Nicht nur auf Wahlkampfplakaten oder bei -terminen werben die Kandidaten bei dieser Oberbürgermeisterwahl in Radolfzell um Wählerstimmen. Auch in den sozialen Medien wie Facebook und Instagram spielt sich der Wahlkampf ab. Dabei hatten die Kandidaten Simon Gröger und Martin Staab unterschiedliche Ansätze, wie sie die Radolfzeller über die sozialen Netzwerke erreichen wollen. Aber wie unterscheiden sich ihre Social-Media-Strategien? Und wer ist auf diesen Kanälen erfolgreicher? Ein Überblick.
Simon Gröger
Bürgernähe: Das ist ein Stichwort, das der Herausforderer nicht nur regelmäßig im Wahlkampf betont hat. Für seinen Wahlkampf sollte dieses Thema auch in den sozialen Medien eine wichtige Rolle spielen. Nachdem er am 17. Juni offiziell seine Kandidatur verkündete, stattete er einer Vielzahl von Radolfzellern einen Besuch ab – und hielt dies auf Facebook und Instagram fest. Besucht hat er Vereine, Institutionen, Kirchengemeinden, Tierheime, Jugendliche, Landwirte, Familienbetriebe, Künstler, Gastronomen und viele mehr. Hintergrund war wohl auch, dass er sich im Gegensatz zum Konkurrenten Martin Staab einen Namen machen musste. Zuvor dürfte der Tuttlinger nur den wenigsten Radolfzellern bekannt gewesen sein.
Ein gängiges Bildermotiv auf seiner Facebook- und Instagram-Seite aus dem Wahlkampf: Simon Gröger steht im Rahmen eines Besuchs neben einem Radolfzeller. Anschließend heißt es im Text unter dem Bild: „Besuch bei...“, dann eine kurze Beschreibung des Austauschs, ein freundliches Dankeschön mit Verabschiedung und zum Abschluss noch „Ihr Simon Gröger“.
Zahlreiche Beiträge dieser Art finden sich aus den vergangenen Monaten auf seiner Facebook- oder Instagram-Seite. Neben seinen Besuchen postete er auch regelmäßig Videobotschaften, Stichwörter aus seinem Wahlprogramm, Terminankündigungen sowie Zeitungsberichte über sich.
Seine Beiträge erhielten von Anfang an viele Likes, sowohl auf Facebook als auch auf Instagram. Die Postings wurden von seinen Followern regelmäßig geteilt und kommentiert. Bei kritischen Kommentaren ging Gröger oft mit ausführlichen und lange Antworten auf die jeweiligen Nutzer ein. Seinen beliebtesten Beitrag mit insgesamt 134 Likes postete er am 28. Juli: Dort ist er auf einem Bild mit seiner Frau zu sehen. „Wir wünschen schöne Sommerferien, Ihre Familie Gröger“, steht darauf.
Grögers Social-Media-Strategie schien von Anfang Früchte zu tragen: Mitte Juli durchbrach er die Marke von 1000 Freunden auf Facebook. In der Woche vor der OB-Wahl waren es rund 1900. Zu diesem Zeitpunkt postete er auf Facebook: „Nur noch 125 Facebook-Freunde bis 2000. Schaffen wir das bis zur Wahl?“ Zwar garantieren auch 2000 Follower noch keinen Wahlsieg, aber zumindest Reichweite und Aufmerksamkeit.
Martin Staab
Auch der amtierende OB Martin Staab hat die sozialen Medien für seinen Wahlkampf genutzt. In den Netzwerken trat er aber deutlich später als Kandidat in Erscheinung, nämlich erst in der Nacht zu Samstag, 14. August. Dort postete er, wie er als Erster seine Kandidatur in den Briefkasten des Radolfzeller Rathauses warf.
Anders als sein Herausforderer machte Staab nicht mit einem, sondern gleich auf zwei Facebook-Profilen Wahlkampf: mit einem Kandidatenprofil und einem, das er zuvor als OB bereits genutzt hatte. Möglicher Hintergrund: Auf seinem Kandidatenprofil hatte er knapp einen Monat vor der Wahl nur rund 170 Follower, auf dem Oberbürgermeister-Profil lag die Zahl deutlich höher.
Doch auch abseits der Anzahl an Wahlkampfprofilen unterscheidet sich Staabs Social-Media-Strategie von Gröger. Seine Wahlkampfthemen veranschaulicht er auf Bannern und Bildern von Radolfzeller Orten, die zum jeweiligen Thema passen sollen, beispielsweise das Blurado für „Wirtschaft“, eine Baustelle für „Wohnen“ oder das Solarenergiedorf Liggeringen für „Klimaschutz“. Nicht immer glückt diese Bildsprache, führt sogar manchmal zu Text-Bild-Scheren.
Ein Beitrag hat beispielsweise das Schlagwort „Innenstadt“, auf dem Bild einer nahezu leeren Innenstadtstraße zu sehen und erinnert an Zeiten des Lockdowns. Bei einem anderen Post mit dem Schlagwort „Jugend“ geht es unter anderem um die kommunale Mitgestaltung der jungen Radolfzeller. Zu sehen ist aber eine menschenleere Jugendhütte am Herzenbad.
Wie Gröger postete auch Staab Ankündigungen zu eigenen Wahlkampfterminen, die Kernbotschaften seines Wahlprogramms und Videorundgänge in den Ortsteilen. Anders als beim Herausforderer finden sich auf seinen Profilen aber keine Artikel der Lokalmedien. Auffällig ist bei Staab auch, dass auf seinen Posts von Terminen selten anderen Menschen mit Gesicht gezeigt werden, als er selbst. „Wir haben uns dagegen entschieden“, sagte Staab dazu auf Nachfrage. „Sonst entsteht der Eindruck, dass man die einen besucht, die anderen aber nicht.“
Sein insgesamt beliebtester Post war mit 78 Likes der Beitrag vom 14. August, als er seine Kandidatur in den Briefkasten des Radolfzeller Rathauses warf. Dies war im Laufe seines Wahlkampfs aber ein deutlicher Ausreißer. Andere Facebook-Beiträge erhielten nicht mehr als 27 Likes.
Insgesamt hat Staab im Laufe des Wahlkampfs weniger Beiträge als Gröger gepostet und auch weniger Interaktionen erreicht, sowohl auf Facebook als auch auf Instagram. Oft blieb die Zahl der Likes einstellig und die Kommentare überschaubar. Wenige Tage vor der OB-Wahl hat Staab 1750 Facebook-Freunde und rund 350 Abonnenten bei Instagram. Sein Herausforderer Simon Gröger liegt dagegen bei fast 2000 Facebook-Freunden und bei Instagram bei rund 450 Abonnenten. Inwiefern sich diese Zahlen auch auf das Wahlergebnis auswirken, wird sich am Sonntagabend zeigen.