Die Unterbringung von Geflüchteten stellt die Gemeinden vor schier unlösbare Aufgaben, denn Wohnraum im Bestand fehlt. Rielasingen-Worblingen soll jetzt aber doppeltes Pech haben: Die Leichtbauhalle auf der Talwiese soll bleiben und die Gemeinde ab 2025 trotzdem 140 Geflüchtete unterbringen. Die Notunterkunft Leichtbauhalle soll auf Wunsch des Landkreises bis Ende 2025 und damit ein Jahr länger als bisher geplant stehen bleiben – aber nur als Reserve, falls die Zahlen wieder ansteigen, und ab Juni vorerst unbewohnt.
„Das ist nicht zumutbar“, erklärte Bürgermeister Ralf Baumert zur Doppelbelastung Leichtbauhalle und mehr Geflüchtete. Die Gemeinde ist nach der derzeitigen Verteilungsquote von Geflüchteten des Landkreises aufgrund der Arlener Notunterkunft mit 67 Personen im Plus. Das würde sich ab 2025 schlagartig ändern. Denn nur bis Ende 2024 bekommt die Gemeinde noch als Zugeständnis für die Leichtbauhalle 80 Prozent der in der Halle untergebrachten Flüchtlinge auf ihre Zuweisungsquote angerechnet. Bis dahin sollte der Pachtvertrag ursprünglich laufen.
Der Gemeinderat will jetzt für die Vertragsverlängerung eine Gegenleistung, die Entscheidung über die Verlängerung wurde auf eine Sondersitzung am 8. Mai vertagt. In einer vergangenen Sitzung hatte der Gemeinderat beschlossen, einen Ausschuss zu bilden, der Möglichkeiten der Unterbringung auch in einem Neubau ausloten soll.
Bereits im November 2023 hatte der Gemeinderat einer Verlängerung des Pachtvertrags für das Grundstück, auf dem die Halle steht, bis Ende 2024 zugestimmt. Dieser Vertrag sollte ursprünglich nach einem Jahr bereits Ende Juni 2024 enden. Die Gemeinde wollte mit der Verlängerung erreichen, dass die Sporthallen weiterhin für Schul- und Vereinssport frei bleiben können. Denn um die Quote ohne Halle erfüllen zu können, fehlt Wohnraum, daher müssten Hallen oder ein Neubau für die Unterbringung genutzt werden. Doch das braucht Zeit.
Flüchtlinge sollen nach Engen und Gottmadingen ziehen
Derzeit sind Stand 1. April in der Gemeinde 405 Geflüchtete untergebracht, plus die 133 Menschen, die in der Leichtbauhalle leben, wie Gemeinde-Sprecherin Sandra Bossenmaier auf Nachfrage mitteilt. Wie Monika Brumm, Leiterin des Amtes für Migration beim Landkreis, im Gemeinderat darlegte, will der Kreis diese 133 Geflüchteten nun im Mai auf andere Unterkünfte in Engen und Gottmadingen verteilen. Das würde bedeuten, dass ab Juni keine Geflüchteten mehr in der Leichtbauhalle leben.
In Engen und Gottmadingen gebe es wieder freie Plätze in festen Unterkünften wie der alten Stadthalle Engen, da die Unterkünfte im Kreis derzeit nur zu 75 Prozent ausgelastet seien. Das könne sich aber schnell wieder ändern. Erfahrungsgemäß kämen in der zweiten Hälfte des Jahres mehr Flüchtlinge. Deshalb will der Kreis im Herbst über eine Neubelegung der Halle entscheiden.
Halle ist „schlechtester Standort“
„Die Leichtbauhalle ist unser schlechtester Unterbringungsstandort“, erklärte Monika Brumm. In der Halle, die für bis zu 350 Menschen Platz bietet, gebe es kaum Privatsphäre. Die Geräuschbelastung durch die Heizung sorge für Beschwerden der Anwohner. Hier habe der Kreis versucht, nachzubessern, doch das sei bisher nicht gelungen. An diesem Thema wolle man aber dranbleiben, erklärte die Amtsleiterin. Die Kreisverwaltung komme deshalb so frühzeitig auf die Gemeinde zu, weil auch der Kreisrat und das Regierungspräsidium der Regelung zustimmen müssten.
Die Kreisverwaltung sei für die erste Verlängerung des Pachtvertrags der Gemeinde insoweit entgegengekommen, dass 80 Prozent oder bis zu 140 der in der Leichtbauhalle untergebrachten Geflüchteten auf die Zuweisungsquote der Gemeinde angerechnet würden, berichtet Bürgermeister Ralf Baumert. Eine ähnliche Regelung wünschen sich Verwaltung und Gemeinderat jetzt auch für eine Verlängerung des Pachtvertrags. Bei einer Anrechnung von 70 Prozent müsste beispielsweise für nur 40 Geflüchtete eine Bleibe gefunden werden.
Gemeinderäte fühlen sich überrumpelt
CDU-Gemeinderat Volkmar Brielmann fühlte sich, wie viele andere Gemeinderäte, von den Plänen des Kreises überrumpelt: „Wir haben das heute erfahren und sollen heute entscheiden.“ Die Pläne des Kreises und die Vorgaben zur Unterbringung seien für die Gemeinden wie ein Lotteriespiel und Rielasingen-Worblingen habe jetzt doppeltes Pech, wenn die Halle stehen bleibe und gleichzeitig 140 Menschen untergebracht werden müssten.
Er tue sich mit einer Entscheidung schwer und wünsche sich, dass die Gemeinde als Gegenleistung für Verlängerung des Pachtvertrags weniger Flüchtlinge unterbringen muss. Hermann Wieland, Freie Wähler, machte seinem Unmut Luft: „Ich finde, das ist der Hammer. Uns wird die Pistole auf die Brust gesetzt. Das funktioniert so nicht.“ Auch sein Fraktionskollege Holger Reutemann wünschte sich ein Entgegenkommen des Kreises: „Das ist mir zu einseitig, da mache ich nicht mit.“

Die Gemeinderäte wollten unter diesen Bedingungen nicht entscheiden und sprachen sich dafür aus, dass die Gemeinde noch einmal mit dem Kreis verhandelt. Das will Bürgermeister Ralf Baumert tun. Amtsleiterin Monika Brumm nahm die Forderungen nach Konstanz mit. In einer außerordentlichen Gemeinderatssitzung am Mittwoch, 8. Mai, will der Gemeinderat das Thema erneut diskutieren und entscheiden, am Montag, 13. Mai, soll das Thema im Kreistag besprochen werden.