Die Verlegung der Konzerte des Hohentwiel-Festivals von der Karlsbastion auf den Rathausplatz in Singen kam überraschend. Immer wieder haben die Macher in den vergangenen Wochen betont, dass das Burgfest nach einem Felssturz in der Festungsruine gefährdet ist. Doch die Konzerte sollten bekanntlich unterhalb im weiterhin begehbaren Bereich stattfinden. Es war eine begründete Hoffnung, sagt nun Roland Frank, der als Geschäftsführer des städtischen Eigenbetriebs Kultur und Tourismus in Singen (KTS) für die Hohentwiel-Konzerte verantwortlich ist. Nachdem vor einer Woche das Burgfest abgesagt worden ist, stand am Donnerstag fest, dass die Konzerte verlegt werden.
- Warum kam jetzt die Verlegung? „Es hat ein paar Tage gedauert, bis wir das Sicherheitskonzept nochmal auf Herz und Nieren geprüft haben“, sagt KTS-Geschäftsführer Roland Frank. Natürlich habe man gewusst, dass die nach einem Felssturz nötigen Sicherungsmaßnahmen Zeit brauchen. Doch man habe die begründete Hoffnung gehabt, dass die Zeit dafür noch ausreicht und dass das für die Konzerte auf der Karlsbastion nicht so entscheidend sei. Doch gerade bei stark besuchten Konzerten brauche man die Fläche der gesperrten Festungsruine, um im Notfall flüchten zu können. Am Donnerstag habe es noch einen gemeinsamen Termin mit Vertretern etwa von Feuerwehr und Polizei gegeben, woraufhin sie sich für eine Verlegung entschieden hätten. „Bei der Sicherheit können wir Kompromisse nicht verantworten“, erklärt Frank. „Schlussendlich war es eine Entscheidung der Stadt“, ergänzt Jan Obri als Pressesprecher von Vaddi Concerts. Auch für die Konzertagentur sei aber klar gewesen, dass Sicherheit Vorrang hat.
- Wurde über eine Absage nachgedacht? „Eine Absage war nie Thema“, sagt Jan Obri von Vaddi Concerts. Dafür habe es auch keinen Grund gegeben, weil mit dem Rathausplatz rasch eine Ausweichmöglichkeit gegeben ist. Roland Frank bestätigt das: Die Konzerte abzusagen, wäre schlimmer gewesen als eine Verlegung. Die Besucher kämen ja nicht zuletzt wegen der Künstler und dafür hätten sie versucht, Lösungen und einen Ersatz zu finden. „So können die Konzerte wenigstens stattfinden.“
- Was ändert sich für Besucher? Außer dem Ort nicht viel. „Klar fehlt das Flair, das wissen wir auch und das tut uns Leid, weil wir selbst Hohentwielfestival-Fans sind“, sagt KTS-Geschäftsführer Roland Frank über die Verlegung auf den Rathausplatz. Doch die Konzerte starten zur gleichen Zeit, weil es auch auf dem Hohentwiel eine zeitliche Beschränkung gibt: Auf dem Berg geht es um den Naturschutz, in der Stadt um die Nachtruhe der Anwohner, wenn um 22 Uhr Ruhe sein muss. Wie auf dem Hohentwiel wird es laut Frank Schallmessungen geben, um auf dieser Grundlage steuernd eingreifen zu können.
- Warum fiel die Wahl auf den Rathausplatz? Eine Verlegung dorthin sei in der Kürze der Zeit machbar und wegen zahlreicher anderer Veranstaltungen sei diese Fläche für solche Fälle erprobt, sagt Roland Frank. Der KTS-Geschäftsführer zählt die Vorteile auf: Hier sind ebenso wie auf dem Hohentwiel bis zu 3800 Besucher möglich, die Anreise für diese sei sogar einfacher und wegen vorliegender Pläne könne man auf Erfahrungswerte zurückgreifen. „Anderswo müsste man alles neu planen“, sagt Frank, und die Zeit dafür wäre sechs Wochen vor dem ersten Konzert knapp.
- Wie fallen die Reaktionen aus? Bereits am Donnerstagabend verbreitete sich die Nachricht rasant in den sozialen Netzwerken, die Kommentare reichen von „Schade“ über „War absehbar“ bis zu „Wo bleibt da das Festival Feeling?“ Vaddi Concerts hat auch die Künstler informiert und von diesen das Signal erhalten, dass Sicherheit vorgeht. „Für die Künstler wäre das da oben sicher ein einzigartiges Festival und spannendes Erlebnis gewesen, aber die Verlegung rüttelt nicht an ihrer Auftritt“, sagt Obri.
- Kann ich meine Karte zurückgeben? Der Umzug von der Burg in die Stadt ist für Vaddi Concerts kein Rückgabegrund, daher könnten sie die Karten nicht zurücknehmen. „Es ist abseits vom Ambiente der selbe Tag, der selbe Künstler in der selben Stadt. Und auf dem Rathausplatz ist es auch Openair“, erklärt der Pressesprecher Jan Obri.
- Von der Burg mitten in die Stadt – was bedeutet das logistisch für die Veranstalter? „Der Unterschied ist nicht allzu groß“, sagt Obri. Denn auf dem Hohentwiel wie auf dem Rathausplatz würden sie für die nötige Infrastruktur sorgen. Der Rathausplatz sei da vermutlich sogar von Vorteil, weil der Aufbau sich etwas verkürzen könnte. Ablauf und Zeitplan seien aber gleich. Toiletten und Bewirtungsstände würden wie sonst auch aufgebaut.
- Wie geht es weiter? „Das können wir noch nicht sagen“, räumt KTS-Geschäftsführer Roland Frank ein. Sie hätten ein großes Interesse daran, den Hohentwiel im nächsten Jahr wieder nutzen zu können – nicht zuletzt, um das Burgfest-Jubiläum nachzuholen. Das hätte in diesem Jahr gefeiert, dass Singen vor 50 Jahren seinen Hausberg Hohentwiel zugesprochen bekam. Das Burgfest wurde aber bereits vor einer Woche abgesagt. Laut Roland Frank haben Geologen nach dem Felssturz bereits markante Stellen entdeckt und wissen, wie diese gesichert werden können. Diese Maßnahmen bräuchten aber ihre Zeit. Er persönlich hoffe, dass das im Lauf des Jahres erledigt sei. „Wir konzentrieren uns erstmal auf 2019“, sagt auch Jan Obri. Wie das Hohentwiel-Festival 2020 aussehen soll, sei noch unklar. „Das besprechen wir gemeinsam mit der Stadt Singen im Anschluss an das Festival 2019.“
- Wer tritt nun wann auf? Die fünf Progressive Rocker von Dream Theater eröffnen die Konzertreihe am Montag, 22. Juli, um 19 Uhr. Wenig später singt am Donnerstag, 25. Juli, ab 19 Uhr der deutsche Popsänger Wincent Weiss seine Hits wie „Musik sein“ oder „Feuerwerk“. Den Samstag, 27. Juli, bespielt ab 19 Uhr James Morrison. Er wurde vor knapp 15 Jahren mit seiner Debütsingle „You Give Me Something“ weltbekannt und ist mit seinen entspannten, gefühlvollen Songs seitdem immer wieder in den Charts. Zum Abschluss des Hohentwiel-Festivals 2019 spielen am Sonntag, 28. Juli, ab 18.30 Uhr In Extremo & Fiddler‘s Green, die Singen als Teil ihrer Burgentour auf dem Programm haben. Die Band ist bekannt für Mittelalter-Rock.
Vorgeschichte
Die Festungsruine auf dem Hohentwiel ist seit Ende April gesperrt. Passanten haben zuvor Aufsehern gemeldet, dass Felssplitter auf dem Zugangsweg liegen. Aus etwa 20 Metern Höhe hatten sich Steine aus der Felswand gelöst und waren in unmittelbarer Nähe des Zugangsweges zerbrochen. Verletzt wurde niemand. Doch seither ist der Zugang zur Festungsruine gesperrt, weil weitere Gesteinsbrocken herabstürzen könnten. Besucher haben keinen Zugang zur Festung, wobei die weiter unten gelegene Karlsbastion weiterhin besichtigt werden kann.