Fliegeralarm, Zerstörung, aber auch Diktatur und Grausamkeiten – es sind Erlebnisse aus dem Zweiten Weltkrieg, die heutige Generationen nur aus Dokumentationen kennen. Robert Eck dagegen hat sie selbst in Radolfzell erlebt. Und teilt seine Erfahrungen über den dokumentarischen Interviewfilm „(Un)vergessen“ mit der Öffentlichkeit. Erstellt wurde dieser von seiner Enkelin, der Film- und Medienwissenschaftlerin Constanze Fleiner.

Ob er stolz sei, Deutscher zu sein, wird Eck zum Einstieg des Films gefragt. Die Frage kann der mittlerweile 96-Jährige mit einer kleinen Einschränkung beantworten: „eigentlich schon“. Dabei haben es ihm die Geschichte und die eigene Biografie nicht unbedingt leicht gemacht. Denn der Radolfzeller, Jahrgang 1928, hat die Zeit des Nationalsozialismus als Kind und Jugendlicher bewusst erlebt. Wie diese Zeit in seiner Erinnerung als junger Mensch in Radolfzell war, davon erzählt der rund 20-minütige Film, der jetzt im Rahmen der Sonderausstellung im Stadtmuseum „Diktatur. Krieg. Und danach. Radolfzell 1933–1948“ gezeigt wurde.

Der Alltag in der NS-Zeit

Entstanden ist das Erstlingswerk der jungen Regisseurin im Rahmen ihres Studiums während der Corona-Pandemie. Damals kehrte sie von der Universität in Irland in ihre Heimat Radolfzell zurück und lebte zusammen mit ihrem Großvater in einer Wohngemeinschaft. Das Bild, das der Film zeichnet, ist entsprechend privat und intim. Die Fragen der Enkelin sind aus dem Off zu hören und ihr Protagonist beantwortet diese, während man ihn bei alltäglichen Dingen in den heimischen vier Wänden beobachten kann. Einzig ein visueller Ausflug zur ehemaligen SS-Schießanlage ist eine Ausnahme.

Der Ort, den die Regisseurin bis zur gemeinsamen Begehung mit ihrem Großvater nicht gesehen hatte, ist dem Zeitzeugen noch aus Kinder- und Jugendtagen bekannt. So schildert er unter anderem, wie man die KZ-Häftlinge, die von der SS zum Bau der Anlage gezwungen wurden, regelmäßig in Radolfzell sah, wenn sie zu ihren Arbeitseinsätzen gehen mussten. Gleichwohl gibt er, wie die allermeisten Zeitzeugen der NS-Zeit, heute an, dass man von den Gräueltaten des Regimes nichts gewusst habe.

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Das liegt seiner Meinung vor allem daran, dass es das NS-Regime verstanden habe, möglichst früh eine freie Berichterstattung über die Vorkommnisse auszuschalten. Das ist auch eine der entscheidenden Lehren, die der 96-Jährige aus seiner persönlichen Erfahrung in die heutige Zeit trägt: „Eine freie Presse ist sehr wichtig“, sagte Robert Eck auf eine entsprechende Frage aus dem Publikum nach der Filmvorführung. Parallelen erkennt er im heutigen Russland, wo die Menschen nicht objektiv über den Krieg in der Ukraine informiert werden.

„Die Demokratie ist wichtig“

Seine persönlichen Erlebnisse in dieser NS-Zeit zeichnen das Bild vieler Zwänge: So erlebte er die Zeit im Jungvolk und später in der Hitlerjugend eher als ein lästiges Übel, wie Robert Eck im Film berichtet: „Ich habe das Exerzieren gehasst und mich möglichst oft davon ferngehalten.“ Wie alle seine männlichen Altersgenossen war er als Zehnjähriger zum Jungvolk und vier Jahre später in die Hitlerjugend gekommen.

Eine politische Bildung fand zu dieser Zeit zumindest in der Schule nicht statt, wie er weiter in dem Interview erklärt. Immerhin hat es offenbar einen Lehrer gegeben, der die Schüler vor den Folgen eines Krieges gewarnt hat, was zu der Zeit durchaus nicht ungefährlich für eine Lehrperson war.

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Neben den persönlichen Schilderungen bleibt die Quintessenz des Zeitzeugen im Gedächtnis. Auf die Frage, wie man damals alles rechtzeitig hätte verhindern können, gibt Robert Eck im Film eine eindeutige Aussage: „Die Demokratie ist wichtig. Man muss sich informieren können. Wenn die Zustände erst einmal da sind, dann wird es schwer.“