Das war ein Paukenschlag: CDU-Chef Friedrich Merz (67) hat Ende Juli eine Zusammenarbeit mit der Alternative für Deutschland (AfD) in den Kommunen für möglich erklärt. Inzwischen ist der CDU-Politiker zwar zurückgerudert, doch seine Aussage hat ihm viel Kritik beigebracht. Auch in Rielasingen-Worblingen. Zur Erinnerung: Dort sitzt mit Axel Politz ein Gemeinderat für die AfD im Gremium.

30 Prozent, drei Viertel, ein Drittel – ganz schön mickrig

Unabhängig von politischen Zielen bezeichnet das Gros der Gemeinderatsfraktion in Rielasingen-Worblingen die Zusammenarbeit mit der AfD als schwierig beziehungsweise schwierig zu beurteilen. Das hänge mitunter an der geringen Anwesenheit des AfD-Mannes bei Ratssitzungen zusammen. Die Fraktion der Grünen wird deutlich. In einer gemeinsamen Stellungnahme aller Fraktionsmitglieder heißt es auf Anfrage: „Im Gegensatz zum Vertreter der AfD, der in dieser Sitzungsperiode bislang bei fast 70 Prozent der Sitzungen nicht anwesend war, nehmen wir sehr konsequent an den Gemeinderatssitzungen teil.“

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Auch die CDU-Fraktion beziffert die AfD-Anwesenheit im Gremium in den vergangenen drei Jahren auf etwa jede vierte Sitzung. Die SPD-Fraktion nennt 33 Prozent als realistische Zahl. „Wenn er anwesend ist, dann äußert er sich nur selten, sodass wir keine Ahnung von seiner Meinung, Ansicht oder seinen Zielen haben können“, schreibt Reinhard Zedler für die SPD. Lediglich die sozialen Medien würden einen kleinen Einblick in die Ziele der AfD in der Doppelgemeinde geben. Diese seien aber aus Sicht der SPD „eher populistisch und extrem“.

Reinhard Zedler (SPD): „Der Gemeinderat der AfD hat bis heute lediglich 33 Prozent der Sitzungen teilgenommen.“
Reinhard Zedler (SPD): „Der Gemeinderat der AfD hat bis heute lediglich 33 Prozent der Sitzungen teilgenommen.“ | Bild: SK

Eine Statistik zur Anwesenheit der Räte führt die Gemeindeverwaltung allerdings nicht und verweist auf die einzelnen Sitzungsprotokolle.

Lieber ins Warme, als ins Politische

Und Axel Politz (AfD) selbst? Der SÜDKURIER hat ihn mit diesen Zahlen konfrontiert. „Diese Kritik nehme ich sehr ernst“, sagt er. Politz habe sich deshalb dazu entschieden, auf der Wahlliste zur Gemeinderatswahl 2024 auf einem der hinteren Plätze zu kandidieren. „Damit möchte ich das Signal an die Wähler senden, dass die AfD auch viele andere gute Kandidaten hat, die das ganze Jahr in der Heimat verbringen“, so Politz weiter.

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Denn seine häufige Abwesenheit habe einen Grund: Nach einem unverschuldeten Unfall sei er frühpensioniert, ihm bekomme das deutsche Klima im Winter nicht. „Im Interesse meiner Gesundheit verbringe ich deshalb schon seit vielen Jahren die bei uns kalte Jahreszeit mehrere Monate in wärmeren Gefilden“, sagt er. Dies hindere ihn aber nicht daran, trotzdem regelmäßig online in die Sitzungsunterlagen zu schauen und sich über die Arbeit des Gemeinderates auf dem Laufenden zu halten.

Zusammenarbeit – ausgeschlossen!

Eine mögliche Zusammenarbeit mit der AfD auf kommunaler Ebene wird in Rielasingen-Worblingen unterschiedlich beurteilt. „Eine Zusammenarbeit mit der AfD findet definitiv nicht statt“, schreibt Volkmar Brielmann (CDU) etwa auf SÜDKURIER-Nachfrage. Aber man müsse sich mit der Realität vor Ort auseinandersetzen. „Wenn man im Interesse der Bürger etwas voranbringen will, dann darf es doch nicht daran scheitern, dass die AfD das auch so mitträgt.“

Volkmar Brielmann (CDU): „Eine Zusammenarbeit mit der AfD findet definitiv nicht statt.“
Volkmar Brielmann (CDU): „Eine Zusammenarbeit mit der AfD findet definitiv nicht statt.“ | Bild: Simon Feuerstein

Auch für Reinhard Zedler (SPD) könne von einer Zusammenarbeit keine Rede sein: „Er (Axel Politz, Anm. d. Red.) hat auch von seiner Seite aus nie eine Zusammenarbeit angefragt. Von uns aus wird es auch keine geben.“ Für Dagmar Eisenhart (Grüne) sei eine Zusammenarbeit grundsätzlich nicht vorstellbar.

Beim sogenannten Bürgerdialog der AfD kam es im Vorfeld zu einer Gegendemonstration der Antifa vor der Talwiesenhalle.
Beim sogenannten Bürgerdialog der AfD kam es im Vorfeld zu einer Gegendemonstration der Antifa vor der Talwiesenhalle. | Bild: Freißmann, Stephan

Hermann Wieland (FWV) betont, dass die AfD demokratisch gewählt sei. „Wenn wir diese Wähler ignorieren, ignorieren wir auch die Demokratie“, sagt er. „Sicherlich gibt es auch politische Übereinstimmungen mit der AfD. Es kann jedoch nicht sein, dass man dann in die rechte Ecke geschoben wird“, sagt Wieland. Und es könne auch nicht sein, dass andere Fraktionen die Punkte, welche die AfD vertritt, nicht vertreten dürften. „Es geht doch darum, dass Ratsmitglieder die Anliegen und Bedürfnisse der Bürger verstehen und vertreten und nicht um parteiideologische Grundsätze“, so Wieland weiter.

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Axel Politz sieht das anders: Er könne seine Punkte nur direkt in den Ratssitzungen einbringen, da er als Einzelvertreter keinen Fraktionsstatus genieße und nicht an Fraktionssprechersitzungen teilnehmen könne. Aber laut Politz werde sich dies ändern: „Der neu gegründete AfD-Ortsverband Höri-Rielasingen-Worblingen arbeitet bereits intensiv daran, dass wir im künftigen Gemeinderat Fraktionsstärke erreichen.“

Gibt es Überschneidungen mit der AfD?

Für Hermann Wieland (FW) ist die Sache klar: „Die kommunalen Ziele der AfD sind uns nicht bekannt.“ Er betont aber auch, dass es oftmals Unterschiede unter allen Fraktionen gebe. „Letztendlich arbeiten wir doch alle daran und es ist auch unsere Verpflichtung, das bestmögliche Ergebnis für unsere Gemeinde zu erzielen“, so Wieland.

Hermann Wieland (FWV): „Die kommunalen Ziele der AfD sind uns nicht bekannt.“
Hermann Wieland (FWV): „Die kommunalen Ziele der AfD sind uns nicht bekannt.“ | Bild: Arndt, Isabelle

Für Volkmar Brielmann (CDU) gibt es ebenfalls keine politischen Überschneidungen. Auch er verweist diesbezüglich auf den Facebook-Auftritt seines AfD-Ratskollegen: „Die Äußerungen seinerseits findet man nur in den Sozialen Medien, diese sind dann doch sehr extrem und tragen nicht dazu bei, in der Kommune sachlich weiterzukommen“, so Brielmann. Grundsätzlich bereite seiner Fraktion Sorge, dass die Kommunikation aus der AfD heraus die Gesellschaft spalten werde.

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Enthaltung, Zustimmung – Hauptsache anwesend

Axel Politz (AfD) schreibt auf Anfrage, dass im Gemeinderat in vielen Sachfragen Einigkeit herrsche – etwa bei der Anschaffung eines neuen Feuerwehrautos. Anders sehe es bei Themen wie Freiflächen-Photovoltaik-Anlagen aus, der Anschaffung von E-Autos oder der Genehmigung der Flüchtlingsunterbringung bei der Talwiesenhalle. Dort sei er in der Regel die einzige Gegenstimme. „Wobei ich es schon als Unterstützung werte, wenn es aus den anderen Fraktionen zumindest ein paar Enthaltungen gibt“, sagt er.

„Das hat nichts mit Zusammenarbeit zu tun!“

„Unsere politischen Ziele und Werte unterscheiden sich fundamental von denen der AfD, insbesondere in Bezug auf Umweltschutz, soziale Gerechtigkeit, Gleichberechtigung und Menschenrechte“, schreibt Dagmar Eisenhart stellvertretend für die Grünen.

Dagmar Eisenhart (Grüne): „Unsere politischen Ziele und Werte unterscheiden sich fundamental von denen der AfD.“
Dagmar Eisenhart (Grüne): „Unsere politischen Ziele und Werte unterscheiden sich fundamental von denen der AfD.“ | Bild: Frank Müller

Aber: Beschlussvorschläge oder Anträge dürften nicht danach beurteilt werden, ob sie im Sinne der Grünen richtig seien, und nicht danach, ob auch die AfD dafür oder dagegen sei. Ein Beispiel dafür, sei die einstimmige Annahme von Bürgerspenden in der jüngsten Sitzung. „In einem solchen Fall wäre es unsinnig, nur dagegen zu stimmen, weil der AfD-Vertreter dafür ist“, sagt sie. Aber Eisenhart stellt klar: Dies habe dann nichts mit Zusammenarbeit zu tun.

Erst meckern, wenn die Leichtbauhalle steht

Und zum Thema Flüchtlingsunterbringung ist ein Umstand interessant: Laut Sitzungsprotokoll der Gemeindeverwaltung war AfD-Mann Politz bei der finalen Entscheidung für oder gegen den Bau der Leichtbauhalle nicht anwesend. Volkmar Brielmann (CDU) bestätigt: „Bei der Entscheidung, ob diese Halle kommen soll und auch warum, war von der AfD ja nichts zu hören. Der AfD-Gemeinderat war in dieser Sitzung auch nicht anwesend.“

Den Bau der Leichtbauhalle nun als Aufhänger zu nehmen, um die Baupolitik des Kreises und der Gemeinde schlecht zu reden, sei nicht zielführend. Bei der Kritik an der Leichtbauhalle sei Politz seiner Meinung nach nur „Sprachrohr einiger AfD-Anhänger“, die als Zuschauer anwesend waren, gewesen.