Bei strahlendem Sonnenschein haben sich am Samstagnachmittag über 300 Menschen aus allen Gemeinden der Höri, Radolfzell und sogar Konstanz vor dem Öhninger Rathaus versammelt. Der Anlass: Das überparteiliche „Bündnis Höri – Gemeinsam für Demokratie“ veranstaltete eine Kundgebung gegen Rechts. Sie ist eine Reaktion auf die Gründung von zwei Wahllisten von Windkraftgegnern für die Gemeinderatswahlen in Moos und Öhningen. Denn Organisatoren vermuten hinter den Listen den Versuch der AfD, sich hinter der Windkraftdebatte zu verstecken, um so in die Gemeinderäte einzuziehen.

Zufrieden mit ihrer Aktion: Die Organisatoren der Kundgebung rund um das Bündnis „Höri – Gemeinsam für Demokratie“ sowie einige der ...
Zufrieden mit ihrer Aktion: Die Organisatoren der Kundgebung rund um das Bündnis „Höri – Gemeinsam für Demokratie“ sowie einige der Redner, darunter Bundes- und Landtagsabgeordnete sowie die Höri-Bürgermeister. | Bild: Axel Weißenberger

Insgesamt elf Redner sprachen auf der Treppe vor dem Rathaus über Demokratie und Menschenrechte. Die klare Botschaft aller Redner: Die Aktion richte sich nicht gegen Kritiker an der Windkraft auf der Höri. Sondern gegen AfD-Politiker, die das Thema für sich instrumentalisieren, und Windkraftgegner, die mit eben jenen Rechten gemeinsame Sache machen würden. Eine Botschaft, die mehrmals für viel Applaus und Begeisterung unter den gut gelaunten Zuhörern sorgte.

Den Anfang machte der Arzt und Gemeinderat Michael Otto, selbst Mitglied des Bündnisses. Er sagte, die kommunale Ebene sei in der Politik die entscheidende, da hier Entwicklungen zuerst spürbar seien. Alle an der Kundgebung beteiligten Parteien, Gruppen und Menschen eine die Sorge, dass die AfD sich auf der Höri hinter einem anderen Anliegen, nämlich der Windkraft tarne, um in den Gemeinderat einzuziehen. „Der Höri droht ein Rechtsruck, wehret den Anfängen“, warnte Otto. Ziel der Veranstaltung sei es nicht, Wahlwerbung für eine der Liste zu machen oder für Windkraft zu werben, sondern die Sinne der Menschen für Demokratie zu schärfen.

Höri-Bürgermeister berichten von Drohungen und Beleidigungen

Im Anschluss berichteten die drei Bürgermeister Andreas Schmid (Öhningen), Jürgen Maas (Gaienhofen) und Patrick Krauss (Moos) von Hass-Nachrichten gegen sie, wie sie es noch nie erlebt hätten, und warben für demokratische Werte und Zusammenhalt. Schmid lobte das Engagement aller Kommunalwahl-Kandidaten auf der Höri, stellte aber klar: „Auf den Listen stehen auch Leute, die nicht in unser Bild von Demokratie passen.“ Dass Windkraftgegner und auch die AfD Listen gründen, sei legitim und auch richtig. „Aber die Menschen sollten wissen, wer da kandidiert“, sagte Schmid.

Jürgen Maas, Bürgermeister von Gaienhofen.
Jürgen Maas, Bürgermeister von Gaienhofen. | Bild: Mario Wössner

Maas erklärte, man dürfe nicht alle Kritiker in einen Topf werfen. Sachliche Kritik sei gut und richtig – auch an Windkraft. Hass, Hetze und Ausgrenzung gingen hingegen nicht. „Demokratie braucht die Akzeptanz der Andersdenken“, sagte er. Auch Patrick Krauss wies darauf hin, dass es Austausch brauche – aber eben einen sachlichen Austausch auf Basis demokratischer Werte.

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Steckt die AfD hinter den Listen der Windkraftgegner?

Hauptredner Frank Leitner erklärte, zunächst mehrmals lautstark von einem einzelnen anwesenden Störer unterbrochen, in dem Bündnis hätten sich Menschen mit unterschiedlichen Meinungen versammelt – auch zum Thema Energie, Photovoltaik und Windkraft. Doch sie alle eine die Angst, dass die AfD die Windkraftdebatte missbrauche, um in die Gemeinderäte auf der Höri einzuziehen. Er sagte, ein AfD-Mitglied habe zur Gründung der „Initiative Gegenwind“ in sein Haus eingeladen. Und mit Thorsten Otterbach sei mindestens ein AfD-Mitglied auf der Liste vertreten.

Der Bundestagsabgeordnete Andreas Jung (CDU).
Der Bundestagsabgeordnete Andreas Jung (CDU). | Bild: Axel Weißenberger

Man dürfe gegen Windkraft sein. Aber es gehe nicht, unwahre Behauptung über die Arbeit der Gemeinderäte zu verbreiten und mit demokratiefeindlichen Kräften zusammenzuarbeiten. „Wir müssen verhindern, dass die AfD die Windkraft missbraucht, um in den Gemeinderat zu kommen und dann bei allen anderen Thema mitzubestimmen“, forderte Leitner.

Pastor Arnold Glitsch-Hünnefeld sagte, Ängste zu schüren, sei kein Geist, sondern ein Ungeist. Stattdessen brauche es aber einen Geist von Besonnenheit, sachlichen Argumenten, Haltung und Nächstenliebe. „Ausgrenzung, Hass und Hetze bieten keine Lösungen für akute Probleme. Menschenfeindlichkeit ist mit dem Christentum nicht zu vereinbaren“, fügte Pfarrer Stefan Hutterer hinzu.

Gewalttätige Übergriffe auf Politiker

Nese Erikli sagte, es sei entscheidend, gemeinsam zu handeln. „Wir sind die Mehrheit“, stellte die Grünenpolitikerin klar. Die AfD sei eine Partei der „Russlandfreunde und China-Spione“. Ann-Veruschka Jurisch (FDP) sagte mit Blick auf die Gegner auf der Windkraft. „Auch wer legitime Interessen verfolgt, sollte sich nicht mit Menschen gemein machen, die menschenfeindlich sind und die Demokratie ablehnen.“

Die Bundestagsabgeordnete Lina Seitzl (SPD).
Die Bundestagsabgeordnete Lina Seitzl (SPD). | Bild: Axel Weißenberger

Lina Seitzl (SPD) verwies in einer emotionalen Rede auf die jüngsten Übergriffe auf Politiker und Wahlhelfer demokratischer Parteien im Wahlkampf. „Politiker werden daran gehindert, das zu tun, wofür sie gewählt wurden. Und das geschieht, weil die AfD seit Jahren gegen alle hetzt, die für Demokratie stehen“, so Seitzl. Spätestens jetzt sei es an der Zeit, dagegen aufzustehen.

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Zum Abschluss hob der CDU-Bundestagsabgeordnete Andreas Jung die Bedeutung der Kommunalpolitik als „Wiege unseres Staates und unserer Demokratie“ hervor, die es zu verteidigen gelte. Jeder habe das Recht auf eine eigene Meinung, aber keinen Anspruch auf die Zustimmung der Mehrheit. Er appellierte an die Wähler, nicht für Demokratiefeinde zu stimmen.

Mitglieder von Parteien, die Leute wie Björn Höcke in ihren Reihen haben und über Remigration sprechen, dürften trotz Gegnerschaft zur Windkraft keinen Platz haben. „Über Windkraft kann man streiten, über Menschenwürde nicht“, schloss Jung.