Manchmal entzündet sich ein Streit an einfachen Dingen. In Rielasingen-Worblingen geht es derzeit um Toiletten. Allerdings nicht irgendwelche Toiletten, sondern die Schüler-WCs in der Ten-Brink-Schule (TBS). Denn die sind im Kommunalwahlkampf – neben anderen Aspekten des lokalen Geschehens – zum Politikum geworden.

Was war geschehen? In einer Werbebroschüre der AfD, die Ende Mai in Rielasingen-Worblingen verteilt wurde, heißt es: „Die Ten-Brink-Schule fiel zuletzt durch das Aushängen der Türen in den Toiletten wegen Drogenkonsums auf.“ Gemeint sind damit die Türen zu den einzelnen Toilettenkabinen, wie auch aus anderen Quellen hervorgeht. Vor allem Mädchen, die wegen der Regelblutung Hygieneartikel nutzen müssen, hätten sich daher nicht mehr auf die Toilette getraut, heißt es weiter in dem Abschnitt, mit dem sich Janine Steiner, Gemeinderatskandidatin der AfD auf Listenplatz zwei, vorstellt.

Schule spricht von Falschnachrichten

Dagegen wehrt sich die Schule und die anderen Fraktionen des Gemeinderats haben zu diesem und weiteren Themen der AfD-Wahlwerbung einen Widerspruch verfasst. Die AfD rudert in der Frage der Toilettentüren zurück – zumindest ein wenig. Doch Thorsten Otterbach, Sprecher des AfD-Ortsvereins Rielasingen-Worblingen-Höri, hält die Kritik auch teilweise aufrecht.

Doch von vorne: Leiterin Birgit Steiner und Konrektorin Julia Reiser von der Ten-Brink-Gemeinschaftsschule berichten, wie die Sache ihren Anfang nahm. Nämlich mit Herausforderungen – neudeutsch Challenges genannt – wie es sie hauptsächlich auf der Plattform Tiktok gibt, unter dem Titel „Destroy your school“, zu Deutsch „Zerstöre deine Schule“. Auch an der TBS hätten sich Schülerinnen und Schüler daran beteiligt, so die Schulleitung. Es wurde verschmiert, auf Klopapierhalter geklettert, die Toiletten verstopft und Ähnliches. Auch Wasserpistolen seien zum Einsatz gekommen.

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Auslöser war eine Tiktok-Challenge

Da die TBS großen Wert auf Respekt lege – auch dem Reinigungspersonal gegenüber – und Gewalt nicht toleriert werde, sah sich die Schulleitung gezwungen, Maßnahmen zu ergreifen. „Um die beiden großen Toiletten, die hauptsächlich betroffen waren, ständig zu beaufsichtigen, fehlen die Lehrkräfte – abgesehen davon, dass dies nicht Aufgabe von Lehrenden sein kann“, erklärt Schulleiterin Birgit Steiner – die mit AfD-Kandidatin Janine Steiner übrigens weder verwandt noch verschwägert ist.

Birgit Steiner an der Tür zum Waschraum
Birgit Steiner an der Tür zum Waschraum | Bild: Dagmar Wenzler-Beger

Mit Zustimmung von Elternbeirat und Schulkonferenz, einem Gremium aus Vertretern von Schulleitung, Lehrern und Schülern, habe sich die Schulleitung entschieden, die Türen zwischen den Schulfluren und den eigentlichen Toilettenräumen der beiden hauptsächlich frequentierten WCs zeitweise zu entfernen. Die Pausenaufsicht habe dadurch einen besseren Einblick bekommen und die Schülerinnen und Schüler hätten sich beobachtet fühlen sollen.

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Zu keinem Zeitpunkt sei es aber darum gegangen, die Türen der Kabinen zu entfernen, betonen die beiden Frauen aus der Schulleitung. Die Privatsphäre sei selbstverständlich nach wie vor gewahrt gewesen. Auch alle anderen Toiletten, die es in der Schule gibt, seien von der Maßnahme unberührt geblieben.

Erfundene Begebenheiten verbreiten sich

Auch die Darstellung, es sei zu Drogenkonsum gekommen, sei nicht korrekt, betont die Schulleiterin. Ähnlich reagiert sie auf die Darstellung, Mädchen hätten sich während der Tage der Regelblutung deswegen nicht mehr in die Schule getraut. Schulleiterin Birgit Steiner habe AfD-Kandidatin Janine Steiner auch zum persönlichen Gespräch eingeladen – das habe aber nicht verhindert, dass die laut Steiner erfundenen Begebenheiten verbreitet wurden.

Abgetretener Papierspender
Abgetretener Papierspender | Bild: Dagmar Wenzler-Beger

Der Leitung der TBS ist klar, dass auch andere Schulen mit solchen Tiktok-Trends zu kämpfen haben. Fazit sei aber, dass die erzieherische Maßnahme des Tür-Aushängens gegriffen habe. Seither habe es keine Vorfälle mehr an der Schule gegeben, die Toiletten seien auch am späten Vormittag noch sauber. Viele Eltern hätten sich bei ihnen gemeldet, erzählen Birgit Steiner und Julia Reiser, die sich entsetzt darüber gezeigt hätten, wie ungeprüfte Falschaussagen und Behauptungen über die Schule kommuniziert würden. Gleichzeitig hätten sie der Schulleitung den Rücken gestärkt. Für diese Solidarität zeigen sich Steiner und Reiser dankbar.

Schulleiterin Birgit Steiner an der Mädchentoilette
Schulleiterin Birgit Steiner an der Mädchentoilette | Bild: Dagmar Wenzler-Beger

Fehlinformation aufgesessen

Thorsten Otterbach, Sprecher des AfD-Ortsvereins Rielasingen-Worblingen-Höri, rudert in einer Stellungnahme zum Thema zum Teil zurück. Es seien tatsächlich nicht die Türen zu den einzelnen Toilettenkabinen ausgehängt worden, gibt er nun zu. In dieser Hinsicht sei man offenbar einer Fehlinformation aufgesessen. Dies sei von einem Elternteil mitgeteilt worden, so Otterbach. Fotos als Belege seien zwar angefordert worden, aber nie eingegangen. Dann habe man in Druck gehen müssen. Und er gibt zu bedenken, dass durch die ausgehängte Tür zumindest an der Jungentoilette der Blick aus dem Korridor auf die Urinale frei gewesen sei.

Otterbach sagt aber auch, dass die elektronische Version der Wahlkampfbroschüre mittlerweile korrigiert sei. An der entsprechenden Stelle blieb es bei der Formulierung „Aushängen der Türen in den Toiletten“. Entsprechenden Problemen müsse man aber begegnen, ohne die Intimsphäre beispielsweise von an den Urinalen stehenden Jungen zu verletzen.

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Fraktionen stellen sich gegen Behauptungen

Auch die anderen Fraktionen im Gemeinderat CDU, Freie Wähler, Grüne und SPD wehren sich mit einer gemeinsamen Erklärung gegen die Vorwürfe aus der AfD-Wahlwerbung: Solche unwahren Behauptungen würden nicht nur der Schule und der „engagierten Elternarbeit“ schaden, sondern auch den Kindern, die die Schule besuchen, heißt es darin. Die Fraktionssprecher trugen diese Stellungnahme in der Gemeinderatssitzung am Mittwochabend vor.

Darin wehren sie sich auch gegen andere Behauptungen aus dem Wahlprospekt der AfD. Dort werde zum Beispiel behauptet, dass der Projektausschuss eine Containerlösung zur Anschlussunterbringung empfohlen habe. Dieser Projektausschuss ist erst gegründet worden und hat noch gar keine Empfehlung ausgesprochen. Auch anderen Aussagen zum Feuerwehrhaus oder zur Kinderbetreuung widersprachen die Fraktionen.

So wolle die AfD im Prospekt das neue Feuerwehrhaus als Zweckbau konzipiert wissen, so sei es aber von Anfang an auch konzipiert gewesen, sagen die Fraktionen. Die Gemeinderäte sehen ihre Arbeit zum Wohl der Gemeinde durch Desinformation in ein schlechtes Licht gerückt.