Als René Zimmermann im Jahr 2018 das Ehrenamt Schöffe antrat, war er voller Stolz und Respekt vor dieser verantwortungsvollen Aufgabe. Fünf Jahre später sieht er die Aufgabe noch immer als überaus verantwortungsvoll und gesellschaftlich von hoher Bedeutung, doch kam er kaum dazu sie auszufüllen. Von 53 Gerichtstagen, die ihm das Konstanzer Landgericht als Schöffe, also als Laienrichter, zugelost hatte, wurden mehr als 40 bisher abgesagt.

Schöffendienst bedeutet auch eine große Einschränkung

„Das ist doch so eigentlich kein Umgang mit den Schöffen“, kritisiert er. Denn schließlich bedeute ein Termin bei Gericht für ihn eine Einschränkung in seiner Arbeits-, Freizeit- und Urlaubsplanung, der er zwar gerne nachkommt. Dass dann aber zwei bis drei Wochen vor dem Termin immer die Absage ins Haus flattert, ärgert ihn dann doch. Zum Beginn eines Jahres habe er immer die Terminübersicht erhalten, wann er als Schöffe an welchem Tag im Jahr gebraucht werde. Pro Monat sei das ein Termin in der Regel.

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Alle seine privaten Termine plant René Zimmermann, der auch noch im Öhninger Gemeinderat für die CDU aktiv ist, drum herum. Da sei auch ein gewisser Druck vom Gericht da, sich verfügbar zu halten, erklärt er. Kann er einen diesen Termine nicht wahrnehmen, müsse dies erst von einem Richter genehmigt werden. Einfach so absagen könne man nicht. Nicht auftauchen würde sogar mit einem Ordnungsgeld geahndet werden.

Schwierige Terminfindung

Umso mehr ärgert es Zimmermann, dass ein Großteil der Termine vom Gericht selbst abgesagt werden. „Das ist so ein ehrenvolles Amt, aber scheinbar wird man da gar nicht so gebraucht“, sagt er. Auch habe sich Zimmermann mit Schöffenkollegen darüber ausgetauscht und alle hätten das selbe berichtet: „Nicht nur ich bekomme nur Absagen, die anderen auch“, berichtet er.

Er habe auch an den Präsidenten des Landgerichts Konstanz Christoph Reichert geschrieben und ihn um Aufklärung gebeten, warum so viele Termine ausfallen würden. „Richtig befriedigend war die Antwort nicht“, fasst René Zimmermann zusammen. In dem Schreiben wurde auf die schwierige Terminfindung verwiesen, dass es eben manchmal schwer sei, Richter, Anwälte und Sachverständige an einen Tag zu koordinieren.

Zugeloste Verhandlungstage sind noch lange keine echte Verhandlung

Mirja Poenig, Richterin und Pressesprecherin des Konstanzer Landgericht vermutet hinter der Frustration von René Zimmermann ein Missverständnis, und kein sorgloser Umgang des Gerichts mit der Zeit der Schöffen. Und zwar gebe es einen Unterschied zwischen den ausgelosten Prozesstagen und eigentlichen Gerichtsverhandlungen. Nur weil er für einen Tag als Schöffe bestimmt wurde, bedeute das nicht, dass an diesem Tag auch eine Verhandlung terminiert werde.

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Vor dem Beginn eines neuen Geschäftsjahres würden die Sitzungstage der jeweiligen Strafkammern in den vorhandenen Sitzungssälen festgelegt, erklärt sie auf Nachfrage des SÜDKURIER. Um eine maximale Flexibilität bei der Terminierung in den konkreten Fällen zu erhalten, werde im Vorfeld versucht, möglichst viele potentielle Verhandlungstage für die jeweiligen Strafkammern zu erhalten.

Schöffen werden den Tagen zugelost, nicht den eigentlichen Sitzungsterminen

Das Gesetz sehe dann vor, dass für alle potentiellen Sitzungstage auch Schöffen ausgelost werden. Nach der Auslosung würden den Schöffen mitgeteilt, welchen Tagen sie zugelost sind, damit sie dies bei ihrer Urlaubsplanung berücksichtigen können oder Verhinderungsgründe gleich mitteilen können. „Es ist einem Schöffen durchaus möglich, geplante Urlaube darzulegen, wenn diese mit Auslosungsterminen kollidieren sollte“, stellt die Richterin klar.

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Die eigentliche Ladung der Schöffen zu den ihnen zugelosten Terminen fände aber erst statt, wenn eine Strafsache konkret auf solch einen Tag terminiert werde. Dann erhalten die Schöffen eine Nachricht, an welchen konkreten Tagen sie wirklich für eine Sitzung eingeteilt sind. „Gerade in Haftangelegenheiten kann das auch mal etwas kurzfristiger sein“, so Poenig.

Vorgang ist so im Gesetz festgeschrieben

Und dies sei kein Gängeln der Schöffen durch das Gericht, sondern im Gerichtsverfassungsgesetz Paragraf 45 so festgelegt. Mit diesem Prozedere wolle man sicherstellen, dass bei der – wie vom Amtsgerichts-Präsidenten Christoph Reichert schon erwähnten – Problematik der Terminfindung, diese nicht auch noch durch Abwesenheiten von Schöffen erschwert werde. Laut Richterin Poenig sei die Quote von rund 13 Prozesstagen in den vergangenen viereinhalb Jahren an der oberen Grenze der Inanspruchnahme von Schöffen pro Jahr.

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Natürlich käme es auch mal vor, dass Verhandlungstermine abgesagt werden müssten. Meistens passiere das auf Grund von Krankheitsausfällen. Vor allem während der Corona-Pandemie sei es immer wieder vorgekommen, dass bereits terminierte Verhandlungen wegen der Vielzahl an beteiligten Personen und dem hohen Krankenstand ausgefallen seien. Doch gerade in der jüngsten Vergangenheit seien bei der großen Strafkammer kaum noch Verhandlungen ausgefallen, so Poenig.

Für René Zimmermann ist seine Zeit als Schöffe bald vorbei. Wie viele Einsätze er noch in diesem Jahr haben werde, weiß er nicht. Der Gang zum Briefkasten sei wenig erfreulich gewesen. „Sobald ich ein Schreiben vom Gericht sehe, weiß ich schon, dass es wieder eine Absage ist“, sagt er. Für eine zweite Periode als Schöffe hat sich Zimmermann sich nicht mehr beworben.