Wie jeden Tag steht Stephanie Baskur am Schalter ihrer Apotheke im Seerheincenter. Mehrere Männer und Frauen warten – trotz Corona. Nur eine dünne Plexiglasscheibe trennt die Apothekerin von ihnen – zum ihrem Schutz und dem der Kunden.
Doch wirklich neu ist die Ansteckungsgefahr für sie nicht: „Ich mache mir natürlich Gedanken, wenn ich nach viel Menschenkontakt meine Eltern treffe. Aber wir alle haben eine naturwissenschaftliche Ausbildung und kennen das Risiko.“ Hygiene sei hier schon immer wichtig gewesen.
Die Kommunikation leidet, die Beratung ist schwieriger geworden
„Deshalb können wir damit umgehen – vielleicht sogar etwas besser als andere.“ Auch vor Corona hatte sie als Apothekerin täglich Kontakt mit Kranken. Und damals gab es keine Schutzwände. Doch das Glas schützt sie nicht nur.
Es erschwere auch die Kommunikation mit den Kunden – vor allem mit den Älteren: „Es ist schwierig, die Leute zu beraten und einfühlsam zu sein – gerade bei komplexeren Medikationen. Wir schreien hinter den Masken, aber die Mimik fehlt halt sehr.“
Seit zehn Jahren ist Stephanie Baskur Apothekerin. Gemeinsam mit ihrem Mann Murat Baskur, den sie während des Pharmaziestudiums in München kennenlernte, führt sie vier Apotheken in Konstanz mit vielen Mitarbeitern – 30 arbeiten im Seerheincenter.
In normalen Zeiten prüft die Apothekerin ausgestellte Rezepte und gibt die Medikamente heraus. Seltene Mittel, die es nicht auf dem Markt gibt, stellt sie auch selbst her. Zudem bietet die Apotheke Lieferungen nach Hause an.
„Das hat während Corona enorm zugenommen. Wir haben zusätzlich eine Studentin eingestellt, die per Fahrrad unterwegs ist.“ Als Leiterin der Apotheke ist die 38-jährige zudem für den Einkauf von Medikamenten sowie Gespräche mit Vertretern und Partnern zuständig.
„Das ist für einige eine psychische Belastung“, erklärt die Apothekerin
„Ich stehe dennoch sehr oft selbst am Schalter in der Apotheke und bin viel bei den Kunden“, sagt sie. Eine Arbeit, die für viele belastend sein könne. „Wir sind natürlich viel Kontakt ausgesetzt. Das ist für einige eine psychische Belastung – gerade wenn sie zuhause auch Kontakt mit Risikopatienten haben.“
So gehe es aber allen, die mit Menschen arbeiten, findet die Apothekerin. „Ich würde daher nicht sagen, dass wir übermäßig belastet sind.“ Sie habe auch keine Mitarbeiterin, die sich den Kundenkontakt nicht mehr zutraut.

Aber auch unabhängig von Masken, Plexiglas und Ansteckungsrisiko hat sich Stephanie Baskurs Arbeitsalltag stark verändert. „Normal bieten wir Blutdruck- und Cholesterinmessungen an. Das machen wir jetzt nur noch in Notfällen.“ Zudem dürfe sie seit Januar Corona-Schnelltests in der Petershauser Apotheke anbieten.
Dabei sei das Tragen eines Vollschutzes mit Haube, Visier und FFP3-Maske notwendig. „Das ist ganz neu für uns, aber wir freuen uns, helfen zu können.“ Auch dürfe sie Risikopatienten und Senioren über 60 jetzt mit FFP2-Masken beliefern. „Das machen ich sehr gerne, aber es ist auch viel Arbeit“, sagt sie diplomatisch.
Alkohol zur Desinfektion musste aus Schnapsbrennereien bestellt werden
„Wir müssen die Masken selbst beschaffen und für deren Qualität garantieren, auch wenn die Regierung die Kosten übernimmt.“ Außerdem sei es problematisch gewesen, in kürzester Zeit zuverlässige Masken und ausreichend Desinfektionsmittel zu besorgen. „Das mussten wir anfangs fässerweise herstellen. Als der medizinische Alkohol ausging, mussten wir ihn aus Schnapsbrennereien bestellen“, erinnert sie sich.
Solche Erfahrung habe das Team in der Apotheke aber noch stärker zusammengeschweißt. Jetzt sei die Situation etwas entspannter. Sie bekämen Masken von einem Lieferanten aus Konstanz. Daher könne sie sicher sein, dass geprüft seien. „Aber vor einem Jahr bestanden enorme Probleme – da waren wir froh, wenn wir überhaupt Masken bekommen haben.“
Auch finanziell hat sich ihre Lage durch Corona verändert. „Die Kundenzahl hier im Seerheincenter hat sich kaum verändert, weil die meisten Menschen hier nur Rezepte einlösen.“ Doch in den beiden Seeapotheken in der Stadt sei ganz anders, da dort sonst vor allem Touristen und Schweizer kämen. „Da haben wir einen immensen Rückgang an Kunden. Wir haben deshalb große Einbußen.“ Alle Mitarbeiter seien in Kurzarbeit.
Durch die Krise gibt es aber auch mehr Wertschätzung für Apotheker
Doch Stephanie Baskur kann in der Krise auch das Gute erkennen. „Wir freuen uns über die gestiegene Wertschätzung in der Krise – vor allem durch die Politik. Die bezieht uns jetzt deutlich mehr mit ein, zum Beispiel bei der Testung und der Maskenverteilung.“
Es freue sie, dass die Apotheker als wichtige Säule des Gesundheitssystems wahrgenommen würden. „Sonst dachten vielleicht manche, wir geben nur Packungen raus. Aber jetzt sieht man die wichtige Rolle, die wir einnehmen – und dass mehr dahintersteckt.“
Sie hofft, dass diese Wertschätzung auch in Zukunft bestehen bleibt. „Die Onlineapotheken sind eine große Konkurrenz für uns. Vielleicht hat man ja jetzt gesehen, was die Apotheken vor Ort darüber hinaus leisten.“
Und noch etwas fällt der 38-jährigen auf: Wegen der Hygieneregeln kämen kaum noch Kunden mit Infektionskrankheiten, die nach rezeptfreien Mitteln zur Selbstbehandlung fragen. „Die Menschen sind weniger krank.“