Es war ein bedrückender zweiter Prozesstag im Mordprozess gegen den 22-jährigen Marcel K., der im Januar seine zwei Jahre ältere Partnerin Sabrina P. in Stockach zuerst erdrosselt und dann vom Balkon geworfen haben soll. Dafür hat ihn die Staatsanwaltschaft Konstanz wegen Mordes angeklagt.

Auf der Tagesordnung des Landgerichts Konstanz stand am Dienstag die Befragung der Schwester und einiger enger Freunde von Sabrina P.. Außerdem wurde der ehemalige Chef von Marcel K. angehört. Es wurde also sehr persönlich. Doch Richter Arno Hornstein betonte gleich zu Beginn der Verhandlung: „Wir müssen auch aus dem persönlichen Umfeld Fakten sammeln zur Beziehung und zum Charakter von Sabrina P. und Marcel K., um uns ein fundiertes Urteil bilden zu können.“

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Katharina P., die Schwester der Getöteten, die im Prozess zugleich als Nebenklägerin auftritt, beschreibt Sabrina P. als ruhigen, zurückhaltenden und lebensfrohen Menschen. Gerne hat sie mit ihren Freunden Zeit am Bodensee in Radolfzell verbracht oder gemalt. Die Beziehung zu Marcel K. habe im Februar 2021 begonnen. „Aber es war ein Hin und Her“, sagte Katharina P.

Er nutzte Beziehungspausen für Affären

Immer wieder seien die beiden getrennt gewesen. „Die Off-Phasen waren aber nie länger als eine Woche“, so Katharina P. weiter. In der Regel habe Marcel K. die Beziehung beendet mit der Begründung, dass er sie nicht liebe. In den Off-Phasen habe er auch Affären mit anderen Frauen gehabt. Nach kurzer Zeit sei er aber immer wieder zu Sabrina P. zurückgekommen.

„Ich habe immer gesagt, sie ist zu gutmütig zu manchen Menschen“, erklärte ihre Schwester vor Gericht. Sabrina P. selbst habe sich in dieser Zeit nicht mit anderen Männer getroffen, gab Katharina P. an.

Auch die Schilderungen vom Verschwinden wirkten bedrückend. Die beste Freundin der Getöteten, Christina H., berichtete im Zeugenstand, dass sie am fraglichen Abend des 13. Januar abends einen Anruf von Marcel K. bekommen habe. Er habe berichtet, dass Sabrina P. nach einem Streit weggegangen sei, und sich erkundigen wollen, ob sie bei ihr ist.

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Sie hat das Kind nie lange allein gelassen

„Ich habe mich da schon sehr gewundert, weil Sabrina das Kind nie länger als eine Stunde mit ihm allein gelassen hat“, sagte die Zeugin. Christina H. meldete sich dann bei Katharina P. und die Suche im Freundeskreis begann. Übereinstimmend berichteten die Zeuginnen und Zeugen, zu denen noch ein weiterer Freund des Paares gehörte, dass Marcel K. am Abend des Verschwindens zwar nervös gewesen sei, aber keine besondere Mühe zeigte, seine Partnerin zu finden.

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Vielmehr habe er sich darüber ausgelassen, wie verantwortungslos Sabrina P. sei, ihn mit einem vier Monate alten Kind allein zu lassen, berichtete Christina H.. „Am Anfang schien er noch wirklich besorgt zu sein, aber ich hatte den Eindruck, seine größte Sorge sei, dass der erste Verdacht auf ihn fallen könnte.“

In der Nacht haben die Schwester und die Freunde dann weiter nach Sabrina P. gesucht, nachdem sie auch nicht mit dem letzten Zug aus Radolfzell gekommen ist. Später haben sie noch die Polizei hinzugezogen.

Plötzlich taucht der Geldbeutel auf

Das ganze Wochenende lief die Suche weiter und wie die Zeugen ebenfalls übereinstimmend aussagten, habe zunächst keiner von ihnen Marcel K. verdächtigt. Komisch sei es erst geworden, als plötzlich auch die Katze verschwunden war. Bei der Suche nach der Katze fanden die Freunde in einer Aufbewahrungsbox den Geldbeutel von Sabrina P.. „Das war der Geldbeutel, den sie sonst eigentlich immer dabei hatte, wenn sie aus dem Haus ging“, erklärte Christina H.

„Darin war noch die Quittung aus dem DM-Markt in dem wir am Freitagmittag noch zusammen gewesen waren“, berichtete Suleiman Y., der zum damaligen Zeitpunkt gut mit dem Paar befreundet war. „Trotzdem hätte ich nie gedacht, dass Marcel sie umgebracht haben könnte. Ich war komplett am Ende. Das hat mir den Boden unter den Füßen weggerissen.“

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Ein weiterer Zeuge kann sich bis heute nicht vorstellen, dass Marcel K. seine Partnerin allein umgebracht haben soll. Der ehemalige Chef von Marcel K. erklärte: „Wir haben mit unserem Hausmeisterservice auch regelmäßig Umzüge organisiert. Dabei war er nicht unbedingt der kräftigste.“ Und schließlich sei einiges an Kraft nötig, gewesen, um Sabrina P. zu erdrosseln und vom Balkon zu werfen.

Marcel K. soll gefasst gewesen sein

Einig waren sich alle Zeugen, die Marcel K. am Abend nach dem Verschwinden von Sabrina erlebt haben, dass dieser ruhig und gefasst wirkte und nicht unter dem Einfluss von Drogen gestanden habe. Schon beim ersten Prozesstag war die Frage aufgekommen, ob die mutmaßliche Tat unter Alkohol- oder Drogeneinfluss geschehen sein könnte. Drogenkonsum kann unter Umständen strafmildernd berücksichtigt werden.

Ein verschwundener Zeuge

Ein weiterer Zeuge, der für den Nachmittag geladen war, kam nicht zum Prozess. Wie Richter Arno Hornstein berichtete, sei dieser „offenbar untergetaucht“, da er eigentlich in einem anderen Fall eine Haftstrafe antreten müsste. Es sei daher unwahrscheinlich, dass man ihn im Laufe des Verfahrens noch hören könne.

Mit dem Staatsanwalt, dem Verteidiger des Angeklagten und dem Anwalt der Nebenklage verständigte sich das Gericht darauf, auf die Anhörung des Zeugen zu verzichten. Seine Aussage sei ohnehin nicht unbedingt substanziell für das Verfahren.

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Der Angeklagte saß während des gesamten Verhandlungstages ruhig und weitestgehend regungslos neben seinem Verteidiger auf der Anklagebank und hörte über weite Strecken mit gesenktem Blick den Zeugenaussagen zu. Die Verhandlung wird am Mittwoch, 31. Mai um 9 Uhr unter strengen Sicherheitsauflagen fortgesetzt. Das Urteil wird am Montag, 12. Juni, erwartet.