Gegen die geplante Flurneuordnung in Mühlingen regt sich Widerstand. Im Rahmen der Gemeinderatssitzung am Dienstag, 13. September, will Klaus Steinmann eine Unterschriftenliste gegen das Vorhaben an Bürgermeister Thorsten Scigliano übergeben. Steinmann ist einer der Grundstücksbesitzer, die von der Flurneuordnung betroffen ist.

Bei einem solchen Verfahren geht es letztendlich darum, die Arbeitsbedingungen für die Landwirtschaft an moderne Entwicklungen anzupassen. Beispielsweise dadurch, dass das Wegenetz zwischen den Äckern ausgebaut wird und landwirtschaftliche Flächen so geordnet werden, dass sie gut mit den heutigen großen Maschinen bearbeitet werden können.

Viele Unsicherheiten in Detailfragen

Steinmann bemängelt allerdings viele Unsicherheiten: „Zwei Drittel der Leute, die ich auf dieses Thema angesprochen habe, haben nicht Bescheid gewusst, worum es bei der ganzen Sache im Detail überhaupt geht“, sagt Steinmann im Gespräch mit dem SÜDKURIER.

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Eine erste Informationsveranstaltung zu dem Thema gab es 2020 coronabedingt nur als Videokonferenz. Im Folgejahr wurden über einen Zeitraum von sechs Wochen Sprechstunden zur Flurneuordnung im Rathaus angeboten. Auch stand das Thema mehrfach auf der Tagesordnung des Gemeinderats. Zuletzt fand am 13. Juni eine Aufklärungsversammlung im Rathaus statt. „Dabei wurde viel geredet, aber wenig gesagt“, klagt Steinmann. In vielen Punkten sei er nach dieser Versammlung nicht schlauer gewesen als davor.

Unterzeichner fürchten, auf Kosten sitzen zu bleiben

Doch auch die Punkte, die jetzt schon relativ klar sind, bereiten manchen Unterzeichnern der Petition Bauchschmerzen. „Die Kosten, die für den Wegebau angesetzt sind, können nie und nimmer für den geplanten Ausbau des Wegenetzes reichen“, ist die Einschätzung von Herbert Utz, der ebenfalls als Grundstücksbesitzer betroffen ist. Er verweist dabei auch auf die Inflation, die dazu führe, dass solche Kosten ohnehin kaum kalkulierbar seien.

Steinmann rechnet vor, dass allein für den Bereich Zoznegg insgesamt 900.000 Euro als Gesamtkosten veranschlagt sind. Laut seinen Informationen sind 46 Prozent davon für den Wegebau eingeplant. Das macht 414.000 Euro. Diese Summe könne allenfalls ein „Tropfen auf den heißen Stein sein“, wie er betont. Zwar habe die Gemeinde zugesagt, dass auf die betroffenen Grundstücksbesitzer keine Kosten zukommen. „Aber das will ich schriftlich“, fordert Utz.

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Ein weiterer Punkt, der Steinmann und Utz Sorgen bereitet: Jeder Grundstücksbesitzer soll im Rahmen des Verfahrens 1,5 Prozent seiner Grundstücksfläche entschädigungslos abgeben. „Zumal es fraglich ist, ob es am Ende bei den 1,5 Prozent bleibt. Ich habe von anderen Gemeinden gehört, bei denen das auch so angekündigt worden war, und am Ende waren es plötzlich drei Prozent, die die Grundstücksbesitzer abgeben mussten“, sagt Steinmann.

Zu guter Letzt fehlen für Steinmann, Utz und die rund 110 weiteren Unterzeichner der Petition bislang wesentliche Informationen über die geplante Schaffung von Biotopflächen, Biotopvernetzung und den Erhalt von Ökopunkten. Die Unterzeichner fordern vor diesem Hintergrund den Gemeinderat auf, „das Thema Flurneuordnung zu überdenken“.

Das ist der Standpunkt der zuständigen Behörde

Karin Chluba, Leiterin der Unteren Flurbereinigungsbehörde im Landkreis Konstanz, weiß von der Unterschriftenaktion in Mühlingen, auch wenn ihr die Details bislang noch nicht bekannt seien. „Ich finde es schade, dass eine solche Unterschriftenaktion angestoßen wird, ohne vorher auf uns zuzukommen und die Punkte direkt anzusprechen“, sagt Chluba auf Nachfrage des SÜDKURIER.

„Wenn wir im Vorfeld angekündigt haben, dass keine Kosten auf die betroffenen Grundstückseigentümer zukommen, dann sind wir ...
„Wenn wir im Vorfeld angekündigt haben, dass keine Kosten auf die betroffenen Grundstückseigentümer zukommen, dann sind wir rechtlich dazu verpflichtet, dies auch einzuhalten“ – Karin Chluba, Leiterin der Unteren Flurbereinigungsbehörde im Landkreis Konstanz | Bild: Timm Lechler

Zu den Hauptkritikpunkten verweist sie auf die Rechtslage. „Wenn wir im Vorfeld angekündigt haben, dass keine Kosten auf die betroffenen Grundstückseigentümer zukommen, dann sind wir rechtlich dazu verpflichtet, dies auch einzuhalten“, betont sie. Genauso bindend seien auch die 1,5 Prozent Grundstücksfläche.

Auf die Inflation und Unsicherheiten in der Preiskalkulation angesprochen, verweist Chluba auf mögliche Einsparpotenziale bei der Umsetzung und Kostenpuffer, die noch nicht in den offiziellen Zahlen eingerechnet seien. „Ich mache seit 30 Jahren Flurbereinigung. In dieser Zeit haben wir auch schon andere Krisen erlebt. Trotzdem habe ich noch nie die Kosten überschritten“, sagt sie.

Eigentümer sollen mitbestimmen

Ein wesentlicher Punkt des Flurneuordnungsverfahrens sei, dass den betroffenen Grundstückseigentümern keine Neuordnung übergestülpt werden solle. „Im Oktober soll ein Vorstand der Teilnehmergemeinschaft gewählt werden“, so Chluba. Über diesen sollen die Eigentümer direkt am Verfahren beteiligt werden.

Das Genehmigungsverfahren beruhe darauf, dass am Ende ein Einvernehmen zwischen allen beteiligten Parteien hergestellt werden kann. „Wir nehmen die Bedenken und Ängste derer, die sich an der Unterschriftenaktion beteiligt haben, aber sehr ernst“, betont Chluba. Sobald ihr die Petition vorliegt, wolle sie die vorgebrachten Punkte überprüfen.

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Aber besteht überhaupt eine Chance, dass das bereits angeordnete Verfahren gestoppt wird? „Wenn sich am Ende herausstellt, dass die Einwände, die in der Petition vorgebracht wurden, berechtigt sind, und die Mehrheit der betroffenen Grundstückseigentümer gegen das Verfahren ist, dann werde ich mit unseren Juristen sprechen, damit das Verfahren gegebenenfalls wieder eingestellt werden kann“, sagt Chluba. Sie gibt aber auch zu bedenken, dass das sehr schade wäre für die jungen Landwirte, die nachhaltig wirtschaften wollen.

Neue Sprechstunde soll Unsicherheiten nehmen

Inzwischen kam es zu einem Gespräch zwischen Klaus Steinmann und Karin Chluba, mit dem Ergebnis, dass die Dienststelle Flurneuordnung nach den Ferien nochmals eine Sprechstunde in Mühlingen anbieten will, in der alle, die noch Fragen oder Unsicherheiten zum Verfahren haben, diese Vorbringen können. Der genaue Termin werde demnächst noch angekündigt.