Wie steht es um den Plan, im Konstanzer Bodenseeforum ein eigenes Impfzentrum neben dem Kreisimpfzentrum in Singen zu eröffnen? Der SÜDKURIER hat bei Stadt, Landratsamt und Land nachgefragt und erörtert die Chancen.

Die Bedingungen: Warten auf die frohe Weihnachtsbotschaft

  • Als der Gemeinderat und Oberbürgermeister Uli Burchardt (CDU) die Idee ins Spiel brachten, dass Konstanz doch ein eigenes Impfzentrum gebrauchen könnte, blickte das Land noch hoffnungsfroh in Richtung Impfstart. Am 26. Dezember sagte Jens Spahn im Fernsehen: „Es gibt sie, die frohe Weihnachtsbotschaft“, am selben Tag wurde die erste Deutsche geimpft, die 101-jährige Edith Kwoizalla.
Edith Kwoizalla.
Edith Kwoizalla. | Bild: Matthias Bein
  • Ein kleines Wunder, denn dass es so schnell geht mit dem Impfstoff, hätte keiner geglaubt. Seither fragen sich tausende Konstanzer Senioren und ihre Angehörigen und Pflegekräfte: Wann sind wir dran? Die Ungeduld wird immer größer, denn Weihnachten ist längst vorbei und in Konstanz sind von dem Wunder wenige Hände voll Impfdosen angekommen. Nämlich vergangene Woche, als das Impfteam aus Freiburg im Marienhaus war.
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  • Doch bis die Truppe wieder erscheint, wird es nach aktuellem Stand Wochen, wenn nicht Monate dauern. Denn: Die Impfteams sind für sechs Landkreise zuständig und erhalten 600 Dosen pro Woche. Pro Kreis und Woche kann maximal ein Seniorenheim bedient werden. Und auch das Impfzentrum Singen wird erst einmal in Minimalbesetzung starten.

Der Plan: Momentan nicht die richtige Zeit

  • Impfzentrum in Konstanz – ja oder nein? Diese Entscheidung trifft in letzter Instanz das Land. Das Landratsamt koordiniert die Verteilung des Impfstoffs, Landrat Zeno Danner hatte im Dezember gegenüber dem SÜDKURIER gesagt, dass er sich für ein Impfzentrum in Konstanz einsetzen wolle, auch wenn dies ein erhöhter Personal- und Kostenaufwand sei.
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  • Oberbürgermeister Uli Burchardt hatte angekündigt, ans Sozialministerium zu schreiben und für die Umnutzung des Bodenseeforums zu werben. Was ist daraus geworden? Bisher nichts, wie Burchardt dem SÜDKURIER sagte. „Ich habe bisher nicht ans Land geschrieben, weil es keinen Sinn hat, da wir bisher nicht einmal das Kreisimpfzentrum in Betrieb haben. Momentan ist nicht die richtige Zeit, über eine Außenstelle Konstanz zu diskutieren. Sobald genug Impfstoff da ist, wird der Brief rausgehen.“
Uli Burchardt.
Uli Burchardt. | Bild: Lukas Ondreka
  • Er bekräftigte: „Unsere Hoffnung ist, dass wir einen Großteil der Konstanzer in Konstanz impfen können, dafür werde ich mich einsetzen, versprechen kann ich es nicht.“

Landkreis: Singen muss erst einmal laufen

  • Eigentlich war geplant, täglich 750 bis 800 Impfungen in Singen durchzuführen, sieben Tage die Woche. Jens Bittermann, Referent des Landrats und derzeit zuständig für die Organisation des Kreisimpfzentrums, berichtet: „Wir bekommen ab dem 22. Januar alle 14 Tage 975 Dosen.“ 975 Dosen lege das Land für die zweite Impfung zurück. Das sind knapp 70 Impfungen am Tag, geöffnet sein wird Dienstagvormittag und Freitagnachmittag.
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  • Bittermann: „Ohne Impfstoff lässt sich nicht impfen. Es gibt insgesamt zu wenig, um in der Fläche starten zu können.“ Ein Impfzentrum Konstanz hat derzeit also keine Priorität beim Landratsamt. Bittermann: „Wichtig ist, dass Singen erst einmal läuft. Dann brauchen wir genügend Impfstoff. Und solange der nicht da ist, brauchen wir uns keine Gedanken über ein Impfzentrum in Konstanz zu machen.“
  • Sein Wunsch: „Dass die Erwartungshaltung der Konstanzer gedämpft wird. Weil die sehr hoch ist und es nichts Neues gibt. Erst einmal muss bei uns genug Impfstoff ankommen.“

Wann kommt denn nun genug Impfstoff an?

  • Deutschland hat viel Impfstoff bestellt, nun geht es darum, dass das Unternehmen Biontech, das das Vakzin herstellt, mit der Produktion nachkommt. Dessen Vorstandsvorsitzender Ugur Sahin sagte vergangene Woche, bis Sommer 2021 wolle das Unternehmen so viel produzieren, dass jeder Deutsche geimpft werden könne.
Ampullen des Covid-19 Pfizer-Biontech Impfstoffs.
Ampullen des Covid-19 Pfizer-Biontech Impfstoffs. | Bild: Bodo Schackow
  • Seit vergangenem Mittwoch ist in der EU auch der Impfstoff von Moderna zugelassen. Deutschland hat 50 Millionen Dosen bestellt. Aber: Im ersten Quartal 2021 sollen laut Unternehmen nur 2 Millionen in der Bundesrepublik landen – wegen begrenzter Produktionskapazitäten. Mit Blick darauf ist es eher unwahrscheinlich, dass der Landkreis Konstanz in den kommenden Monaten soviel Vakzin erhält, dass das Impfzentrum in Singen am Anschlag läuft.

Das Land: Erst Impfstoff, dann Nachdenken über Konstanz

  • Die Entscheidung über ein zweites Impfzentrum im Landkreis trifft das Sozialministerium in Stuttgart. Pressesprecher Pascal Murmann erklärte: „Zunächst geht es vor allem darum, die geplanten Kommunalen Impfzentren in Betrieb zu nehmen. Hier müssen sich Prozesse einspielen.“
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  • Auch er sagt: „Es braucht es zunächst mehr Impfstoff, damit überhaupt alle Zentren vollständig entsprechend ihrer Kapazitäten betrieben werden können.“ Über weitere Impfzentren werde derzeit nicht nachgedacht. Außerdem: „Am Ende würde sich dann natürlich auch die Frage der Finanzierung stellen.“
  • Fazit: In den kommenden Monaten wird es wahrscheinlich kein Impfzentrum in Konstanz geben. Sollte im Frühjahr genügend Impfstoff vorhanden sein, hängt die Entscheidung vom „Ja“ des Sozialministeriums ab, von der Finanzierung und davon, ob genug Personal rekrutiert werden kann.
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  • Käme das Zentrum im Frühjahr, dürfte es für den Großteil der Über-80-Jährigen keine Rolle mehr spielen. Da sie zur Prioritätsgruppe 1 gehören, dürften sie zu dem Zeitpunkt bereits geimpft sein. Schade, wo die Stadt mit der Idee Impfzentrum doch Senioren helfen wollte.