Erst wollte er das Kind nicht, dann tötete er mutmaßlich die Mutter – und bandelte direkt mit einer anderen Frau an: Am dritten Prozesstag im Fall der getöteten Sabrina P. aus Stockach gab es tiefe Einblicke in die Beziehung zwischen der jungen Mutter und ihrem mutmaßlichen Mörder Marcel K.. Dabei zeigt sich auch, dass es bereits Todesdrohungen gab.
Samanta A. war eine gute Freundin der Getöteten und sagte aus, dass die beiden insbesondere am Anfang eine Art Dreiecksbeziehung geführt hatten. Marcel K. habe sich demnach nicht zwischen Sabrina P. und seiner Exfreundin entscheiden können und sei mal mit der einen, mal mit der anderen zusammen gewesen. Während der Beziehung der beiden habe sich dieses Schema mit unterschiedlichen anderen Frauen fortgesetzt. Dass die beiden eine Art On-/ Off-Beziehung führten, war schon am zweiten Verhandlungstag durch zahlreiche Zeugenaussagen deutlich geworden.
So schätzen die Zeugen Marcel K. ein
Eine Frage, die der Vorsitzende Richter Arno Hornstein praktisch allen Zeugen stellt, lautet: „Wie schätzen Sie den Angeklagten ein?“ Die Aussagen der bislang gehörten Zeugen ähneln sich dabei so gut wie immer. Marcel K. wird als kalt und schweigsam beschrieben. Mehrere Zeugen berichteten, dass er seinen Gesprächspartnern beim Reden nicht in die Augen schauen konnte.
Die Frage, was Sabrina P. an ihm gefunden habe, konnte keiner der Zeugen schlüssig beantworten. Gleichzeitig wird er aber auch als höflich beschrieben und als jemand, der immer für seine Freunde da sei. Gewalttätig geworden sei er anderen gegenüber nicht. Auch nicht gegenüber Sabrina P.. Allerdings berichten auch mehrere Zeugen, dass er immer wieder andere bedrohte.
„Sie gehört mir, ich bringe euch alle um.“
So soll Sabrina P. einer Freundin berichtet haben, dass er einmal im Streit zu ihr gesagt habe, er müsse jetzt gehen, bevor er etwas Dummes tue. Als sie schwanger war, soll er Sabrina P. zudem eine Nachricht geschrieben haben, in der stand: „Hoffentlich stirbst du und das Kind auch. Ich will euch nicht.“ Das berichtet zum Beispiel Samanta A.. Sie erzählt auch, dass Marcel K. seine Freundin Sabrina P. zu einer Abtreibung drängen wollte.
Unter einem Instagram-Post seiner Partnerin soll der Angeklagte außerdem geschrieben haben: „Sie gehört mir, ich bringe euch alle um.“ Gleich mehrere Zeugen berichteten übereinstimmend von diesem Kommentar.
Als das gemeinsame Kind auf der Welt gewesen sei, habe sich das Verhalten von Marcel K. etwas gebessert. Trotzdem habe es weiterhin immer wieder Streits und Trennungsphasen gegeben. Der letzte Streit ereignete sich dann am Freitag, 13. Januar. Es soll darum gegangen sein, dass Marcel K. das Instagram-Profil einer Freundin, mit der er zuvor länger keinen Kontakt gehabt hatte, besucht habe. Auch die wurde nun vor dem Landgericht Konstanz gehört.
Wegen ihr soll Sabrina eifersüchtig gewesen sein
Sabrina P. habe ihn deshalb an jenem Freitagnachmittag zur Rede gestellt und es sei zum Streit gekommen. „Er war auf meinem Insta-Profil. Sabrina hat das mitbekommen und ihm deshalb eine Eifersuchtsszene gemacht“, erzählt Selina K. im Zeugenstand. Das habe ihr der Angeklagte berichtet, nachdem sie ihn angeschrieben habe, um zu fragen, was mit Sabrina ist. Da machte die Nachricht von ihrem Verschwinden bereits die Runde.
Wenige Tage nach der Tat, am Dienstag, 17. Januar, kam es zu einem persönlichen Treffen zwischen Selina K. und Marcel K., die mit zwei weiteren Freunden eine Shisha-Bar in Radolfzell besuchten. „Wir haben getrunken und gelacht. Er hat mir geschworen, dass er nichts damit zu tun hat“, berichtet Selina K..
Auch nach seiner Inhaftierung hält sie brieflich Kontakt mit Marcel K.. Ein Liebes-Verhältnis mit dem mutmaßlichen Täter dementiert sie vor Gericht. Doch sie sei überzeugt, dass Marcel K. nicht alleine der Täter sein kann.
Möglicherweise war das Opfer bereits bewusstlos
Der Leitende Ermittler der Kriminalpolizeiinspektion I in Rottweil, der mit dem Fall betraut ist, sieht das anders. „An der Leiche von Sabrina P. wurde ein rund sieben Zentimeter großes Hämatom im Bereich der linken Schläfe entdeckt“, berichtet der Ermittler. Eine künstliche Wimper habe zudem an der Leiche gefehlt. Sie sei später hinter dem Fernseher gefunden worden. Das deute darauf hin, dass der Angeklagte Sabrina P. zunächst gegen die linke Schläfe geschlagen habe. „Dann wäre sie handlungsunfähig zu Boden gegangen.“ Im Anschluss habe Marcel K. ein Ladekabel genommen und sie im bewusstlosen Zustand erdrosselt, so die Einschätzung des Ermittlers.
Das decke sich mit einer ersten Aussage des mutmaßlichen Täters, wonach sich Sabrina P. nicht gewehrt haben soll. Bei seiner Befragung vor Gericht hatte der Angeklagte die Tat anders geschildert und unter anderem davon gesprochen, dass er im Affekt zu einem zufällig herumliegenden Ladekabel gegriffen habe.
Die letzte Nachricht: „Alles gut“
Auch zum zeitlichen Ablauf der Tat gibt es nach Auswertung verschiedener Daten weitere Details. So soll sich der Streit laut Rekonstruktion der Ermittler zwischen 16 und 17 Uhr abgespielt haben. Spätestens um 16.53 Uhr soll Sabrina P. tot gewesen sein. „Das passt auch zur Schilderung, dass er die Leiche während der Dämmerung vom Balkon geworfen haben soll“, so der Chefermittler. Die letzte Nachricht habe Sabrina P. jedenfalls um 16.02 Uhr verschickt. „Alles gut“, soll der Inhalt gelautet haben.
Warum ausgerechnet dieser Streit eskaliert ist, dafür haben auch die Ermittler keine Erklärung. Im Anschluss an die Tat soll Marcel K. die mit dem Smartphone verbundene Uhr (Smartwatch) seiner Partnerin zerstört und Bargeld aus ihrem Geldbeutel entwendet haben. „Vermutlich hat er die Smartwatch zerstört, um Spuren zu verwischen, da diese ja gewisse Vitalfunktionen aufzeichnet“, erklärte der Chefermittler. Außerdem soll er Chatverläufe gelöscht haben.
Schnell Treffen mit anderen Frauen vereinbart
Besonders pikant: Die Ermittlungen haben offenbar bestätigt, was einige andere Zeugen bereits ausgesagt hatten: Marcel K. soll schon wenige Tage nach der Tat mit anderen Frauen geschrieben haben, um sich zum Sex zu verabreden. Eine der Frauen soll er sogar schon zwei Tage vor der Tat für das darauffolgende Wochenende nach Stockach eingeladen haben, führte der Ermittler aus.
Die Verhandlung wird am Mittwoch, 7. Juni, um 9 Uhr fortgesetzt. Das Urteil wird am Montag, 12. Juni, erwartet. Für den Angeklagten gilt bis dahin die Unschuldsvermutung.