Ulrike Blatter

Die Herbstabende werden länger und es ist Schmökerzeit. Jetzt beginnt für mich die Vor-Lesezeit. Lesungen in Buchhandlungen und Bibliotheken sind nichts Ungewöhnliches. Aber es gibt auch besondere Orte, wie zum Beispiel Kliniken oder gar private Wohnzimmer. Trudelt eine Einladung des Landfrauenverbandes ein, freue ich mich sehr. Als zugezogene Rheinländerin nutze ich gern die Gelegenheit, neue Regionen kennenzulernen. Aber vor allem freue ich mich auf die Frauen: Richtige Unternehmerinnenpersönlichkeiten sind darunter. Tatkräftige Managerinnen mit jeder Menge Sozialkompetenz, die nicht nur Melkmaschine und Traktor am Laufen halten, sondern auch den sozialen Zusammenhalt im Dorf – und dazu gehört auch die Kultur.

Ein Krimi hilft beim Einstieg in die Schmökerzeit

Kultur auf dem Land ist mehr als Blasmusik und Chorgesang, aber die Schwelle zur Literatur ist doch manchmal etwas hoch. Ein Krimi hilft beim Einstieg. Da komme ich ins Spiel, packe meine Bücherkiste und fahre frohgemut auf immer kleineren und holprigen Straßen als Kulturbotschafterin des schwarzen Humors bis in die letzten Winkel des Ländles, dorthin, wo manchmal auch mein GPS nicht mehr weiter weiß. Schön ist es dort, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen und manchmal ein Reh erschrocken ins Scheinwerferlicht blinzelt. 

Wehe, der Tee sieht aus wie Whisky!

Eine Landfrauenlesung bedeutet für mich: volles Haus, gebanntes Publikum und gutes Essen – manchmal sogar kulinarisch abgestimmt auf die Geschichte. Fantasie kennt auch beim Kochen keine Grenzen! Bei meiner Whisky-Lesung stoße ich jedoch auf ein anderes Phänomen des Landlebens: Soziale Kontrolle. Während der Lesung „betrinke“ ich mich, und manche Fans lassen sich nur durch einen Probeschluck überzeugen, dass tatsächlich nur Roibuschtee in der Whiskyflasche ist. Ob sie sonst die Autoschlüssel einbehalten würden?

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Signiert wird hier besser nicht

Auch beim Signieren sind die Landfrauen speziell: „Noi. Da wird net neig‘schmiert“, belehrte mich eine Schwäbin, bevor ich ihr Buch unterschreiben könnte. Das mag sie nicht und begründet umgehend, warum: „Des Biechle muss sauber bleiben.“ Nicht selten formt sich nach einem solchen Abend mit Kultur und Landfrauen bereits auf der Rückfahrt die nächste Geschichte. Eine beginnt so: „Hier auf dem Land war es üblich, Anhalter mitzunehmen, denn die Busse fuhren nur im Stundentakt.“

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