Eines ist gewiss in diesem Jahr: Am 1. Dezember läuft die erste Amtszeit von Martin Staab als Oberbürgermeister von Radolfzell ab. Bis zu diesem Zeitpunkt muss die OB-Wahl mit einem möglichen zweiten Wahlgang abgeschlossen sein, dann beginnt eine neue Amtszeit. Staab will wieder kandidieren, eine Gegenkandidatin oder ein Gegenkandidat, die oder der sich traut, hat sich noch nicht aus der Deckung gewagt. Was tatsächlich fehlt, ist ein Wahltermin. Den setzt der Gemeinderat. Im Blick haben alle Fraktionen die Bundestagswahl am 26. September, die viel Aufmerksamkeit der Wähler auf sich zieht. Zwischen diesen beiden Polen bewegen sich die Überlegungen: Die OB-Wahl zeitlich so gut es geht von der Bundestagswahl abkoppeln oder mit einem gemeinsamen Wahltermin möglichst viele Wahlberechtigte ansprechen und die Kosten minimieren.

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Dietmar Baumgartner, Fraktionssprecher der Freien Wähler, bekennt freimütig: „Ich habe mir darüber noch keinen Kopf gemacht.“ Ihm raucht der Kopf eher noch von den Verhandlungen zur Haushaltsplanung in diesem Jahr. Deshalb könnte es sich für ihn aus Kostengründen als sinnvoll erweisen, die OB-Wahl mit der Bundestagswahl zusammenzulegen. „Auf der anderen Seite muss man natürlich auch sehen, dass die OB-Wahl eine wichtige Geschichte für die Stadt ist und vielleicht getrennt betrachtet werden muss.“

„Das Areal ist die letzte große Entwicklungsmöglichkeit der Stadt.“Dietmar Baumgartner, FW
„Das Areal ist die letzte große Entwicklungsmöglichkeit der Stadt.“Dietmar Baumgartner, FW | Bild: SK

Wenn ein Vorschlag der Verwaltung auf dem Tisch liege, will er das Termin-Thema in seiner Fraktion besprechen. Das Kandidaten-Thema stellt sich für die Freien Wähler nicht. Martin Staab sitzt für die Freien Wähler im Kreistag und ist dort ihr Fraktionssprecher, also stellt Dietmar Baumgartner für die Fraktion der Freien Wähler im Gemeinderat Radolfzell fest: „Dass wir keinen Kandidaten suchen, ist auch klar.“

In einem ganz anderen Wahlkampf steckt zurzeit Jürgen Keck. Der Stadtrat der FDP und Vorsitzende der kleinsten Fraktion will wieder als Abgeordneter seiner Partei in den Landtag, da sei die OB-Wahl für ihn im Augenblick noch kein Thema: „Ich konzentriere mich ganz auf die Landtagswahl.“

Jürgen Keck (FDP)
Jürgen Keck (FDP) | Bild: Scherrer, Aurelia

Aber auch er sieht wie Baumgartner einen gewissen Charme darin, die OB-Wahl auf den Termin der Bundestagswahl zu legen: „Aber dafür bräuchte es belastbares Zahlenmaterial von der Verwaltung, ob dadurch der finanzielle Aufwand deutlich gesenkt werden könnte.“

Die Zeit zwischen Bundestagswahl und möglichem Wahltermin ist begrenzt. Der erste Wahlgang müsse einen Monat vor Ablauf der Amtszeit des Amtsinhabers erfolgen, heißt es auf Anfrage aus dem Rathaus. In diesem Fall blieben dann nur noch die fünf Sonntage im Oktober übrig. „Die Zeit ist äußerst knapp“, sagt Norbert Lumbe, Vorsitzender der SPD-Fraktion. Er hält wenig davon, die OB-Wahl „holterdiepolter“ unmittelbar nach der Bundestagswahl anzusetzen: „Es braucht schon drei Wochen Zeit für den Wahlkampf und die Präsentation der Kandidaten.“

Norbert Lumbe (SPD)
Norbert Lumbe (SPD) | Bild: Andreas Kochloeffel

Auch er habe sich zwar noch nicht mit seiner Fraktion über den Termin unterhalten, doch nach Abwägen dieser Gesichtspunkte kämen für ihn eigentlich nur der 17. oder 24. Oktober als Termine für die OB-Wahl in Frage. Lumbe wünscht sich zwar nach seinem demokratischen Verständnis einen weiteren Kandidaten, doch ob ein weiterer Bewerber seinen Hut in den Ring werfe, „weiß man Anfang Februar noch nicht“.

Auch für Bernhard Diehl, Sprecher der CDU-Fraktion, hat der OB-Wahltermin Charme, wenn er getrennt von der Bundestagswahl sei. Nach der Neujahrsansprache von OB Staab steht für den Stadtrat fest: „Mit seiner Erklärung, erneut zu kandidieren, ist der Wahlkampf eröffnet.“

Bernhard Diehl (CDU)
Bernhard Diehl (CDU) | Bild: Jarausch, Gerald

Diehl macht keinen Hehl daraus, dass er sich einen Wechsel im Rathaus wünscht: „Staab wünscht sich einen neuen Gemeinderat, ich wünsche mir einen neuen OB.“ Über einen möglichen weiteren Bewerber möchte Diehl nichts verraten, auch nicht, bis wann die CDU ihn gefunden haben will: „Den Zeitpunkt der Veröffentlichung muss der Kandidat bestimmen“, sagt Diehl.

Siegfried Lehmann als Stadtrat und Sprecher der Fraktion der Freien Grünen Liste hält es da wie Bernhard Diehl: „Es ist kein Geheimnis, dass wir uns einen Wechsel wünschen.“ Die Art, wie Staab Kommunalpolitik mache, passe nicht mit der Auffassung der FGL zusammen: „Das ist immer eine Ein-Mann-Schau.“ Für ihn sei die OB-Wahl deshalb genau so wichtig wie die Bundestagswahl.

Siegfried Lehmann (FGL)
Siegfried Lehmann (FGL) | Bild: Jarausch, Gerald

Lehmann kündigt an: „Meine Fraktion wird sich über den Kalender beugen und dann werden wir uns für einen Termin entscheiden.“ Dann müsse man sehen, ob dieser Termin eine Mehrheit im Gemeinderat finde. „Wir müssen versuchen, uns mit den anderen abzustimmen.“ Was für den Wahltermin gilt, gilt auch bei der Suche nach einem Gegenkandidaten: „Wir müssen nicht unbedingt einen grünen Kandidaten haben“, sagt Lehmann: „Es muss jemand sein, der zu der Stadt passt und vertrauenswürdig ist.“

Verwaltung plant Termin-Entscheidung erst im zweiten Quartal

Noch steht der Wahltermin für die Wahl des Oberbürgermeisters im Herbst nicht fest. Allgemein gilt, der Termin der OB-Wahl darf frühestens drei Monate, spätestens einen Monat vor Ablauf der Amtszeit des Amtsinhabers erfolgen.

  • Den OB-Wahltermin muss der Gemeinderat Radolfzell beschließen. Das Gremium werde sich voraussichtlich erst im zweiten Quartal 2021 mit der OB-Wahl befassen, so Pressesprecher Moritz Schade. Dabei werde voraussichtlich entweder ein Termin Anfang/Mitte Oktober oder die Wahl auf den Termin der Bundestagswahl am 26. festgelegt. „Gegenwärtig sind die internen Abstimmungen jedoch noch nicht beendet und die Vorlagen für die Gremien werden noch erarbeitet. Deshalb bitten wir um Verständnis, dass wir die Fragen zu einem Termin im Moment nicht abschließend beantworten können“, so Pressesprecher Schade.
  • Gemeinsame Wahl: Falls der Gemeinderat eine Zusammenlegung mit der Bundestagswahl beschließen sollte, müsste zwingend zuerst die Bundestagswahl als Parlamentswahl ausgezählt werden, so die Mitteilung der Stadtverwaltung. Das OB-Wahlergebnis stünde zeitlich dann deutlich später fest. Ein zweiter Wahlgang wird notwendig, wenn keiner der Kandidaten mehr als 50 Prozent erreicht. Der Gemeinderat legt auch diesen zweiten Termin fest.
  • Die Kosten für die OB-Wahl 2013 lagen bei rund 92.000 Euro. Grundsätzlich sei ein gemeinsamer Termin mit der Bundestagswahl günstiger, so die Verwaltung. Allerdings läge das Einsparpotenzial deutlich unter den genannten Kosten der Wahl 2013.