Es ist zweifellos ein großes Projekt: Die neue Fähre, die mit Flüssiggas betrieben werden soll, kann 60 Fahrzeuge zwischen Meersburg und Konstanz transportieren. Sie wird die Fontainebleau ersetzen, die höchstens 40 Pkw über den See bringen kann. Sie ist also in der Lage, größere Kapazitäten an Fahrzeugen zu bewegen und verbraucht im Verhältnis dazu weniger Energie. Soweit zur Theorie.

Es fehlen der Motor und der Innenausbau

In der Praxis passiert im Moment nicht viel. Im Juni brachte die Tabor den Rohbau der neuen Fähre aus dem österreichischen Fußach in den Staader Hafen – denn manövrierfähig ist das Schiff noch nicht: es fehlen der Motor sowie der komplette Innenausbau. Noch im Juni hieß es, der Motor solle zügig eingebaut und die Fähre Anfang 2021 in Betrieb genommen werden.

Blick in die noch nicht ausgebaute Fähre, hier das Oberdeck.
Blick in die noch nicht ausgebaute Fähre, hier das Oberdeck. | Bild: Wagner, Claudia

Und nun? Betritt man das hohle Schiff, ist von der künftigen Dynamik wenig zu spüren. Unten riecht es streng nach Lack und Farbe. Ein paar Arbeiter sind Mal- und Lackierungs- und Konservierungsarbeiten beschäftigt. „Es geht darum, dass kein Flugrost entsteht“, erläutert Michael Mühlherr, zuständig für das Verkehrs- und Produktmanagement bei den Stadtwerken Konstanz. Im Moment wird also alles getan, damit die Fähre nicht Schaden nimmt, bevor sie überhaupt zum ersten Mal ausläuft.

Maler- und Lackierarbeiten auf dem Pkw-Deck der Fähre
Maler- und Lackierarbeiten auf dem Pkw-Deck der Fähre | Bild: Wagner, Claudia

Am Oberdeck ist ein Tischler am Werk. Er arbeitet an der abgehängten Decke der Fähre, dort sollen Leitungen und Schächte verlaufen sowie die Lüftungsanlage untergebracht werden – kurz: alles, was der künftige Passagier bei der Überfahrt gar nicht sehen soll. Aber warum sind so wenige Handwerker auf dem Schiff beschäftigt? Geht es nicht voran mit den Arbeiten?

Tischler Christian Hass kümmert sich um die Herstellung der Deckenverkleidung. Mehr als einen Handwerker trifft man hier nicht an.
Tischler Christian Hass kümmert sich um die Herstellung der Deckenverkleidung. Mehr als einen Handwerker trifft man hier nicht an. | Bild: Wagner, Claudia

Bei den Arbeiten sei es zu Verzögerungen gekommen, antwortet Josef Siebler, Sprecher der Stadtwerke, auf Anfrage des SÜDKURIER. Zunächst seien diese auf die Corona-Pandemie zurückzuführen gewesen. Da mit der Pellas Sietas Werft ein Generalunternehmer mit dem Innenausbau beauftragt sei, sei ihm die genaue Begründung der Verzögerung unbekannt.

Inbetriebnahme ein halbes Jahr später

Zur Dauer der Verzögerung immerhin äußern sich die Stadtwerke: „Wir gehen davon aus, dass die Werft die Ausbauarbeiten im Frühjahr 2021 abschließt und das Schiff dann an die Stadtwerke übergibt“, schreibt Siebler. Die Inbetriebnahme solle im Frühjahr oder Sommer 2021 erfolgen.

Das könnte Sie auch interessieren

Die Fähre soll außerdem anteilig mit Biogas betrieben werden, um sie klimafreundlicher betreiben zu können. Ursprünglich sollte das Biogas aus Schwackenreute bei geliefert werden. Allerdings ist die Anlage, von der das Biogas bezogen werden sollte, längst nicht mehr in Planung, wie Edwin Sinn, Hauptamtsleiter der Gemeinde Mühlingen, berichtet. „Es ist weiterhin Ziel, Bio-LNG aus der Region zu beziehen, sobald eine entsprechende Infrastruktur vorhanden ist“, schreibt Siebler dazu. Die Stadtwerke suchten nach wie vor einen regionalen Anbieter und prüften derzeit die wirtschaftliche Machbarkeit.

Was steckt nun hinter den Verzögerungen? Ist möglicherweise ein Großprojekt in Gefahr? Wie steht es um die Werft, die den Auftrag hat, die Flüssiggasfähre komplett fertig zu stellen?

Schiffsbaubranche seit Corona in Schwierigkeiten

Tatsächlich ist es um die Schiffsbaubranche in der aktuellen Situation nicht allzu gut bestellt. Eine direkte Anfrage bei Pella Sietas klärt die Lage zumindest zum Teil auf: Die Pella Sietas Werft habe, wie die meisten anderen deutschen Schiffbauwerften, sehr unter den Auswirkungen der Covid-19 Pandemie zu leiden, schreibt Geschäftsführerin Beate Debold auf Anfrage. „Es ist uns verhältnismäßig lange gelungen, den Bau der Bodenseefähre, trotz massiver Einschränkungen durch die Pandemie, voranzutreiben“, schreibt sie weiter. Selbst im März und April, als das Unternehmen in Hamburg auf Notbetrieb gedrosselt gewesen sei, sei in Fußach weitergebaut worden.

Auch noch leer: das Steuerhaus der Fähre
Auch noch leer: das Steuerhaus der Fähre | Bild: Wagner, Claudia

Finanziell hat die Werft dennoch große Probleme: Leider sei es nicht gelungen, die ausgelobten Coronahilfen in Anspruch zu nehmen, erläutert Debold. Die Hürden der Banken seien zu hoch, um mittelständische Unternehmen in der Krise zu unterstützen. Bei vielen Lieferanten und Partnerfirmen bestünden dieselben Probleme. „Es ist zur Zeit äußerst schwierig, komplexe Projekte mit hohem Vorfinanzierungsanteil des Auftragnehmers so zügig voranzutreiben, wie wir es uns wünschen würden.“

Wann es mit dem Ausbau der Flüssiggasfähre weitergeht, bleibt also weiter ungewiss.