Die Corona-Pandemie hat das Leben vieler Menschen überschattet– und es in einem Ausmaß verändert, wie es sich niemand Anfang des Jahres hätte vorstellen können. Jan Becker, Schulleiter der Grundschule Moos-Weiler, schildert im fünften Teil unserer Serie, wie er das Jahr unter Corona-Bedingungen erlebt hat, was ihn betroffen machte und was ihm an 2020 trotzdem gefällt.

Das Jahr unter Corona

So ein Jahr auf Distanz hinterlasse seine Spuren. „Aber nicht so sehr bei den Schülern, die stecken das ganz gut weg“, sagt Jan Becker und wird nicht müde zu betonen, wie stolz er auf seine Schützlinge sei. Und wie wichtig, die Eltern gewesen seien. „Der Unterricht zu Hause funktioniert ohne sie gar nicht.“ Denn: „Gerade in der Grundschule sind die Kinder noch nicht in der Lage, sich Inhalte selbst zu erarbeiten.“

Ihnen per Videokonferenz Schreiben oder Rechnen beizubringen, sei aus mehreren Gründen kaum möglich. Vor allem, weil es der Schule schlichtweg an digitaler Ausstattung fehlt.

Und: „Natürlich auch, weil man den direkten Kontakt nicht ersetzten kann“, sagt Becker. Zwar arbeite man in der Grundschule Weiler seit dem Frühjahr mit der Online-Lernplattform Moodle, auf der einzelne Lehrer auch kurze Lernvideos hochgeladen hätten, doch hauptsächlich würden auf Moodle Arbeitsblätter und Übungsaufgaben eingestellt. „So interaktiv wie im Unterricht oder in einer Videokonferenz ist das nicht“, sagt Jan Becker. Er klingt frustriert. Und ist es auch.

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Schon vor vier Jahren – lange vor Corona – hat der Schulleiter versucht, seine Schule digital aufzustellen, bemühte sich bei Bund und Land um Gelder im Rahmen des „Digitalpakt Schule“ und scheiterte an der Bürokratie. „Wir mussten dafür zunächst einen Medienentwicklungsplan schreiben“, sagt Becker. Doch immer wieder sei ihm der Medienentwicklungsplan zurückgeschickt worden, weil sich die Vorgaben zum zigsten Mal geändert hätten. Für Jan Becker war das deprimierend: „Da sitzt man da und will seine Schule ein Stück weiterbringen und es passiert – nichts.“

„Der Unterricht zu Hause funktioniert ohne die Eltern nicht“, sagt Jan Becker.
„Der Unterricht zu Hause funktioniert ohne die Eltern nicht“, sagt Jan Becker. | Bild: Jahnke

Immerhin, jetzt, wo ein Teil seines Plans genehmigt wurde, erhalte die Grundschule zehn Tablets. „Falls es wieder einen Lockdown gibt, sollen sie an Schüler verliehen werden, die keinen eigenen Computer haben. Damit sie Zuhause einfacher ins Moodle kommen“, sagt Becker. In „Normalzeiten“ würden die Tablets in den Unterricht integriert. Schließlich gebe es eine Menge Apps zum spielerischen Lernen.

Was besonders herausfordernd war

Sich wieder und wieder auf neue Corona-Regeln im Schulbetrieb einzustellen, sagt Jan Becker. „Das ist anstrengend, gerade wenn das Kultusministerium mit uns nur verzögert kommuniziert.“

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Dass die Landesregierung etwa vom Vorhaben abrückte, die Weihnachtsferien zwei Tage früher starten zu lassen, erfuhr Becker aus den Nachrichten. Und erst eine halbe Woche später vom Kultusministerium selbst. „Dabei sind wir doch diejenigen, die es umsetzten müssen.“

Was gut war und Mut machte

Als das neue Schuljahr losging, habe es sich ein wenig angefühlt, wie immer. „Neue Gesichter, aus denen Vorfreude zu lesen war“, sagt Jan Becker. Und trotz Corona habe man es auch geschafft, den Erstklässlern so viel Normalität wie möglich zu bieten.

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„Wir haben es geschafft, sie mit einem kleinen Gottesdienst und einem Theaterstück, das die Zweitklässler aufgeführt haben, einzuschulen. Also eigentlich wie immer“, sagt der Schulleiter. Und betont das „eigentlich“ kaum hörbar. Denn: „Es war wirklich ein gutes Gefühl, als es wieder losging.“ Und ein gutes Gefühl war es in diesem Jahr auch zu spüren, „dass man als Lehrer gebraucht wird, dass deutlich wurde, wie wichtig wir sind.“

Was er am meisten vermisst

Die außerschulischen Aktivitäten mit seinen Schülern. Die Bastelnachmittage. Das Weihnachtstheater. Und die Lehrspaziergänge im Wald.

„Das ist jetzt alles reduziert auf den rein schulischen Bildungsplan. Und alles, was Schule zu einem Lebensraum macht, fällt weg“, sagt der Schulleiter und erinnert sich daran, wie er sonst um die Adventszeit alle Schüler klassenübergreifend in der Pausenhalle versammelt hatte, um gemeinsam die Weihnachtsgeschichte zu lesen.