Mitten im Stadtteil Paradies ein Zimmer in einer Wohngemeinschaft (WG) beziehen? Was wollen wohnungssuchende Studenten oder Berufseinsteiger mehr? Altbau, gerade frisch saniert, mit Parkettboden, teilmöbliert, mit Balkon und Badewanne. Mietbeginn im November. Für viele junge Menschen ist das ein Wohntraum. Aber dieser Traum platzt manchmal schneller, als einem lieb ist.

Zwischen dem 16. Oktober und 6. November steht diese Anzeige auf der Internetplattform wg-gesucht.de
Zwischen dem 16. Oktober und 6. November steht diese Anzeige auf der Internetplattform wg-gesucht.de | Bild: Screenshot wg-gesucht.de

Bis vor wenigen Tagen hat sich so ein Inserat auf der Internet-Plattform wg-gesucht.de befunden. Die Miete beträgt 800 Euro im Monat – das angebotene Zimmer wäre allerdings nur zwölf Quadratmeter groß. Theoretisch beliefe sich damit der Quadratmeterpreis auf über 66 Euro.

Günstig? Wohl eher kaum. Für Studenten, die den Bafög-Höchstsatz von 934 Euro bekommen, wäre das unbezahlbar – zumindest wenn sie mehr als Nudeln mit Ketchup essen wollen. Zum Vergleich: Beim Studierendenwerk Seezeit muss ein Student durchschnittlich 350 Euro pro Monat zahlen. Darin sind aber alle Nebenkosten enthalten – auch die Möbel. Auf der Internetplatt wg-gesucht.de liegt der Durchschnittspreis für ein WG-Zimmer in Konstanz bei 530 Euro.

Studenten müssen bei Suche aufpassen

Eine Miete von 800 Euro ist für Studenten ein weniger interessantes Angebot. Denn großen Wiederhall auf die Annonce gab es nicht. Auf SÜDKURIER-Nachfrage schreibt Annegret Mülbaier, Pressesprecherin der Internetplattform, dass die Anzeige innerhalb von drei Wochen nur 58 Aufrufe hatte. „Es wurden auch nur drei Nachrichten gesendet“, verrät Mülbaier. Eine direkte Anfrage der Redaktion bei dem Wohnungsanbieter blieb derweil unbeantwortet.

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Sehr teure Angebote, die sich speziell an Studenten richten, gibt es immer wieder – wie zum Beispiel im September. Ein anonymer Anbieter wollte Zelte in seinem Schrebergarten vermieten. Wahrscheinlich handelte es sich dabei aber um einen Scherz.

Doch zum Start des Wintersemesters stehen Studenten oft unter Druck. „Besonders für Studierende, die erst spät eine Zulassung von der Hochschule erhalten oder sich noch umentscheiden, kann es ab Oktober noch schwieriger sein, eine Unterkunft zu finden“, erklärt Helmut Baumgartl, Geschäftsführer des Studierendenwerks Seezeit.

Helmut Baumgartl, Geschäftsführer des Studierendenwerks Seezeit, weiß wie schwer es für Studenten sein kann, zum Wintersemester eine ...
Helmut Baumgartl, Geschäftsführer des Studierendenwerks Seezeit, weiß wie schwer es für Studenten sein kann, zum Wintersemester eine Unterkunft zu finden. | Bild: Jenny Habermehl

Zwar bietet Seezeit in Konstanz 2362 Plätze in 13 Wohnanlagen an. Doch bei 15.000 bis 17.500 Studenten deckt das nur einen Bruchteil der Wohnungssuchenden ab – auch wenn ein beträchtlicher Teil sicher noch bei den Eltern wohnen dürfte.

Ortübliche Miete schwer nachzuweisen

Zimmer in Wohngemeinschaften sind gefragt – vor allem bei Studenten und jungen Berufseinsteigern. Das belegt auch eine Untersuchung der Universität Maastricht. Darin heißt es, dass bundesweit gesehen Wohngemeinschaft die von Studierenden am häufigsten genutzte Wohnform ist: 29,7 Prozent bevorzugen WGs.

Das weiß auch Winfried Kropp, Pressesprecher des Deutschen Mieterbundes (DMB) Konstanz. Durch eine WG könnte man schneller außerhalb des Studiums oder Berufs soziale Kontakte knüpfen. Aber noch ein anderer Grund wiegt schwer: „Die Kostenvorteile sind nicht von der Hand zu weisen: WG-Bewohnerinnen und -Bewohner teilen sich Küche, sanitäre Anlagen, Gemeinschaftsräume und Abstellflächen, sodass diese Kosten pro Person niedriger ausfallen“, sagt Kropp.

Winfried Kropp, Pressesprecher des Deutschen Mieterbundes (DMB) Konstanz, ist immer wieder erstaunt, wie teuer Wohnraum für Studenten ...
Winfried Kropp, Pressesprecher des Deutschen Mieterbundes (DMB) Konstanz, ist immer wieder erstaunt, wie teuer Wohnraum für Studenten sein kann. | Bild: Guido Kasper

Trifft das bei dem Wohnbeispiel im Paradies auch zu? Wohl eher nicht, meint auch der Wohnexperte. Aber: Allein durch die Angaben der Wohnungsanzeige könne man nicht herauslesen, ob es sich bei dem Inserat um eine „ortsübliche Miete“ handeln würde. Weder könne man was über die Größe der Wohnung an sich sagen, noch über die tatsächliche Ausstattung. Das Angebot trage eher dazu bei, die Mieten nach oben zu treiben.

Gesetzliche Grauzone: Zuschlag möblierte Wohnungen

Ein weiterer Knackpunkt: Das 800-Euro-WG-Zimmer wird teilmöbliert angeboten. Teilmöblierte Wohnungen seien gesetzliche Grauzonen. Der Mieterbund möchte „in diesem Bezug eine rechtliche Klarstellung“, so Kropp. Denn sobald eine Wohnung als teilmöbliert vermietet werde, sei ein Zuschlag möglich. In welcher Höhe sei dabei nicht vorgegeben.

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„Wir wollen, dass eine Differenzierung im Vertrag zwischen Miete und Zuschlag für die Möblierung zu erkennen ist“, fordert Kropp. Die Anschaffungskosten der Möbel sollten benannt werden. „Wenn das auf eine Dauer von zehn Jahren als Zuschlag zur Miete dazu kommt, ist das angemessen“, sagt er. Durch eine klare gesetzliche Regelung könne man so Missbrauch einen Riegel vorschieben.

Was man generell beobachten könne, sei, dass Vermieter immer öfter auch an WGs vermieten würden. „Bei drei Mietverträgen mit jungen oder zahlungskräftigen Menschen lassen sich höhere Mieten erzielen, als wenn an einen einzigen Haushalt, eine Familie vermietet wird“, sagt Kropp.

Der Nebeneffekt: Familien, Rentner und Alleinerziehende wird die Wohnungssuche erschwert. „Dadurch entstehen Verdrängungseffekte auf dem Wohnungsmarkt“, so der Mieterbund-Sprecher.

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