In der wildromantischen Öhninger Klingenbachschlucht werden auf einer eineinhalb Kilometer langen Wanderstrecke 500 Eschen gefällt. Die Ursache ist ein Pilz mit dem possierlich klingenden Namen „Falsches weißes Stängelbecherchen“. Der aus Ostasien eingeschleppte Pilz breitete sich in 20 europäischen Ländern aus und wird für das Eschensterben mitverantwortlich gemacht.

Bereits seit Dezember ist die Schlucht wegen Baumbruch-Gefahr gesperrt. Und die Gefahr ist akut und real. Denn ohne eine Vorwarnung kippen die abgestorbenen Eschen einfach um und können so die Wanderer unversehens erschlagen. Durch das Fällen der 500 Eschen soll bis zum Ende des zweiten Quartals die Verkehrssicherheit in der Schlucht wieder hergestellt sein.

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Baum wird durch den Pilz geschwächt

Die Klingenbachschlucht ist ein sehr beliebtes Ausflugsziel für Wanderer und ein Naherholungsgebiet für Bürger aus Öhningen. Pfade, Brücken und Stege führen durch die romantische Schlucht und durch den Mischwald an den Hängen des Klingenbachs. In den vergangenen Jahrzehnten hielt der ansässige Schwarzwaldverein mit viel Herzblut die Wanderwege in der Schlucht instand und baute dort Brücken und Stege.

Doch nun bedroht der gebietsfremde Pilz die heimische Esche und damit auch die Sicherheit der Wanderer. Das Falsche weiße Stängelbecherchen befällt die Eschentriebe und schwächt den Baum, erklärt Revierförster David Borho.

Das bis zur Kugel abgefaulte Wurzelwerk lässt sowohl alte wie neue Eschen einfach umkippen.
Das bis zur Kugel abgefaulte Wurzelwerk lässt sowohl alte wie neue Eschen einfach umkippen. | Bild: Georg Lange

Schon fast 100 Eschen sind umgekippt

Folgeschädlinge wie zum Beispiel der Hallimasch-Pilz greifen dann von unten das Wurzelwerk der geschwächten Esche an. Die Wurzeln faulen bis zu einer kleinen Kugel ab. Die Esche verliert ihre Stabilität im Erdreich und kippt ohne Vorwarnung um.

Aktuell seien etwa 80 bis 90 Eschen umgekippt, so der Revierförster. Einige liegen in den Hängen, manche auf dem Pfad. Andere Eschen werden von stehenden Bäumen in ihrem restlichen Fall aufgehalten. Die abgeknickten Äste hängen dabei wie Damoklesschwerter in den Kronen bisher noch stabiler Bäume – und damit über den Köpfen von Wanderern, die trotz Sperrung die Schlucht aufsuchen.

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Wanderer gehen trotz Sperrung in die Schlucht

Im Wald der Klingenbachschlucht befinden sich rund 500 Eschen. Sie seien alle von dem Befall betroffen, erklärt David Borho. Da die Schlucht trotz Sperrung aufgesucht werde, sah sich der Revierförster gezwungen „eine Maßnahme zur Verkehrssicherheit in die Wege zu leiten“: Alle Eschen sollen gefällt und aus der Klingenbachschlucht herausgenommen werden.

Dafür braucht es eine sogenannte konzertierte Aktion des Revierförsters mit 24 Waldparzellen-Besitzern und auch eine Genehmigung der unteren Naturschutzbehörde. Ein sogenannter Selbstwerbungsunternehmer übernehme die Fällung für die Besitzer, so David Borho.

Keine Möglichkeit, den Pilz zu bekämpfen

„Das Eschensterben ist ein Problem, das ganz Europa betrifft“, erklärt der Leiter des Kreisforstamts, Walter Jäger. Es gebe zwar auch eine heimische Pilzart, die die jungen Eschentriebe und Blätter befallen könne. Diese sei im Gegensatz zu seinem asiatischen Verwandten aber nicht in den Stamm eingedrungen. Für das Falsche weiße Stängelbecherchen gebe es bisher keine Möglichkeit einer Bekämpfung.

Wissenschaftler hätten die ganz kleine Hoffnung, dass die eine oder andere Esche den Befall überleben und sich mit Resistenzen wieder vermehren könnte, so Walter Jäger. Doch aktuell würden 95 Prozent der Eschen mit Sicherheit verloren gehen – europaweit. Das sei eine dramatische Entwicklung. Im Landkreis habe die Esche einen Anteil im Wald von elf Prozent. Sie leide massiv unter dem Pilz-Befall und sei nach der Buche der wirtschaftlich wichtigste Laubbaum. Denn sie habe ein sehr gut verwertbares Holz und einen guten Zuwachs.

Abgeknickte Äste umgekippter Bäume hängen wie ein Damoklesschwert über dem Wanderpfad in der Öhninger Klingenbachschlucht.
Abgeknickte Äste umgekippter Bäume hängen wie ein Damoklesschwert über dem Wanderpfad in der Öhninger Klingenbachschlucht. | Bild: Georg Lange

„Das Fällen der Eschen ist ein großer Eingriff in das Landschaftsbild der Schlucht und ist mit der unteren Naturschutzbehörde im Landkreis abgesprochen“, erläutert David Borho. Nach dem Fällen der Eschen werde sich der Wald drastisch verändern. Die fehlenden Bäume sollen mit Erlen und Stileichen aufgeforstet werden – wobei sich der Wald in zehn Jahren wieder erholen könnte.

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