Seitdem er denken kann, wohnt Geronimo „Nimo“ Frick in Radolfzell. Der 24-Jährige ging aufs Friedrich-Hecker-Gymnasium, saß drei Jahre lang im Jugendgemeinderat und kehrte nach Reisen durch Marokko und Osteuropa zurück in die Stadt am Untersee. Mittlerweile führt er eine Dienstleistungsfirma für Klettersport. „Eigentlich ist die Stadt kein Ort für junge Leute“, sagt der 24-Jährige. Doch was er an seiner Heimatstadt liebe, sei ihr „ruhiger Charakter“. „Wer nach Meersburg fährt, sieht das Schloss, wer nach Konstanz fährt, bekommt Stadt und in Radolfzell bekommt man eine Stadt mit Nähe zu Natur und See“, sagt er.

Doch mit den Bauplänen zur Hotelerweiterung am Streuhau sei genau dieser Charakter bedroht – da sind sich Frick und seine Kollegen der zehnköpfigen Aktionsgruppe Vital Earth einig. Dabei geht es ihnen nicht nur um die mögliche Bebauung des Hochwasserschutzgebiets und des Biotops, das über die vergangenen 40 Jahre entstanden ist. „Hier zeigt sich auch wieder ein typisches Muster in der Radolfzeller Baupolitik, das sich immer wiederholt“, sagt Frick.

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Zu oft sei in der Vergangenheit über den Bedarf hinaus gebaut und geplant worden. Zu selten seien die Bürger mit einbezogen worden. „Das Bauprojekt am Streuhau ist sinnbildlich für diese Entwicklung“, sagt er. Als weitere Beispiele nennt er das Anlegen von Kunstrasenfußballplätzen im Hochwasserschutzgebiet auf der Mettnau, die teure Planung zur geplatzten Seetorquerung sowie die Genehmigung von Neubauten, die nicht ins Stadtbild passten.

Erste Demonstration der Aktionsgruppe

Gegen diese Entwicklung wollen Frick und seine Kollegen von Vital Earth am Samstag, 9. Oktober, ab 14 Uhr am Radolfzeller Seetorplatz demonstrieren. Die Kundgebung ist die erste Demonstration, die Frick mit der rund zehnköpfigen Gruppe organisiert hat. Sie erwarten mindestens 200 Teilnehmer. Zuvor haben sie Müllsammelaktionen im Streuhau, in Konstanz, am Binninger See sowie ein Benefizkonzert gemacht. Bisherige Streuhau-Gegner sowie die Radolfzeller Gruppe von Fridays for Future haben bereits ihre Teilnahme angemeldet.

„Der Zeitpunkt eine Woche vor der OB-Wahl ist nicht zufällig gewählt“, erklärt Frick. Gerade vor dem Wahltag wollten sie auf die Versäumnisse der vergangenen Jahre aufmerksam machen und ein Zeichen setzen. „Wir müssen uns darüber unterhalten, ob die Stadt die Hotelerweiterung überhaupt braucht und ob sich dieses nicht negativ auf das Hotelgewerbe auswirkt“, sagt der Radolfzeller. „Wir fordern eine Bedarfsanalyse über ein solches Bauprojekt.“

Frick: Jugendkultur und Luxusressort passen nicht zusammen

Im Vorfeld der Wahlen sei Frick bereits mit den OB-Kandidaten Martin Staab und Simon Gröger zu dem Thema im Gespräch gewesen – mit Letzterem sogar persönlich. „Gröger war im Austausch sehr freundlich gewesen und hatte gute Ideen“, sagt Frick. Dass der OB-Kandidat aus Tuttlingen aber vorgeschlagen habe, die Chalets des geplanten Feriendorfs im Herzen-Areal zu bauen, um das Streuhau und den Bodenseereiter komplett unter Landschaftsschutz zu stelle, sieht er kritisch. „Der Skatepark, die Tanke am See, der Grillplatz, die Vereinskultur und das kostenlose Strandbad sind für Jugendliche sowas wie ein Kiez geworden“, sagt er.

„Der Skatepark, die Tanke am See, der Grillplatz, die Vereinskultur und das kostenlose Strandbad sind für Jugendliche sowas wie ...
„Der Skatepark, die Tanke am See, der Grillplatz, die Vereinskultur und das kostenlose Strandbad sind für Jugendliche sowas wie ein Kiez geworden“, sagt Geronimo Frick. | Bild: Cian Hartung

Das Nebeneinander von Jugendkultur und Luxusressort würde nicht zueinanderpassen, vermutet er. „Dann wird es Ruhestörungen und keine Konzerte mehr bei der Tanke am See geben.“ Jugendliche würden seit Jahren immer weiter an die Stadtgrenze gedrängt. Auch das s‘Bokle, das einst beim Milchwerk und nun im Industriegebiet angesiedelt ist, sei ein Beispiel dafür, sagt er. Zudem kritisiert Frick, dass bei der Diskussion um das Herzen-Areal bislang nur das Bürgerforum Bauen, Nabu, BUND und der Hotelinvestor Bernd Schuler involviert gewesen seien. Nicht aber die Vereine und die Jugendlichen.

Streuhau-Plan von OB Staab ist „die schlechtestmögliche Option“

Auch von der Planungsoption von OB Martin Staab, zehn Prozent des Streuhaus für das Feriendorf zu bebauen, hält Frick nicht viel. Das sei „die schlechtestmögliche Option“. Zwar wolle Staab einen Bürgerentscheid zu dem Thema veranlassen. Bereits bei der Bürgerumfrage im September hatten aber rund zwei Drittel der Teilnehmer gegen das Bauvorhaben gestimmt. „Ich weiß nicht, was ein Bürgerentscheid noch zeigen soll“, sagt Frick. „Wir fordern daher, dass weiterhin in Erwägung gezogen wird, das Bauprojekt am Streuhau ganz fallenzulassen.“

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