Aller guten Dinge sind drei, heißt es im Volksmund – und aktuell bei der Museumsbahnstrecke Singen-Etzwilen.
Erstens soll in Kürze der Wiedereinbau der Gleise im Bereich des Volksbank-Kreisels erfolgen und damit die letzte Lücke für die durchgehende Fahrt von Stein am Rhein über die historische Rheinbrücke aus dem Jahr 1874 und die Landesgrenze in den Bahnhof Singen bis im Herbst dieses Jahres möglich werden.

„Damit kann die Museumsbahn direkt in die rasch wachsende Stadt am Hohentwiel fahren und ihr Einzugsgebiet massiv ausdehnen“, erklärt Werner Wocher vom Museumsbahnverein. Zweitens konnte der Verein über die Stiftung Museumsbahn die historische Drehscheibe und Abstellgleise im Bahnhof Etzwilen erwerben, wo eine Lokremise entstehen soll.

Und drittens will das Land Baden-Württemberg bis Ende 2020 prüfen, ob die Bahnstrecke nicht reaktiviert werden soll, wie Verkehrsminister Winfried Hermann ankündigt. Die Initiative Bodensee-S-Bahn (IBSB) hatte beantragt, dass die Etzwiler Bahn wie landesweit 40 andere stillgelegte Strecken überprüft wird, wie Ralf Derwing als deutscher Vertreter der grenzüberschreitenden Initiative erklärt: „Sie stellt im westlichen Bodenseebereich eine Verbindung zwischen zwei Bahnknoten her.“ So könne der westliche Bodenseeraum direkt mit Winterthur verbunden werden. „Und damit auch einen deutlichen Beitrag in Sachen Klimaschutz und Verkehrswende leisten“, fordert Derwing kommunale Entscheidungsträger auf, dieses Anliegen zu unterstützen.
Offene Ohren findet er bei der Grünen-Landtagsabgeordneten Dorothea Wehinger: „Ich freue mich, dass eine Wiederinbetriebnahme der stillgelegten Etzwiler Bahn für möglich erachtet wird und die Strecke dahingehend untersucht wird.“ Die Reaktivierung könne helfen, die Verkehrssituation zu entlasten. Noch wird nur eine Teilstrecke als Museumsbahn genutzt.

Anhand einer Machbarkeitsuntersuchung soll ausgewählt werden, welche Strecken-Reaktivierungen förderungswürdig sind. Bis Ende 2020 sollen Fahrgastpotenzial und Investitionsbedarf untersucht werden. „Am Ende bleiben voraussichtlich 15 Strecken übrig“, so Hermann. Wenn die kommunale Seite sich für eine Reaktivierung entscheide, können Fördermittel vom Land beantragt werden. Infrage kommen dabei Strecken mit hohem Fahrgastpotential. Außerdem müssen die zu erwartenden Investitionskosten bei einem volkswirtschaftlichen Bewertungsverfahren einen positiven Nutzen erwarten lassen. Bis Herbst 2020 soll klar sein, welche Streckenreaktivierungen für die jeweiligen Regionen den größten volkswirtschaftlichen Nutzen bieten.

Gut angelegt ist laut Museumsbahnverein die Investition für Gleis-Areal in Etzwilen. Mit dem Bau einer Remise könnte eine Dampflokomotive dauerhaft stationiert werden. Zur Finanzierung sei der Verein jedoch auf Unterstützung angewiesen. Die Stiftung rechnet mit kosten von rund einer Million Euro.
Vier Fakten zum Verfahren
- Teststrecke alternativer Antriebstechnologien: Laut Ralf Derwing von der Initiative Bodensee S-Bahn könnten Konzepte wie Akku, Wasserstoff, Hybrid oder verbesserte Diesel zum Einsatz kommen. „Interessant im Falle der Verlängerung der S29 wäre eine Hybridlösung, bei der die Fahrzeuge unter Fahrdraht Strom für die Ladung von Batterien aufnehmen, entweder in Singen oder in Winterthur/Etzwilen.“ Die Strecke misst nur 13 Kilometer, hat ein einfaches Profil, höhere Geschwindigkeiten werden nicht benötigt. Es drohen im Betrieb also keine besonderen Herausforderungen.
- Erfolgreiche Reaktivierungen vergangener Jahre: Manche Schienenstrecke ist attraktiver, als angenommen. Dies gilt unter anderem für die beiden im Jahr 1996 wieder in Betrieb genommenen Bahnen Seehäsle zwischen Radolfzell und Stockach (Landkreis Konstanz) und Schönbuchbahn zwischen Böblingen und Dettenhausen, sowie für die 1999 reaktivierte Ammertalbahn zwischen Tübingen und Herrenberg.
- Machbarkeitsuntersuchung bereits 2018 angestoßen: In einem Beteiligungsverfahren wurden von kommunale Gebietskörperschaften sowie von Verkehrsverbänden Vorschläge aus regionaler Sicht für mögliche Reaktivierungsstrecken eingeholt. Dabei wurden insgesamt 75 Strecken vorgeschlagen. Nach fachlicher Prüfung blieben 41 Strecken übrig, die für eine Reaktivierung in Frage kommen.
- Museumsbahnverein eröffnet Museum: Ein kleines, aber bahngeschichtlich interessantes Museum haben die Aktiven vom Museumsbahnverein im Hemishofener Bahnhof eingerichtet und so eine weitere Ergänzung zur Museumsbahn geschaffen, wie VES-Co-Präsident Werner Wocher mitteilt.