Wie kann der Landkreis Konstanz klimaneutral werden? Um diese Frage ging es bei einer gemeinsamen Veranstaltung des BUND-Regionalverbands Bodensee-Oberschwaben mit dem Landkreis Konstanz und der Stadt Singen, bei der die BUND-Studie „100 Prozent klimaneutrale Energieversorgung – der Beitrag Baden-Württembergs und seiner zwölf Regionen“ vorgestellt wurde. Die BUND-Landesvorsitzende Sylvia Pilarsky-Grosch fasste die Ergebnisse der Studie für die rund 150 Interessierten in der Singener Stadthalle zusammen.
Moderator Martin Wichmann vom Regionalverband Bodensee-Oberschwaben hielt den Zuhörern und sich selbst bei der kurzen Einführung erstmal den Spiegel vor und räumte ein, dass die Menschen doch wohl erst seit Beginn des Ukraine-Kriegs wirklich ans Energiesparen denken würden. Doch schon seit Greta Thunberg und die Fridays-for-Future-Bewegung aktiv darauf hinweise, dass dringender Handlungsbedarf da ist, sei wieder Bewegung in die Sache gekommen und der Ernst der Lage deutlich geworden.
Erstmals waren bei der Studie zwölf Regionen im Land getrennt angeschaut worden. Im Bereich Windenergie zeigte sich dabei, dass in der Region Hochrhein-Bodensee nur 836 Hektar für Windenergie geeignet seien, so Pilarsky-Grosch. Insgesamt seien laut der Studie im Land unter Berücksichtigung des Artenschutzes 325.000 Hektar für Windenergieanlagen geeignet.
Wichtiges Thema bleibt die Wärmenachfrage
Eine Mammutaufgabe sieht Pilarsky-Grosch in der Reduktion der Wärmenachfrage von Gebäuden. Um einen möglichst geringen Rohstoff- und Energieverbrauch (Suffizienz) zu erreichen, brauche es eine Veränderung des Konsumverhaltens, zum Beispiel durch Reduktion der Wohnflächen oder Temperaturabsenkung in öffentlichen Gebäuden.

Was im Landkreis Konstanz möglich wäre, erläuterten im Anschluss Sven Simon von der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung Konstanz (HTWG) über den „Monitor Energiewende im Landkreis Konstanz 2022“ und Till Blaß, Klimaschutzmanager im Amt für Klimaschutz und Kreisentwicklung des Landratsamtes Konstanz. „Bei der Energiewende bewegt sich im Landkreis bisher nur etwas bei der Stromerzeugung“, sagte Sven Simon. Immerhin gebe es eine deutliche Zunahme von Elektrofahrzeugen und auch die Ladeinfrastruktur sei inzwischen gut. Zu langsam kämen allerdings neue Photovoltaikanlagen hinzu.
Bei der Mobilität sieht Simon große Potentiale beim Umstieg vom Auto auf Bus, Bahn oder das Rad. Auch durch einfache Maßnahmen sehe er Stromsparpotentiale von bis zu 40 Prozent im Haushalt. Durch Gebäudesanierung könnten 60 Prozent des Wärmebedarfs gespart werden. Würden Öl- und Gasheizungen durch Wärmepumpen in Kombination mit geeigneten Heizkörpern installiert, könnte man ebenfalls über 66 Prozent einsparen.
70 Maßnahmen in sechs Handlungsfeldern definiert
Till Blaß berichtete, dass der Landkreis für das neue Klimaschutzkonzept 70 Maßnahmen in sechs Handlungsfeldern definiert habe. Das Konzept sei noch nicht vom Kreistag beschlossen, solle aber im Sommer vorgestellt werden.
Außerdem berichteten Ulrich Weigmann, Leiter der Abteilung für Umwelt-, Klima- und Naturschutz sowie Axel Huber, Mobilitätsbeauftragter der Stadt Singen (Hohentwiel), wie Singen bis zum Jahr 2035 klimaneutral werden will. Singen hatte 2013 sein erstes Klimaschutzkonzept erstellt, ein neues Konzept steht kurz vor der Fertigstellung. Singens Oberbürgermeister Bernd Häusler sieht es als Herkulesaufgabe an, dass Singen sich zum Ziel gesetzt hat, bis 2035 klimaneutral zu werden.
Besonders schwierig sei es, die Großbetriebe, die sehr viel Energie brauchen, zu dekarbonisieren – also die Reduzierung von Kohlendioxidemissionen durch den Einsatz kohlenstoffarmer Energiequellen zu erreichen.