Mehr E-Mobilität bei Mitarbeitern, Klima-Regeln für Bauherren beim Verkauf von Grundstücken und mehr Busse auf dem Land – geht es nach Gerd Burkert, Klima-Experte der gemeinnützigen Energieagentur des Kreises Konstanz, sollte Öhningen Projekte wie diese umsetzen. Dies sagte er nun im Gemeinderat, in dessen Sitzung er auf Einladung von Bürgermeister Andreas Schmid sprach.

Hintergrund: Öhningen hat mit dem Land Baden-Württemberg einen Klimaschutzpakt unterzeichnet. Das Ziel des Pakts lautet: Bis zum Jahr 2040 eine weitgehend klimaneutrale Verwaltung zu erreichen. Doch was bedeutet das für die kommunale Verwaltung? Und was kommt auf die Gemeinde zu? Antworten sollte Gerd Burkert nun skizzieren, Geschäftsführer der Energieagentur Kreis Konstanz.

Klimaschutz als Daseinsvorsorge

Der Pakt ist eine Selbstverpflichtung der Gemeinde, innerhalb von zwei Dekaden eine klimaneutrale Verwaltung zu schaffen. Dabei gehe es vor allem um die Betrachtung der Treibhausgas-Emissionen in der unmittelbaren Verantwortung der Kommunalverwaltung, erläuterte Gerd Burkert.

Hierfür brauche man eine CO2-Bilanz aus dem Energieverbrauch der kommunalen Liegenschaften sowie der Straßenbeleuchtung, der Wasserver- und -entsorgung, aber auch aus dem Verbrauch des eigenen Fuhrparks und aus den Dienstreisen. Ein Monitoring und Ergebnisse münden in eine jährliche CO2-Bilanz – und in Maßnahmen zur Reduktion des Treibhausgases CO2. Die Pflichtaufgaben, die durch den Pakt auf die Gemeinde zukämen, begreift Burkert als eine Daseinsvorsorge.

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Mit dem Programm Klimaschutz-Plus BW 2021 werden Investitionen für die Minimierung von CO2-Emmisionen bei Liegenschaften und für Erneuerungen von Heizungsanlagen sowie energieeffiziente Sanierungen von Schulen gefördert.

Die Energiewende werde ohne einen signifikanten Beitrag des Verkehrssektors allerdings scheitern, ist sich Burkert sicher. Deshalb empfehlt er für die Berechnung der CO2-Bilanz auch die Anfahrtswege der Angestellten in der Verwaltung zu berücksichtigen. Dabei sei es hilfreich, die Verwaltung wie ein Unternehmen zu betrachten und viele Parameter in der Bilanz auszudrücken. Damit hätte sie akkurate Daten für eine Startbilanz.

Auch Häusersanierung könnte eine Rolle spielen

In der Aussprache begrüßte Andrea Dix (Netzwerk), dass sich die Gemeinde des Themas widme und ein Monitoring konkrete Daten liefern solle. Nur was man sehe, könne man stoppen, so Dix. Frank Leitner (OBF) suchte nach der Möglichkeit einer Einflussnahme bei Bebauungsplänen, die den regenerativen Wohnungsbau fördern könnten.

Burkert verwies hier auf Vertragsklauseln bei der Veräußerung von Grundstücken. Festgelegte Quoten für Sanierungen im Altbestand seien zudem wenig effektiv, effizienter sei hier die Qualität der Sanierung. Bei Sanierungen empfiehlt Burkert den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes zu betrachten und dessen Energiebedarf in der Gesamtzeit zu berücksichtigen.

Mehr und dafür kleinere Busse auf dem Land?

Vera Flötemeyer-Löbe (Netzwerk) machte sich für den ÖPNV stark. Gerade im ländlichen Raum seien die Menschen auf Mobilität angewiesen, sagte Burkert: Dort ergebe Elektromobilität mehr Sinn als in größeren Städten mit einem Personennahverkehr. Der Staat fördere aktuell Ladestationen zu 80 Prozent im öffentlichen Raum. Sie laufe in diesem Jahr aus und werde durch ein Programm für Ladestrukturen in Unternehmen für Mitarbeiter und den Fuhrpark ersetzt.

Die Zukunft könnte heißen, dass Elektrofahrzeuge beim Arbeitgeber aufgeladen werden. Was den ÖPNV angehe, betrachtet Burkert den Bus als Gefäß für den Transport von Menschen. Dieses Gefäß sei in vielen Fällen überdimensioniert, wenn es nur mit wenigen Personen belegt sei. Eine Antwort auf das Problem liege darin, dass kleinere Busse häufiger fahren. Damit kämen aber für viele Busunternehmen Fragen der eigenen Personalstärke auf.

Sind autonom fahrende Shuttle-Busse die Zukunft?

Die Zukunft des ÖPNV im ländlichen Raum sieht Burkert in autonom fahrenden Bus-Shuttles. Dafür seien gesetzliche Grundlagen für das autonome Fahren geschaffen worden. Als Projekt habe die Stadt Radolfzell einen Förderantrag für einen autonomen Bus-Shuttle zum Freibad gestellt, so Burkert.

In Singen gebe es die Idee, Touristen mit autonom fahrenden Shuttle-Bussen auf den Hohentwiel zu bringen. Weitere Ideen beschäftigen sich mit dem Konstanzer Grenzverkehr zur Schweiz sowie der innerörtlichen Anbindung der Insel Mainau. Doch für all diese Ideen brauche es auch eine funktionierende Infrastruktur für das mobile Datennetz – vor allem auf der Höri.