Wie kann in Radolfzell für ein erträgliches Klima gesorgt werden, wenn in Zukunft die Belastung durch Hitze zunimmt? Wo gibt es derzeit Problemstellen? Mit diesen Fragen setzt sich die Stadtklimaanalyse auseinander, die jüngst erstellt wurde. In der Sitzung des Ausschusses für Planung, Umwelt und Technik stellte Diplom-Meteorologe Rainer Röckle die Ergebnisse vor.

Es wird immer heißer

Er sprach die Aktualität des Themas an: So würden nicht nur die heißen Tage, sondern auch die Wetterextreme zunehmen. Wie der Deutsche Wetterdienst (DWD) 2020 informierte, brachte die jüngste Vergangenheit sowohl in Deutschland, als auch in der Schweiz und in Österreich fast durchgehend Sommer im Rekordbereich. „Die drei heißesten Sommer der Messgeschichte waren alle in den 2000er-Jahren“, heißt es weiter. Die Temperatur der heißesten Sommer vor 1990 seien in den vergangenen 30 Jahren zum Durchschnitt im Sommer geworden.

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Nicht nur tagsüber, sondern auch nachts belasten die hohen Temperaturen die Bevölkerung, schilderte Rainer Röckle – liege die Temperatur da über 25 Grad, so sei die Erholung nur schwer möglich, man schlafe schlechter. Weitere Auswirkungen werden in der Analyse geschildert: Die Anzahl an Hageltagen im Raum Radolfzell könne weiter zunehmen. Durch Hagel entstehen dann nicht nur Schäden an Gebäuden, sondern auch in der Landwirtschaft. Um für Entlastung in der Stadt zu sorgen, seien schattige Bereiche in der Stadt und eine Durchlüftung wichtig, erklärte Röckle. Innerstädtische Grünflächen dienen laut der Analyse als klimatische Ausgleichsräume.

Besonders warm durch stark versiegelte Flächen

Durchlüftung erfolgt in Radolfzell bei windschwachen und wolkenarmen Wetterlagen „durch Kaltluftabflüsse aus den südlichen Rändern der Schwäbischen Alb, sowie den Kaltluftabflüssen an den Hängen des Bodanrückhügellands und der Bodanrück-Homburg-Höhen. Überlagert werden diese Strömungen durch das am Bodensee auftretende Land-/Seewind-System“, heißt es weiter. Das Stadtgebiet von Böhringen bis Mettnau werde so mit Kalt- und Frischluft versorgt. Wichtig sei, dass der Bereich nördlich von Radolfzell von Bebauung freigehalten werde, ermahnte Rainer Röckle, denn dieser sei wichtig für die Durchlüftung. Weitere Siedlungsbereiche werden laut der Analyse durch lokale Hangabwinde während der Abend- und Nachtstunden belüftet.

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Besonders warme Bereiche gibt es laut Rainer Röckle dort, wo stark versiegelte Flächen zu finden sind. Diese hätten ein wärmespeichernde Wirkung, auch in der Nacht kühlen sie nur langsam ab. In Radolfzell ist eine hohe Wärmebelastung laut der Untersuchung in weiten Teilen der Innenstadt und den zentralen Bereichen der meisten Stadtteile zu finden. Stadtrandbereiche dagegen seien durch eine geringere Bebauungsdichte, einen höheren Grünanteil und eine gute Durchlüftung in der Regel weniger belastet. Röckle sah es als wichtig an, den Zugang zum See zu erweitern, damit diese Bereiche, die für Entlastung bei großer Hitze sorgen, besser erreicht werden können. Auf Nachfrage von Oberbürgermeister Martin Staab erklärte er zudem, dass Photovoltaik-Anlagen auf Dächern tagsüber für eine Erhöhung der Wärme sorgen. „Man muss innerstädtisch nicht jede Fläche dafür nutzen“, befand er darum.

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„Wir haben Potenzial“

Jürgen Keck (FDP) merkte an, dass es zudem Sinn mache, eine Nachverdichtung in der Stadt nur „mit Augenmaß“ vorzunehmen, um die Wärmebelastung nicht weiter zu erhöhen. Anja Matuszak (FGL) wollte wissen, ob es hilfreich wäre, möglichst viele Bürger dazu zu animieren, ihre Fassaden zu begrünen. Rainer Röckle antwortete, Begrünung sei wichtig, da bei Hitze Wasser aus den Pflanzen verdampft. Die Folge: „Die Pflanze ist ein Kühlmechanismus.“ Allerdings seien verschiedene Aspekte zu beachten.

Christof Stadler (CDU) schlug vor, mit einer Fassadenbegrünung könne man am Rathaus anfangen, das könne auch ein Hingucker werden. Außerdem schlug er vor, aus Gehwegen Stücke zu entfernen und dort Pflanzen einzusetzen. „Wir haben Potenzial, wir müssen das halt Stück für Stück angehen“, sagte er. Walter Hiller (Freie Wähler) mahnte an, beim Thema Klima sei die Stadt Radolfzell schon viel weiter gewesen als jetzt. Die Konstanzer Brücke etwa sei extra so gebaut worden, damit es eine Durchlüftung der Gleisgegend gebe. „Das Wissen von damals müssen wir wieder aktivieren“, forderte er auf. Bei Bebauungsplänen müsse auf so etwas geachtet werden.

Nach der Stadtklimaanalyse steht nun im nächsten Schritt ein Grünraumkonzept an. Darin sollen die Erkenntnisse der Klimaanalyse aufgegriffen und in räumliche Lösungen für Radolfzell übersetzt werden.