Nun also doch, Monika Laule (58) hat für die Wahl der oder des ersten Beigeordneten der Stadt Radolfzell einen Herausforderer bekommen. Stefan Altenberger (55), bis diesen Herbst noch Bürgermeister in der Remstalgemeinde Kernen, will sich am Dienstag, 26. November, der geheimen Wahl durch den Gemeinderat stellen. Altenberger macht am Telefon klar: „Für mich ist das eine Chance, eine Wahl ist eine Wahl, ich möchte Sozialbürgermeister in Radolfzell werden.“
Eine Wahl ist eine Wahl, diesen Satz hat Stefan Altenberger schmerzhaft erfahren. Nach zwei Amtsperioden und 16 Dienstjahren ist er als Favorit und Amtsinhaber in die Bürgermeisterwahl vor sieben Wochen in Kernen gegangen. Die Wirklichkeit der Wählergunst holte ihn am Wahlabend brutal ein. Altenberger kam nur auf 43,5 Prozent der Stimmen, sein Herausforderer Benedikt Paulowitsch erzielte 55 Prozent, die Wahlbeteiligung lag mit 53,2 Prozent unter den Erwartungen.
Nach der Wahl ist vor der Wahl
Demokratie kann schmerzen. „Das trifft einen schon“, sagt Altenberger. Vor allem, wenn er auf seinen Einsatz für Kernen schaut. „Wir haben in der Gemeinde in meiner Amtszeit 68 Millionen Euro investiert“, nennt der Ex-Bürgermeister eine Summe. Es sei klar, dass nicht jedem gefällt, „wenn ihm etwas vor die eigene Haustür gebaut wird“. Doch mit diesem Wahlergebnis habe er nicht gerechnet. „Da habe ich mich zu sicher gefühlt.“ Während der Herausforderer von einer Beratungsfirma gecoacht worden sei, habe er auf diese Unterstützung verzichtet. Auch die Remstal-Gartenschau lief noch zu dieser Zeit.
Hobby: Chorleiter
Das zählt für Altenberger nicht mehr: „Mein Blick geht nach vorn.“ Und da reizt ihn die Aufgabe in Radolfzell. „Ich habe den Eindruck, dass sich in der Stadt was bewegt und dass ich für Radolfzell etwas tun kann.“ Er lenkt den Blick auf das ausgeschriebene Profil des ersten Beigeordneten mit den Fachbereichen Soziales, Kultur und Bildung: „Das passt zu mir“, sagt Altenberger. In die Aufgaben für Kinderbetreuung, Schulen, Feuerwehr und Sicherheit sei er als Bürgermeister eingearbeitet. Und für die Kultur bringt Altenberger eine besondere, praktische Qualifikation mit: „Ich bin Kirchenmusiker und habe die C-Prüfung abgelegt.“ Er habe viele Chöre geleitet, darunter während seines Studiums den Chor an der Fachhochschule Kehl. Dort hat der aus Hockenheim stammende Altenberger seine Prüfung als Diplom-Verwaltungswirt abgelegt.
Die Entfernung vom Rathaus in Kernen zum Rathaus in Waiblingen beträgt pi mal Daumen sechs Kilometer. Mit dem Auto braucht es etwa zwölf Minuten von einem Rathaus zum andern, mit dem Rad 25 Minuten und zu Fuß 90 Minuten. Der Bus bedient die Strecke mal in 30, mal in 38 Minuten. In der Remstalstadt Waiblingen war Martin Staab Bürgermeister und erster Beigeordneter vom Jahr 2000 bis zu seiner Wahl als Oberbürgermeister von Radolfzell im Jahr 2013. Stefan Altenberger war von 2003 bis 2019 Bürgermeister in Kernen. Staab und Altenberger sind im sozialen Netzwerk Facebook befreundet. Man traf sich im Remstal in Sitzungen und Gremien.
Nicht von Staab zur Bewerbung aufgefordert
„Natürlich kenne ich Herrn Oberbürgermeister Staab„, sagt Alternberger. Aber eines verneint der Kandidat aus dem Remstal, Staab habe ihn nicht zu einer Bewerbung auf die Stelle in Radolfzell überredet: „Definitiv nicht“, bekräftigt Altenberger. Auch das Einrücken von der ersten auf die zweite Hierarchieebene mache ihm nichts aus: „Da werde ich mich einklinken.“
„Ich ziehe die Bewerbung durch“
Was der Bewerber aus Kernen in Radolfzell gemacht hat, ist: „Ich habe Kontakt zu den Fraktionen aufgenommen und etliche Gespräch geführt.“ Dass mit Monika Laule die Amtsinhaberin neben ihm zur Wahl steht, schreckt Altenberger nicht. „Wie gesagt, Wahl ist Wahl.“ Seit er zum Vorstellungsgespräch in der nichtöffentlichen Sitzung des Gemeinderats nach Radolfzell eingeladen worden sei und jetzt auch zur persönlichen Vorstellung in der öffentlichen Sitzung nächsten Dienstag, wäre für ihn klar: „Ich ziehe die Bewerbung durch.“ Hinter dieser Bewerbung stehe auch seine Familie. Frau, Tochter (13) und Sohn (9) hätten bereits signalisiert, sie kämen mit nach Radolfzell.
Ausschreibung und Wahl
Die Wahl des ersten Beigeordneten der Stadt Radolfzell (Sozialbürgermeister) ist Punkt fünf der Tagesordnung in der Sitzung des Gemeinderats nächsten Dienstag, 26. November. Die Sitzung beginnt um 16.30 Uhr.
- Die Stelle: „Aufgrund des Ablaufs der Amtszeit der bisherigen Stelleninhaberin ist zum 1. Januar 2020 die Stelle des Ersten Beigeordneten mit der Amtsbezeichnung Erster Bürgermeister zu besetzen. Wahl, Rechtsstellung, Amtszeit und Besoldung (B4/B5) richten sich nach den gesetzlichen Bestimmungen. Der Geschäftskreis umfasst die Leitung des Dezernats II Kultur, Bildung, Soziales, Sicherheit“ – mit diesem Text hat die Stadt Radolfzell die Stelle ausgeschrieben.
- Die Bewerbungen: Auf die Ausschreibung sind neun Bewerbungen im Rathaus eingegangen, vier Bewerber sind für die Vorstellung in der nichtöffentlichen Sitzung des Gemeinderats eingeladen worden. Der Gemeinderat hat anschließend beschlossen, aus diesem Kreis Monika Laule und Stefan Altenberger für die Vorstellung in der öffentlichen Sitzung einzuladen.
- Die Wahl: Beigeordnete (Bürgermeister) werden vom Gemeinderat gewählt. Stimmberechtigt in Radolfzell sind alle 26 Stadträte und der Oberbürgermeister.