Michael Jahnke

Die „Alte Metzgerei„ in Öhningen, so empfindet es die Mehrheit der Öhninger Bürger, ist ein Schandfleck in unmittelbarer Nähe zum Rathaus und dem Augustiner Chorherrenstift. Im Augenblick wird das Gebäude noch als Flüchtlingsunterkunft genutzt. Doch das soll sich nun ändern. Von den drei Personen, die dort untergebracht waren, wohnt dort tatsächlich nur noch eine Person, für die man nun einen anderen Wohnraum zur Verfügung stellen will.

Damit steht dann das gesamte Gebäude leer. Deshalb, so sah es die Tischvorlage zur jüngsten Gemeinderatssitzung vor, hätte der Rat den Abriss des Gebäudes beschließen können. Ganz einig war man sich bei diesem Entschluss noch nicht. Denn was die Gemeinde dann mit dem Grundstück anfangen wird, ist noch völlig unklar. Letztlich fehlt es in Öhningen an bezahlbarem Wohnraum und bis heute sind nur begrenzt Unterbringungsmöglichkeiten für Flüchtende vorhanden. Der Handlungsdruck für den Gemeinderat ist groß.

Keine Instandsetzung

Dennoch konnten sich die Ratsmitglieder auf der jüngsten Sitzung nur auf einen Minimalkonsens einigen. In die Alte Metzgerei soll nichts mehr investiert werden. Eine Instandsetzung des Gebäudes, um hier auch nur vorübergehend Flüchtlinge zu beherbergen, sei unwirtschaftlich. Darüber waren sich Gemeinderat und Verwaltung letztlich einig.

Dennoch ist die Flüchtlingsunterbringung in Öhningen zu einem Dauerthema geworden und stellt die Gemeinde vor Probleme, auch finanziell wird die Gemeinde belastet. Auf der einen Seite bringen die Öhninger Steuerzahler monatlich einen Betrag von mehr als 14.000 Euro als Fehlbelegungsabgabe auf. Das Landratsamt Konstanz, das diese Zahlungen erhält, kann der Gemeinde aber keine geeigneten Personen zuweisen.

Wie Marlene Pellhammer, Pressesprecherin beim Landratsamt auf Anfrage mitteilt, werden Familien und Alleinstehende nach bestimmten Kriterien zugewiesen, wie zum Beispiel Nationalität, Größe und Lage der Unterkunft, oder die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr. Der Integrationsgedanke stehe beim Landratsamt dabei im Vordergrund.

Busanbindung von Öhningen reicht nicht

Doch wo sollen die Menschen denn wohnen, wenn sie in Singen, auf der Mettnau oder in Stockach eine Arbeit gefunden haben, fragt sich Bürgermeister Andreas Schmid. Die Busanbindung von Öhningen aus sei für viele ein weiterer Grund, sich wenn möglich einen anderen Wohnort zu suchen. Solange seien die Menschen zwar in Öhningen gemeldet, tatsächlich nutzen würden sie den zur Verfügung gestellten Wohnraum aber nicht.

Einig ist man sich im Gemeinderat, dass bei der Unterbringung auf jeden Fall die Bildung von Ghettos verhindert werden soll. Frank Leitner vom Offenen Bürgerforum (OBF) begründet diese Forderung so: „Ghettoisierung verhindert Integration. Ghettos stellen immer eine Parallelwelt dar.“ Man möchte die noch aufzunehmenden Flüchtlinge auf die Ortschaften verteilen und ihnen so eine bessere Chance zur Integration geben.

Arbeit wichtig für Integration

Schienens Ortsvorsteher Wolfgang Menzer (CDU) merkt im Nachgang dazu an: „Ob die Verkehrsanbindung von Schienen oder Wangen zum Beispiel nach Singen besser sind, wage ich einmal zu bezweifeln. Aber in Singen wird es vermutlich leichter sein, eine Arbeit aufzunehmen.“ Arbeit sei aber ein wichtiger Bestandteil von gelungener Integration.

Der Landtagsabgeordnete Jürgen Keck (FDP) sagt: „Das ist ein komplexes Thema, welches nicht einseitig durch die Gemeinde Öhningen geregelt werden kann.“ Er fordert, dass sowohl der Landkreis, als auch das Land Baden-Württemberg zusammen mit anderen Kommunen gemeinsam nach einer Lösung suchen. Keck ist der Meinung, dass viel Geld ausgegeben werde, wo gemeinsame Absprachen, zumindest auf Kreistagsebene, sinnvoller, effektiver und letztlich auch sparsamer wären.

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