Die erste Pressekonferenz: Die Präsentation des OB-Kandidaten Simon Gröger in einem Tagungsraum des Radolfzeller Milchwerks rief viele Beteiligte auf den Plan. Vorne saß natürlich der Kandidat, ihm zur Seite Anne Meßmer, Vorsitzende des SPD-Ortsvereins, die die Pressekonferenz – auch mit Maske – souverän moderierte. Ihnen gegenüber waren die Pressetische platziert, dahinter ließen sich clever die Mitglieder der Auswahlkommission sowie Vertreter der drei Unterstützerparteien Freie Grüne Liste (FGL), CDU und SPD nieder. Matthias Poensgen, Bernhard Diehl, Helmut Villinger (alle CDU), Zekine Özdemir, Daniela Löchle, Siegfried Lehmann (FGL), Norbert Lumbe und Hannes Ehlerding (SPD) verfolgten mit Argusaugen und spitzen Ohren, was da vorne gesprochen und gefragt wurde. Das war strategisch clever, denn wollten die Journalisten was von den – in diesem Fall – Hinterbänklern wissen, mussten sie den Kopf nach hinten drehen.
Eine altmodische Frage: Den Kopf beim Fragen nach hinten zu den Ansprechpartnern drehen, wirkt zwar etwas ungelenk, muss aber manchmal sein. Vor allem können die sonst sich so fortschrittlich gebenden Radolfzeller Parteien schon fragen lassen, warum sie keine Frau als Kandidatin gesucht oder gefunden hätten. Es drängte sich der Eindruck auf, als hätte Zekine Özdemir auf diese Frage nur gewartet. Sie beschied mit sichtlichem Vergnügen: „Das ist eine sehr altmodische Frage, denn eigentlich müsste man fragen, wieso wir keinen diversen Kandidaten haben.“ Eins zu Null Zekine Özdemir. Und Helmut Villinger beschied als „Elder“-Stadtrat: „Es gab in Radolfzell schon Frauen, die OB werden wollten, aber gescheitert sind.“ Die Jury-Mitglieder des „Assessment Centers“, neudeutsch für Personalauswahlverfahren, für einen Radolfzeller OB-Kandidaten ließen sich in ihrer Bewertung nicht erschüttern. Norbert Lumbes Schlusswort zu Simon Gröger: „Er passt zu uns und zu unserer Stadt.“ Danach konnten sich wieder alle Köpfe nach vorne Richtung Kandidaten drehen.
Duell, Dreikampf oder Mehrkampf? So ganz entschieden ist die Sache nicht, ob es bei der Oberbürgermeisterwahl 2021 bei diesem Duell Amtsinhaber Martin Staab gegen nur den einen Herausforderer Simon Gröger bleibt. Es sind nicht wenige, die noch mit diesem weiteren Kandidaten rechnen: Jürgen Keck, FDP-Stadtrat und Ex-Landtagsabgeordneter, der trotz eines sehr guten Wahlergebnisses den Wiedereinzug in den Landtag knapp verpasst hat. Keck hält sich noch bedeckt. Beliebtheit ist nicht alles, um sich in das Abenteuer Oberbürgermeister-Wahlkampf in Radolfzell zu stürzen.