Die Abholzung des Regenwalds wird hierzulande gerne kritisiert. Das geht doch nicht, dass die Brasilianer so leichtfertig unser Klima gefährden und den weltweiten Temperaturanstieg befeuern. Geht eigentlich wirklich nicht, aber der Einfluss darauf ist von Radolfzell aus – sagen wir – gering. Dennoch hat sich die CDU-Fraktion nichts anderes auf die Fahnen geschrieben.

Sie hat einen Antrag auf „Bewahrung der Schöpfung“ gestellt, nun wird er im Gemeinderat beraten. Wie heißt es dort: „Radolfzell muss über den berühmten Kirchturm hinausschauen, global denken und handeln. Wir sollten uns neben Istres und Amriswil um eine Partnerschaft mit einer Gemeinde in einer gefährdeten Region, zum Beispiel dem Amazonasgebiet, bemühen und diese beim Erhalt der natürlichen Ressourcen (Regenwald) und einer ökologischen Nutzung ihres Gebietes unterstützen.“

Wie steht es mit dem Regenwald vor eigenen Haustüre?

Das Löbliche dieses Ansinnens steht außer Zweifel. Nur: Wie steht‘s mit dem Kehren vor der eigenen Haustüre? Wie hält es die CDU in Radolfzell mit dem eigenen Amazonasgebiet? Wie mit dem Erhalt der eigenen natürlichen Ressourcen, etwa dem Streuhau unweit des Aachrieds? Wie wäre es, wenn die CDU und die anderen Fraktionen im Radolfzeller Gemeinderat sich endlich mit diesem Thema in einer Grundsatzdiskussion auseinandersetzen, das vielen Menschen außerhalb des Bürgersaals unter den Nägeln brennt?

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Der Streuhau ist das Radolfzeller Amazonasgebiet. Vereint mit der Fläche des Bodenseereiters könnte hier die Stadt wirklich etwas Beispielgebendes tun und zur Bewahrung der Schöpfung beitragen. Bisher gibt es noch keinen Bebauungsplan für Streuhau oder Bodenseereiter. Das Sondergebiet „Freizeit“ auf dem Gelände des Bodenseereiters für eine touristische Nutzung kann auch ohne Bebauung des Streuhaus aufgegeben werden. Das wäre ein klimapolitischer Zugewinn: Nach Ablauf der Pachtverträge für die Steganlage wird das Areal des Bodenseereiters in ein Landschaftsschutzgebiet umgewandelt. Statt einem Tausch der Schutzgebiete bleibt das Biotop Streuhau ein Biotop.

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Die angepeilte Nutzung für ein Feriendorf wird aufgegeben. Nachteil für Stadt und Messmer-Stiftung: Sie können für das Gebiet zwischen Bora-Sauna und Bodenseereiter keine Erbpacht erheben. Vorteil für die Menschheit: Am Untersee bleibt ein Stück Urwald (Streuhau) erhalten und es wächst ein Stück Urwald auf dem Gelände des Bodenseereiters nach.

Die Stadt muss Farbe bekennen

Wenn die Stadt Radolfzell in der „Klimakrise aktiv“ werden will, muss sie in den entscheidenden Dingen Farbe bekennen: Wie will sie mit Flächen umgehen, was für ein Bild soll die Stadt prägen – zwei Bäume mehr im Vorgarten oder ein richtiger Dschungel am See?