Das Projekt Lebensmittelmarkt mit Wohnungsbau auf dem Schoch-Areal im Altbohl in Radolfzell kommt ein weiteres Mal ins Stocken. Dieses Mal sind es nicht planungsrechtliche oder verwaltungstechnische Hemmnisse, es ist das leidige Geld. Noch werden keine Summen genannt, welche Edeka in den Lebensmittelmarkt und das Siedlungswerk Stuttgart in den Wohnbau dort investieren wollen und können, da dampft das Siedlungswerk das Wohnbauprojekt schon ein.
Fünf bis zehn Wohnungen weniger
Bei einem Ortstermin haben Vertreter des Siedlungswerks den Zuständigen in der Stadtverwaltung erläutert, dass sich anstatt der geplanten 30 Wohnungen nur noch 20 bis 25 Wohnungen realisieren ließen. Auch die Tiefgarage streicht das Siedlungswerk aus ihren Plänen. Der Baugrund im Altbohl werde für ein solches Bauwerk als herausfordernd eingeschätzt mache die Kosten schwer kalkulierbar. Deshalb plant das Siedlungswerk, nur noch zwei Gebäuderiegel auf der Rückseite des Markts in Richtung Altbohlsiedlung zu errichten und eine überdachte Parkebene zwischen den beiden Wohngebäuden hinzustellen.
Baukosten schießen in die Höhe
Grund für diese deutliche Kürzung des Projektvorhabens sei der Ausbruch des Krieges in der Ukraine und der massive Anstieg der Baukosten, wie die Stadtverwaltung Radolfzell in einer Sitzungsvorlage für den Ausschuss Planung, Umwelt und Technik angibt. Fachbereichsleiter Thomas Nöken beziffert diese Preissteigerung mit bis zu 25 Prozent. Das Siedlungswerk verspricht im Gegenzug der Stadt Radolfzell in dem schon weit fortgeschrittenen Genehmigungsverfahren auch ein Zuckerle: Trotz der verringerten Zahl an Wohnungen bleibe es bei der Zusage, zehn Wohnungen für den sozialen Wohnungsbedarf für einen Zeitraum von 15 Jahren bereitzustellen.
Projektleiter Markus Kliche hat in einem Schreiben an die Stadt darauf hingewiesen, dass es für sein Unternehmen darum gehe, die finanziellen Rahmenbedingungen künftiger Mieter im Auge zu behalten. Kliche versichert: „Das Siedlungswerk möchte das Projekt in Radolfzell auch unter den veränderten Rahmenbedingungen realisieren.“ Doch am Ende wollten Familien, Paare und auch Alleinstehende diese Wohnungen beziehen, „ohne finanziell an ihre Schmerzgrenze zu gehen oder diese sogar überschreiten zu müssen“.
Edeka ist weit in der Planung
Positive Signale gibt es vom Lebensmittelkonzern Edeka, dessen Planung sei so weit fortgeschritten, dass ein Baugesuch eingereicht werden könnte. Dennoch hätte es auch für Edeka Konsequenzen, sollte die Stadt Radolfzell die nun abgespeckten Pläne des Siedlungswerks ablehnen. Dann müsste Edeka einen anderen Co-Investor suchen, was den Zeitplan für das Vorhaben „auf unbestimmte Zeit“ verzögern werde, so die Stadtverwaltung.
Die Frage nach dem Baubeginn
Die Terminfrage war dann auch das Hauptthema im Ausschuss. Denn der Lebensmittelmarkt mit Wohnbebauung auf dem Schoch-Areal ist selbst für Radolfzeller Verhältnisse nicht unbedingt das schnellste Projekt. Seit dem Jahr 2016 befasst sich der Gemeinderat, der Planungsausschuss und der Gestaltungsbeirat in wiederkehrenden Abständen mit dem Projekt. SPD-Stadtrat Norbert Lumbe zog den den angekündigten Zeitplan in Zweifel angesichts der Notwendigkeit, dass das Siedlungswerk nun neue Pläne zum Genehmigen vorlegen muss: „Wie ernsthaft können wir an einen Baubeginn im Herbst 2023 glauben?“
Für Stadtplaner Thomas Nöken liegt das im Bereich des Möglichen. Das Siedlungswerk sei seit Jahrzehnten im Wohnungsbau unterwegs und wüsste, was realistisch sei. Auch Projektleiter Kliche glaubt, die Termine einhalten zu können. Er richtet seinen Blick auf die Fertigstellung. Ein kompletter Neustart der Planungen ist seiner Ansicht nach nicht notwendig. Gepaart mit der Zeiteinsparung durch den Wegfall des Baus einer Tiefgarage könne der ursprüngliche Zeitplan eingehalten werden.
Auch Baudezernatsleiterin Angelique Augenschein unterstützte die Pläne des Siedlungswerks auf dem Gelände der ehemaligen Gärtnerei Schoch: „Was nicht passieren darf, ist, dass der Investor abspringen wird.“ Es sollte vermieden werden, dass der Markt und der Wohnungsbau separat realisiert werden. Der Ausschuss stimmte der Neukonzeption zu, verlangte aber, dass das Siedlungswerk sich mit den überarbeiteten Plänen dem Urteil des Gestaltungsbeirats stellen muss.