbetriebe einen besonders hohen Rabatt ermöglicht, wie Reuter auf Grundlage eines Städtevergleichs zeigt.

Für den Kunden Ulrich Stief ist das alles nachvollziehbar, zufrieden ist er dennoch nicht. Er lade 500 Euro auf das Kärtle auf, um für diesen vollen Betrag den versprochenen Nachlass zu erhalten, sagt er. „Man geht ja in Vorleistung“, so der regelmäßige Fährenutzer. Als Kunde, der in den vergangenen 15 Jahren „rund 14.000 Euro in die Fähre investiert“ habe, empfinde er die Neuregelung bei allem Verständnis für die wirtschaftliche Lage als Vertrauensbruch.

Wer mit niedrigerem Rabatt nicht einverstanden ist, bekommt sein Geld zurück

Dem entgegnen die Stadtwerke: Alle, die mit den neuen Bedingungen nicht einverstanden seien, könnten sich Restguthaben von Kundenkarten am Jahresende auszahlen lassen. Doch das überzeugt Stief nicht: „Wir wollen ja nicht das Geld zurück, wir wollen den versprochenen Rabatt.“

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