Es sind viele Leitungsfunktionen, die derzeit in Radolfzell neu besetzt werden. Unter anderem für das Milchwerk und das Kulturamt wurden bereits neue Führungskräfte gefunden, nun steht auch eine Änderung in der Städtischen Musikschule an: Ab Juni wird Christina Burchardt die Leitungsstelle übernehmen, die seit dem Abschied von Hans Heinrich Hartmann unbesetzt geblieben war. Allzu groß ist die Änderung aber nicht, denn Burchardt ist die Stelle nicht fremd. Seit etwa einem Jahr besetzt sie sie bereits als Interimsleiterin.
Wie Bürgermeisterin Monika Laule erklärt, sei die Stelle bewusst nicht direkt nach Hartmanns Abschied ausgeschrieben worden, damit Christina Burchardt eine Möglichkeit hatte, herauszufinden, ob die Stelle für sie passt – und die Stadt zu erfahren, ob die Besetzung so überhaupt funktioniert. Das habe sie in der Tat, Laule lobt Burchardts Engagement und ihre Arbeit für die Musikschule. Sie habe bereits mehrere Dinge auf die Beine gestellt, unter anderem das digitale Adventskonzert im vergangenen Winter und das Benefizkonzert für ukrainische Flüchtlinge, das am Sonntag im Milchwerk stattfindet.
Dennoch ging der Leitungsposten nicht automatisch an sie. Eine externe Ausschreibung sei wichtig gewesen, betont Monika Laule, damit der oder die Neue auch Rückendeckung aus dem Gemeinderat bekommt. Tatsächlich setzte sich Christina Burchardt schließlich gegen zwei andere Bewerber durch. „Wir sind uns sicher, die richtige Leitung gewonnen zu haben“, sagt die Bürgermeisterin.
Von Münster aus nach Radolfzell
Mit Musik kennt Christina Burchardt, die gebürtig aus Münster in Westfalen stammt, sich gut aus. Nach der Schule studierte sie sowohl pädagogisch als auch künstlerisch Geige an der Hochschule für Musik, Theater und Medien in Hannover. 2005 zog sie nach Radolfzell. Sie arbeitete lange freischaffend und war als Geigerin in verschiedenen Orchestern im In- und Ausland tätig. Ab 2011 arbeitete sie an der Musikschule Donaueschingen als Fachbereichsleitung der Streicher, dort gründete sie auch ein Streichorchester.
2019 kam sie an die Musikschule Radolfzell und unterrichtete dort zunächst Geige und Bratsche. In ihrem ersten Jahr führte sie die fortgeschrittenen Streicher der Musikschule mit den Amateurmusikern des Radolfzeller Kammerorchesters zum Kammerorchester plus zusammen. Während der Corona-Pandemie absolvierte sie zudem einen Lehrgang über die Führung und Leitung einer Musikschule an der Bundesakademie für musikalische Jugendbildung. Unterrichten wird sie auch als Leiterin der Musikschule weiterhin. „Aber das habe ich ganz stark reduziert“, erklärt sie.
Große Verantwortung und große Chancen
Dass sie an einer Musikschule arbeiten wolle, sei ihr schon immer klar gewesen – „weil es die ideale Möglichkeit ist, sich zu vernetzen“. In Radolfzell nimmt die Schule zudem eine große Bedeutung ein, wie Erik Hörenberg, Leiter des Fachbereichs Kultur, betont: „Sie ist ein Rückgrat der Musikstadt.“ Sie führe Kooperationen mit allgemeinbildenden Schulen, Kindertagesstätten und Vereinen durch. Christina Burchardt ist sich dieser besonderen Rolle bewusst. Sie versteht sie als Chance, aber auch als Verpflichtung: „Das ist ein Auftrag, Neues zu gestalten.“
Tatsächlich ist Christina Burchardt in ihrer neuen Funktion nicht nur für alle Lehrkräfte der Einrichtung verantwortlich, sondern auch für die inhaltliche Entwicklung der Musikschule im Rahmen der Kulturentwicklungsplanung. Ideen hat sie auch schon. Ein Plan sei, die musikalische Früherziehung auszubauen, möglicherweise in Form eines musikbetonten Kindergartens. „Sodass man die Vernetzung ausweitet in den Bereich der Jüngsten“, so Burchardt. Auch bei Erik Hörenberg findet dieser Vorschlag Anklang: „Das wäre ein ganz schönes Alleinstellungsmerkmal“, sagt er.