Die St.-Georgs-Kirche mit ihren rund 1000 Jahre alten Wandmalereien über die Wundertaten Jesu ist ein wesentlicher Bestandteil des Reichenauer Welterbes. Um dieses bestmöglich zu erhalten, sind seit mehr als einem Jahr wieder mal Denkmalpfleger im Einsatz.
Restauratorin Dörthe Jakobs vom Landesamt für Denkmalpflege erklärte, es sei gemeinsam mit der Gemeinde und dem Erzbischöflichen Bauamt ein Gesamtpaket geschnürt worden, das man als Pflege- und Wartungsprogramm bezeichnen könne. Dabei ginge es neben den Wandbildern auch um andere Wände etwa in der Vorhalle, die gesamte Raumschale, Fenster, die Holzausstattung und die Krypta.
An vielen Stellen seien Staub und Spinnweben entfernt und diese gereinigt und repariert worden. Außerdem habe es einen Bereich gegeben, in dem ein Riss durch das Mauerwerk ging, dort sei teils das Kittmaterial aus den 1980er-Jahren herausgefallen, auch dies wurde erneuert.
UV- und Infrarotschutz soll Bilder schützen
Nun stünden noch ein paar weitere Maßnahmen an. So werde zum einen an den Fenstern der Südseite ein UV- und Infrarotschutz angebracht. Das sei ein feiner, spezieller Stoff, der verschatte, aber noch Licht in das historische Gotteshaus hinein lasse.
„Damit die Nordseite nicht mehr diese Sonnenbestrahlung abbekommt“, erklärte Dörthe Jakobs. Denn dadurch würden die dortigen Wandbilder ziemlich aufgeheizt. Architekt Christoph Hugenschmidt vom Erzbischöflichen Bauamt in Konstanz kündigte an, dass dieser Schutz im September oder Oktober kommen solle.
Neue Heizung für besseres Klima
Eine weitere Maßnahme zur Regulierung des Raumklimas, das wichtig ist für den Schutz der Bilder, sei der Einbau einer neuen Bankheizung, so Dörthe Jakobs und Christoph Hugenschmidt. Denn die alten Strahler seien aus dem Jahr 1988. „Das ist natürlich nicht mehr Stand der Technik“, so der Architekt.
Um moderne Strahler anbringen zu können, seien unter den Bänken störende Leisten entfernt worden. Zudem würden noch Ventilatoren auf Kaminen im Dach als Deckenlüfter installiert, um die Luftzirkulation und die Abluft zu erhöhen und damit Schimmelbefall auf den Bildern vorzubeugen, so Restauratorin Jakobs. Aktuell gebe es keinen. Diese Ventilatoren würden so gesteuert, dass sie die liturgische Nutzung nicht störten.
Seit ein paar Wochen finden – nach mehr als einem Jahr Corona-Pause – wieder Gottesdienste in St. Georg statt. Alexander Fuchs vom Erzbischöflichen Bauamt fügt an, dass außerdem die Glockenanlage noch gewartet werde. Dabei werde ein Schalldeckel aus Holz über dem Glockenstuhl installiert. „Damit der Schall nicht nach oben weggeht, sondern besser aus dem Schallfenstern kommt, damit es ein besseres Schallerlebnis gibt.“
Mehr Besucher, mehr Staub
Parallel fänden permanent Staubmessungen statt, um zu sehen, wie es sich auswirke, dass derzeit – wie schon im vorigen Jahr nach dem Lockdown – wieder viele Besucher ein- und ausgehen, so Dörthe Jakobs. Wobei schon frühere Messungen gezeigt hätten, dass es eindeutig weniger Staubentwicklung in der Kirche gebe, wenn eine Besucherlenkung wie in den vergangenen Jahren stattfinde – sprich: St. Georg von Frühjahr bis Herbst tagsüber geschlossen bleibe und nur bei Führungen zugänglich sei.
Eigentlich hatte Dörthe Jakobs gehofft, dass dies bereits in dieser Saison wieder so gehandhabt werden könne. Das gehe aber erst, wenn alles installiert sei. Bei den Arbeiten habe es vor allem wegen Corona Verzögerungen gegeben, erklärte Christoph Hugenschmidt. „Wir waren froh, dass wir am Jahresende mit den Malereien durch waren.“
Neue Sonden für Klimasteuerung
Seit dem Jahr 2003 gibt es in der Kirche eine Klimasteuerung. Über Sonden werden die relative Luftfeuchtigkeit und Temperatur gemessen. Und je nach Bedarf öffnen sich dann automatisch Fenster zum Lüften oder die Bankheizung wird aktiviert, um Kondensatbildung auf den Wänden zu vermeiden. „Wichtig ist ein ganz bestimmter Klimakorridor“, erklärt Dörthe Jakobs. Dies werde nun durch die Installation einer neuen Generation von Sonden, die noch feiner messen, genauer abgestimmt.
Dörthe Jakobs betonte: „Entscheidend ist, was an den Malereien passiert.“ Es gebe zwei Steuerungssysteme zur Einhaltung des vorgegebenen Klimakorridors. Das eine sorge dafür, dass je nach Temperatur und Luftfeuchte im Raum die Heizung angeht oder sich Fenster öffnen. Das zweite System, für das die Universität Stuttgart zuständig sei, messe noch differenzierter und sei direkt an die Wandmalereien gekoppelt. Dieses System könne das andere übersteuern, falls ein Problem erkannt werde. „Die kontrollieren permanent, haben die Daten auf dem Rechner.“
Arbeiten kosten 540.000 Euro
Von 2015 bis 2017 hatte ein von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt gefördertes Projekt zur Raumklimastabilisierung und zum Erhalt der durch Umwelteinflüsse gefährdeten Wandmalereien stattgefunden. Denkmalpfleger und Wissenschaftler untersuchten damals die Gefährdung der Wandmalereien durch Klimaschwankungen. „Messungen zu den Belastungen durch Salze, mikrobiellen Befall und Staubpartikel erbrachten neue Erkenntnisse zu den Schadensmechanismen“, erklärte Jakobs.
Die Kosten für die nun laufenden Wartungsarbeiten bezifferte Christoph Hugenschmidt wie vor einem Jahr weiter mit 540.000 Euro. Nach den aktuellen Prognosen könne die Kalkulation eingehalten werden. Bund und Land fördern die Maßnahme zusammen mit 204.000 Euro, erklärte er. Den Rest müssten die Kirchengemeinde und die Erzdiözese bezahlen.