Zum Job eines Stadtrates gehört es auch, sich ab und zu, manchmal auch etwas öfter, unbeliebt zu machen. Notwendige Entscheidungen sind nicht immer zwingend auch populär. Der Verkauf der Wiese zwischen Krankenhaus und Versorgungsamt, auch Mirabellenwiese genannt, gehört zu solch einer notwenigen Entscheidung, mit der man nicht unbedingt die Massen begeistert.
Das Geld wird dringend benötigt
Doch sind die rund 4,36 Millionen Euro für den Spitalfond Radolfzell dringend benötigtes Geld für den Bau des neuen Pflegeheims auf der Mettnau auf der anderen Seite des Krankenhauses. Da auch hier die Kosten durch Inflation und allgemeine Verteuerungen auf dem Bausektor eher steigen statt zu sinken, ist jeder Euro wichtig. Aktuell liegen die Baukosten schon bei rund 22 Millionen Euro. 19 Millionen waren anfangs berechnet.
Fast einstimmig – es gab nur eine Nein-Stimme – wurde also der Verkauf der Wiese vom Stiftungsrat an eine Gemeinschaft aus ortsansässigen Investoren und Projektentwicklern unter Beteiligung eines kreisansässigen Bauträgers beschlossen. Wer sich genau dahinter verbirgt möchte die Stadt aus Datenschutzgründen nicht sagen.

Angelique Augenstein, Leiterin des Dezernats nachhaltige Stadtentwicklung und Mobilität, erklärte den weiteren Fahrplan. Es müsse nun ein vorhabenbezogener Bebauungsplan erstellt werden und die Investorengruppe müsse einen Architektenwettbewerb durchführen.
Hier schaltete sich SPD-Stadträtin Susann Göhler-Krekosch in ihrer Funktion als Stiftungsrätin ein und schlug vor Anwohner und Investoren an einen Tisch zu bringen und ein so genanntes Hearing veranstalten. „Bei so verhärteten Fronten wäre es gut, wenn man wieder aufeinander zugeht“, so ihre Intention. Anwohner sollten ihre Ideen für das Grundstück den Investoren und zuständigen Architekten mitteilen können und diese könnten die Ideen in ihre Planungen mit aufnehmen. Schließlich gehe es um „einen großen Diamanten auf der Mettnau“.
Nachbarn bekommen im Verfahren genügend Gelegenheit sich zu äußern
Unnötig befand Augenstein diesen Vorschlag. „In dem jetzt beginnenden Verfahren haben die Nachbarn mehrfach die Gelegenheit zu den Plänen und dem Projekt Stellung zu nehmen“, erklärte sie. Und auch Siegfried Lehmann (FGL) hielt es für keine gute Idee einen solchen Präzedenzfall zu schaffen. „Wir haben das bisher noch nie so gemacht und das aus gutem Grund“, so Lehmann. Er befürchte, dass man dann in Zukunft jedes Bauprojekt verzögere, weil Architekten erst die Ideen der Nachbarn einholen müssten. „Unser Interesse in diesem Fall ist höher als nur die Belange der Nachbarn. Wir entscheiden hier zum Wohle der ganzen Stadt“, machte Lehmann deutlich.

Einfamilienhäuser sind keine Alternative
Der Verkauf der Mirabellenwiese sei alternativlos, doch gelte es den Erhalt der Stiftung zu sichern. Auch seien alle anderen Vorschläge nicht wirklich praktikabel. Auch die von Anwohner Hans-Jochen Baeuerle vorgeschlagenen Einfamilienhäuser statt eines größeren Mehrfamilienhauses seien laut Lehmann keine wirkliche Option und auch nicht ökologischer. Er verstehe den Unmut der Nachbarn, doch wenigstens würden auf dem Grundstück keine Zweitwohnungen oder Ferienwohnungen entstehen.
Etwas positiver sah es Dietmar Baumgartner (Freie Wähler). Er freue sich über solch ein gutes Angebot für die Wiese, welches etwas höher ist, als das Mindestgebot. „Der Sinn und Zweck der Stiftung ist der Betrieb eines Pflegeheims, dafür müssen wir alles tun“, so Baumgartner. Und Christof Stadler (CDU) erinnerte auch die anwesenden Anwohner daran, dass die Mirabellenwiese immer schon eine potenzielle Erweiterungsfläche für das Krankenhaus gewesen sei. Eine Bebauung des Grundstücks sei nie ganz ausgeschlossen gewesen. Dennoch hätte er das Grundstück gerne behalten, wie er zugab.
In die Zukunft blickte Jürgen Keck (FDP). Er hoffe mit dem neuen modernen Pflegeheim auch entsprechend Fachkräfte anlocken zu können. Aber grundsätzlich ärgere er sich sehr, wie spät man mit dem Bau grundsätzlich dran sei. Die Pflicht zu Ein-Bett-Zimmern sei schließlich schon seit 2019 in Kraft und aktuell gehe es auf der Baustelle kaum voran, so seine Beobachtung.