Man muss die neue Verordnung der Landesregierung zur Bekämpfung der weiteren Ausbreitung des Corona-Virus sehr präzise lesen, um klar zu sehen. Da steckt sogar für Markus Berger, Leiter des Singener Ordnungsamtes, der Teufel im Detail. Einzelne Fragen, welche Betriebe noch öffnen dürfen, müssen noch vom Regierungspräsidium in Freiburg geklärt werden.
Die Landesregierung hatte die neuen Verhaltensregeln zur Eindämmung der Corona-Pandemie in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch verabschiedet und als Verordnung mit Datum vom 17. März 2020 über den Städtetag an die Gemeinden versandt.
Bereits am Morgen um 6.30 Uhr verschickte die Geschäftsführerin von Singen aktiv, Claudia Kessler-Franzen, die aktuellste Version von Oberbürgermeister Bernd Häusler an die Mitglieder des Stadtmarketingvereins. Die meisten Händler hatten sich bereits seit Tagen mit einem Notfallplan beschäftigt, der ab sofort gelte, sagt Claudia Kessler-Franzen. „Das ist jetzt eine große Herausforderung für alle Betriebe“, sagt sie. Einige Betriebe informierten ihre Kunden über eigene Newsletter und sind über den Internethandel erreichbar. „Jeder Händler hat für sich einen Notfallplan erarbeitet“, weiß die Stadtmarketing-Chefin. „Alle haben damit gerechnet, dass Läden geschlossen werden müssen. Ungewiss war nur, ab wann dieses Szenarium Realität wird.“ Fest steht nun auch, dass überhaupt keine Veranstaltungen mehr stattfinden dürfen, auch nicht solche mit weniger als 50 Personen.
Lebensmittelgeschäfte, Apotheken, Drogeriemärkte, Banken, Geschäfte für Heimtierbedarf und Heimwerkermärkte dürfen weiterhin geöffnet bleiben. Auch Großhandelsmärkte sind von der Schließung nicht betroffen. Am härtesten trifft es nach der ersten Schließungswelle aller Kulturstätten die kleinen Einzelhandelsgeschäfte in der Innenstadt. Handwerker und Dienstleister dürfen ihrer Arbeit weiter nachgehen.

Hier stellen sich aber selbst für den Fachmann Markus Berger einige Fragen: „Was ist mit den Optikern? Solange sie Brillen reparieren, dürfen sie ihr Geschäft weiter öffnen. Nebenbei noch schnell eine Sonnenbrille verkaufen, ist nicht erlaubt.“ Darüber hinaus gilt: Nur einzelne Besucher dürfen die Verkaufsräume betreten.
Die meisten Regeln der Verordnung sind klar. Die Versorgung soll gesichert bleiben. Bäcker, Metzger, Supermärkte, Getränkemärkte, der Wochenmarkt, Hofläden, Lieferdienste bleiben geöffnet. Speisegaststätten dürfen von 6 bis 18 Uhr öffnen, müssen aber sicherstellen, dass die Gäste einen Abstand von 1,5 Meter einhalten können.
Doch was ist als Speisegaststätte zu bewerten? „Da sind wir unsicher“, sagt Markus Berger. Diese Frage will er ebenfalls im Regierungspräsidium klären lassen, weil das Land keine Ausführungshinweise mit der Verordnung mitgeliefert hat. „Manche Betriebe haben auf Straßenverkauf umgestellt, weil da das Infektionsrisiko minimiert wird“, weiß er. Sicher ist, dass Eisdielen geschlossen bleiben müssen. In Singen gibt es aber auch Betriebe, die neben Eis auch Pizza und Pasta servieren. „Wir sind der Meinung, dass alle Gaststätten, die einen Mittagstisch anbieten, als Speisegaststätten gewertet werden können“, sagt Berger. Er weiß, dass eine Schließung für viele Kleinunternehmen zur Existenzbedrohung werden kann. Schon jetzt fragen Unternehmer in der Verwaltung nach, was überhaupt noch erlaubt ist. Die differenzierte Auslegung der Verordnung werde Diskussionen bringen, ist Berger überzeugt.
Die Mitarbeiter im Amt für öffentliche Ordnung telefonieren alle Betriebe ab und weisen sie auf die Verordnung hin. „Die Geschäftsleute sind weitgehend vernünftig“, sagt Berger. Bereits am Dienstag hatten einige Betriebe wie das Bekleidungshaus Heikorn darauf hingewiesen, dass das Geschäft ab 18. März geschlossen bleibt. Seit Mittwoch morgen hat sich die Lage für die Betriebe weiter verschärft. Die Verordnung gilt vorerst bis zum 19. April.
Kontrollen und Strafen
Nur wenn die Verordnung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie eingehalten wird, kann sie ihre Wirkung entfalten.
- Kontrollen: Die Stadt Singen will das mit ihren eigenen städtischen Vollzugsbeamten kontrollieren und setzt dabei auf Unterstützung der Polizei.
- Was passiert? Die Missachtung der Vorschrift ist eine Straftat. Bei Verstößen drohen bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe oder hohe Geldstrafen.
- Im Dienst: Alle Dienststellen der Stadtverwaltung sind erreichbar; das Rathauses darf aber nur mit konkreten Terminen betreten werden.