Es war eines der großen Themen des Radolfzeller Oberbürgermeister-Wahlkampfs im Jahr 2021: der geplante Bau eines Feriendorfes im Streuhau, östlich des Herzenareals. Dass es nun wieder auf der Tagesordnung der jüngsten Gemeinderatssitzung stand, sorgte vor allem bei den Gegnern des touristischen Großprojektes für Aufregung. War doch im März 2022 schließlich beschlossen worden, den Auwald komplett unter Landschaftsschutz zu stellen.

In einem Rundschreiben an die Unterstützer der Petition von damals „Hände weg vom Streuhau“ wird der erneute Vorstoß, das Bora-Hotel zu erweitern, thematisiert. Von einem Lackmustest für die Glaubwürdigkeit von Oberbürgermeister Simon Gröger war die Rede. Dieser hatte den Schutz des Areals kurz nach dem Wahlerfolg versprochen. Doch noch sind weder offiziell die Ausweisung eines Landschaftsschutzgebietes beantragt noch eine Änderung des Flächennutzungsplans in Arbeit, der noch immer eine touristische Nutzung des Streuhaus vorsieht.

OB verteidigt sich vor dem Gemeinderat

Oberbürgermeister Simon Gröger fand sich in der Rechtfertigungsposition wieder. Die Sitzungsvorlage jetzt sei keineswegs eine „Rückwärtsrolle“, wie er klarmachte. „Das Streuhau wird nicht bebaut, da haben Sie von mir als OB mein Wort darauf und der Gemeinderat hat dem zugestimmt“, so Gröger.

Der Bereich zwischen dem Bora-Hotel und dem angrenzenden Streuhau soll jetzt für einen Anbau genutzt werden.
Der Bereich zwischen dem Bora-Hotel und dem angrenzenden Streuhau soll jetzt für einen Anbau genutzt werden. | Bild: Jarausch, Gerald

Der Antrag auf das Landschaftsschutzgesetz für den Auwald östlich der Radolfzeller Aachmündung werde noch im Dezember gestellt, versprach Gröger. Die einzige aus Gröger Sicht mögliche Bebauung auf dem Grundstück könnte eine Unterkunft für die Rauchschwalben sein. Die Vögel gehören zu einer gefährdeten Art und haben es sich in den vergangenen Jahren im mittlerweile leerstehenden Bodenseereiter-Gebäude gemütlich gemacht.

„Das Streuhau wird nicht bebaut, da haben Sie von mir als OB mein Wort darauf und der Gemeinderat hat dem zugestimmt.“Simon Gröger, ...
„Das Streuhau wird nicht bebaut, da haben Sie von mir als OB mein Wort darauf und der Gemeinderat hat dem zugestimmt.“Simon Gröger, Oberbürgermeister | Bild: Andreas Kochloeffel

Bei den Plänen zur Hotelerweiterung West gehe es konkret um den Bereich westlich des bestehenden Hotelgebäudes der Bora, die Grenze wäre zirka 40 Meter vom Bestandsgebäude entfernt. „Die letzte Möglichkeit für eine Erweiterung gibt es nur noch direkt am Gebäude“, so Gröger.

Das könnte Sie auch interessieren

Alternativer Standort liegt im Hochwasserbereich

Notwendig wird die Neuplanung, da das Regierungspräsidium (RP) Freiburg den eigentlich vorgesehenen Alternativ-Standort für die Hotelerweiterung Ost im Herzenareal aus Gründen des Hochwasserschutzes abgelehnt hatte. Zwischen dem Vereinsheim der Wäschbruck und des Surfplatzes, der Skateanlage, des Lokals „Tanke – Haus am See“ und dem Bora-Hotel war die Bora-Erweiterung eigentlich geplant, nachdem das Streuhau für eine touristische Nutzung ausgeschlossen wurde. Da dieses Areal mitten im Herzen allerdings im Hochwasserbereich liegt, sah das RP hierfür keine Genehmigungsgrundlage.

Kaum Möglichkeiten für eine Erweiterung:

Bild 3: Bora-Erweiterung kommt doch! OB Gröger muss sich für Anbaupläne rechtfertigen
Bild: Schönlein, Ute

Hotelbesitzer Bernd Schuler wagte also einen neuen Vorstoß und fragte bei der Stadt nach der Möglichkeit, wenigstens im bereits bestehenden Baufenster des Hotels einen Anbau planen zu dürfen. „Das Feriendorf wäre ein Highlight geworden“, sagte Schuler während der Sitzung über seine 2022 abgelehnten Pläne im Streuhau. Er selbst sehe die Zukunft der Radolfzeller Wirtschaft im Tourismus und wolle aus diesem Grund weiter investieren. Dafür warb er um Unterstützung im Rat.

„Wir hintergehen damit nicht unseren Grundsatzbeschluss. Das hier ist die allerkleinste Variante der Erweiterung, es wird kein Feriendorf, kein Chalet, nur ein Anbau am Gebäude“, wehrt sich OB Gröger gegen die Vorwürfe, er hätte sein Versprochen gebrochen.

Gemeinderat steht geschlossen hinter dem Projekt

Der Radolfzeller Gemeinderat gab für diese Pläne einstimmig seine Zustimmung. Wie genau der Anbau aussehen werde, das steht aktuell noch nicht fest. Wie Angelique Augenstein, Leiterin des Dezernats für nachhaltige Stadtentwicklung und Mobilität erklärte, betreffe der Beschluss jetzt die Prüfung einer Hotelerweiterung, nicht die Hotelerweiterung selbst.

Das könnte Sie auch interessieren

Dietmar Baumgartner, Fraktionssprecher der Freien Wähler, ermahnte vor der Abstimmung seine Ratskollegen, einen verlässlichen Beschluss zu fassen und nicht eine gegebene Zusage zu entziehen. Bernd Schuler hatte nämlich 2021 eigentlich grünes Licht vom Gemeinderat für sein Hotelprojekt bekommen. Erst nach massiven Protesten der Bürgerschaft zogen große Teile des Gemeinderates im März 2022 ihre Zustimmung zurück. Für die Unterschutzstellung des Streuhaus stimmten damals 17 Räte, sechs waren dagegen, hauptsächlich Stadträte der FDP und Freien Wähler. Es gab eine Enthaltung.