Heinz Küster

In Deutschland engagieren sich über 30 Millionen Menschen ehrenamtlich für das Gemeinwohl freiwillig und leisten damit einen wichtigen Beitrag für unsere Gesellschaft. „Ehrenamtliches Engagement“ lebt von kreativen Ideen. Es ist lebendig und entwickelt sich ständig weiter.

Ein wichtiges Ehrenamt in unserer Gesellschaft ist das des Behindertenbeauftragten, er wird unterstützt von den Mitgliedern des Behindertenrates. Alle üben das Amt ehrenamtlich, kommunal und in enger Zusammenarbeit mit dem Oberbürgermeister, der Bürgermeisterin, der Stadtverwaltung und dem Gemeinderat aus. Der Behindertenbeauftragte arbeitet unabhängig und ohne an eine Weisung gebunden zu sein. Er setzt sich für die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention ein, was Mut und Energie braucht.

Betroffene müssen Gehör finden

In Deutschland leben über 18 Millionen Menschen mit einer Beeinträchtigung, etwa acht Millionen davon haben den Status einer Schwerbehinderung. Menschen mit Behinderung sind in vielen Bereichen unseres alltäglichen Lebens nach wie vor benachteiligt, auch wenn das den meisten ohne Beeinträchtigung nicht auffällt. Genau deshalb ist es so wichtig, dass die Belange von Betroffenen in der Gesellschaft Gehör finden, denn nur so können Veränderungen angestoßen werden.

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Ich als stellvertretender Behindertenbeauftragter der Stadt Radolfzell bezeichne „Menschen mit Beeinträchtigungen“ im Umgang mit „mobilitätseingeschränkten Menschen“ als die respektvollere Anrede, zu der ich mir viele Nachahmer wünsche. Auf lange Sicht sollten wir Barrierefreiheit als ein Ziel sehen, das man wohl nie ganz erreichen wird, aber es sich lohnt, darauf hinzuarbeiten.

3500 mobilitätseingeschränkte Menschen in Radolfzell

Der Ausbau der barrierefreien Bushaltestellen in Radolfzell ist eines der wichtigen Themen, da es für Hilfsbedürftige nicht einfach ist, öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen. Behinderte, Senioren, Beeinträchtigte mit Rollator, Mütter mit Kinderwagen und viele mehr brauchen Unterstützung beim Einstieg in den Bus und Zug, dabei ist der demografische Wandel mit seinen Auswirkungen auf das Leben und die Gesellschaft von Menschen mit Beeinträchtigung noch gar nicht berücksichtigt. Schon jetzt sind 3500 mobilitätseingeschränkte Menschen mit über 50 Prozent Behinderung in Radolfzell auf eine barrierefreie Ausgestaltung des öffentlichen Raums für ein selbstbestimmtes Leben angewiesen.

17 von 176 Bushaltestellen barrierefrei

Öffentliche Gebäude sollen per Gesetz 2022 barrierefrei sein, was in Radolfzell noch viel Engagement benötigt. Auch unsere Schulen, Veranstaltungshäuser, Sportstätten, Gehwege und die Radolfzeller Innenstadt sind größtenteils nicht barrierefrei und bedürfen noch vieler Anstrengungen aller, dies voran zu bringen. Den Bemühungen der Behindertenbeauftragten Constanze Werdermann und ihrer Mitstreiter im Behindertenrat beim Mitwirken der Planung bei bisher – leider nur – 17 barrierefreien Bushaltestellen von insgesamt 176 Haltestellen auf dem Gebiet der Stadt Radolfzell, dem Seebad mit dem Schwimmrollstuhl, bei der Planung der neuen Mole, dem Milchwerk mit Gebärdensprache, einzelner Projekte wie Handläufen und Rampen, verdanken wir es, mehr Barrierefreiheit anbieten zu können. Die „Zeller Karte“ setzt für Familien mit schwerbehinderten Kindern neue soziale Akzente. Aber es gibt noch viel zu tun.

Mediale Teilhabe funktioniert dann, wenn der Diskurs für alle offen ist. In der Berichterstattung über diese Themen muss sich etwas bewegen. Beeinträchtigte sollten nicht nur in den Nachrichten auftauchen, sondern auch in den Redaktionen. Und in Berichten über allgemeine politische Themen – als Menschen mit einer Meinung, nicht reduziert auf ihre Beeinträchtigung.

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„Selbstbestimmt“ steht für Inklusion und zeigt, wie eng die Lebenswelten von Menschen mit und ohne Behinderungen verbunden sind. Das bedeutet, dass Menschen mit Behinderungen in die Umsetzung der Konvention einbezogen werden müssen. Ich verstehe es gleichzeitig als Ermutigung, sich zu beteiligen und selbstverständlich mehr Teilhabe einzufordern, für was sich der Behindertenrat von Radolfzell einsetzt.

Dank an Constanze Werdermann

„Inklusion und Vielfalt als Werte werden vor allem die Barrieren in den Köpfen bewegen.“ Wollen wir das, müssen wir neu denken. „Nichts über uns ohne uns!“ lautet der zentrale Satz der UN-Behindertenrechtskonvention, dem Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Das gilt auch für Radolfzell und nicht nur am Tag der Menschen mit Behinderung. An dieser Stelle möchte ich im Namen des Behindertenrats Constanze Werdermann für ihr großes Engagement danken, die aus persönlichen Gründen das Amt der Behindertenbeauftragten der Stadt Radolfzell zu unserem großen Bedauern aufgeben musste.