Vergangene Woche überraschte Mitglieder der Studio-Kette Balance Fitness die Insolvenz des Unternehmens aus Markdorf. Das Studio in Radolfzell war dabei schon länger geschlossen und wurde bereits im Februar der Stadt angeboten. Denn lange leer stehen wird das Gebäude in Neubohlingen nicht. Die Stadt plant die Anmietung der Halle und möchte so eine Notunterkunft für 66 geflüchtete Menschen schaffen.

So soll das Studio wohnlich werden

In dem Gebäude stehen rund 970 Quadratmeter im Erdgeschoss und rund 250 Quadratmeter im Obergeschoss zur Verfügung. Die großen Raummodule böte Platz für jeweils bis zu sechs Personen, in den kleineren seien je drei Personen vorgesehen.

Die Raummodule können mit Stockbetten und Schränken platzsparend eingerichtet werden. Die Küche in dem ehemaligen Fitness-Studio solle erweitert werden, damit die Bewohner selbst kochen könnten. Und kleinere Trainingsräume könnten zu Aufenthaltsräumen umfunktioniert werden.

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Die Kosten für den Umbau belaufen sich laut Stadtverwaltung auf circa 245.000 Euro. Enthalten seien auch etwa 22.000 Euro für Unvorhergesehenes. Die Kosten für die Anmietung belaufen sich pro Monat auf rund 15.000 Euro Kaltmiete sowie circa 5000 Euro Nebenkosten. Bei einer Anmietung ab dem 1. Mai 2023 würden in diesem Jahr Gesamtkosten von 160.000 Euro entstehen. Ein Teil der Kosten könnten von der Stadt durch Zahlungen vom Jobcenter an die Bewohner, die einen Anspruch auf Übernahme der Mietkosten haben, wieder eingenommen werden.

„Nicht die erste Wahl“

„Die Unterbringung in einem ehemaligen Fitness-Studio ist sicher nicht die erste Wahl, aber wir haben an diesem Punkt keine andere Wahl“, erklärte Petra Ott, Leiterin der Stabstelle Partizipation und Integration bei der Stadt Radolfzell während der jüngsten Gemeinderatssitzung. Anspruch sei es eine menschenwürdige und angemessene Wohnsituation zu schaffen, doch die Lage sei im gesamten Landkreis angespannt. Radolfzell habe in den Monaten März und April die Zuweisungsquote nicht erfüllen können und ein Unterbringungsdefizit von 149 geflüchteten Personen.

Mit dem Landkreis Konstanz habe die Stadt Radolfzell eine Ausgleichsabgabe für maximal sechs Monate ausgehandelt. Diese beträgt für die ersten drei Monate 325 Euro pro Person und beinhaltet keine Kosten für Sicherheitskräfte. In den Monaten drei bis sechs belaufen sich die Abgaben auf 345 Euro inklusive anteiligen Security-Kosten pro Person. Insgesamt hat die Stadt Radolfzell 417.220 Euro für diese Zahlungen in den Haushalt eingestellt. Damit möchte die Stadt sich etwas Zeit verschaffen, ein Konzept für die Unterbringung von Geflüchteten zu erstellen und Maßnahmen in die Wege zu leiten.

Auch ein Neubau aus Holzmodulen ist geplant

Neben der Lösung im ehemaligen Fitness-Studio hat der Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung auch zugestimmt, dass die Planungen einer Unterkunft aus Holzmodulen weiter vorangetrieben wird. Ziel sei es, nicht noch mehr Druck auf den ohnehin schon angespannten Wohnungsmarkt auszuüben und gleichzeitig die Sporthallen für Vereine und Schulsport frei zu halten, erklärte Oberbürgermeister Simon Gröger.

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In der Güttingerstraße, hinter den Gebäude, in dem das städtische Bauamt untergebracht ist, könnte ein dreigeschossiges Gebäude in Holzsystembauweise entstehen und weiteren 60 Menschen als Unterkunft dienen. Eine Wohnfläche von 600 bis 700 Quadratmetern stehe sann zur Verfügung. Aktuell stehen an diesem Standort noch Container, in denen die Abteilung Sicherheit und Ordnung untergebracht ist. Doch diese werden in den nächsten Monaten abgebaut, wie der Sitzungsvorlage zu entnehmen ist.

Räume könnten danach normaler Wohnraum werden

Nach der Zweckbindung von zehn Jahren oder wenn die Räume nicht mehr als Flüchtlingsunterkunft gebraucht werden, könnte das Gebäude in normalen Wohnraum umgewandelt werden. Für die Stadt wäre es eine so genannte vermögensbildende Investition. Vom Land gebe es für die Schaffung solch einer Unterkunft auch Fördergelder zwischen 745 und 1000 Euro pro Quadratmeter. Und durch die Mietübernahme durch das Jobcenter könnten auch Einnahmen erzielt werden.

Im Gemeinderat wurden sowohl die Fitness-Studio-Lösung als auch der Plan mit dem Holzmodul-Bau einstimmig beschlossen. Mit der Insolvenz der Fitness-Kette ist derweil ein Insolvenzverwalter beschäftigt.