Eine Telefonnummer, die zu keinem Telefon mehr führt. Eine Internetseite, die weiter erreichbar ist und aussieht, als würde der Betrieb normal weitergehen. Ein Name, der von der Internetseite des Gesundheitsverbundes Landkreis Konstanz verschwunden ist: Etwas ist seltsam bei der neurochirurgischen Praxis von Bahran Hashemi. Der Arzt hat seine Räume im Singener Krankenhaus. An den Fenstern sind nach wie vor Kontaktdaten und Sprechzeiten zu finden. Doch der Betrieb ruht, das Licht ist aus. Auf Nachfrage bestätigt Hashemi, dass seine Praxis seit dem 16. Juli geschlossen ist.

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Auch aus der Arztsuche der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) ist Hashemis Name verschwunden. Damit fällt ein wichtiger Teil der ärztlichen Versorgung für die Menschen in der Region und darüber hinaus vorerst weg. Es gibt sogar Gerüchte, Hashemi sei untergetaucht und im Prinzip nicht mehr zu erreichen. Was war geschehen? Und: Was steckt hinter der Geschichte?

Name des Arztes ist von der Internetseite des Klinikverbundes verschwunden

Laut Kai Sonntag, Pressesprecher der KVBW, ist die Schließung einer Praxis nicht unbedingt ein Zeichen dafür, dass ein Arzt den Betrieb komplett einstellt. Eine Praxis könne auch vorübergehend geschlossen werden. Auch auf Rückgabe der Kassenzulassung des Arztes deute eine solche Schließung nicht automatisch hin. Nur mit einer Kassenzulassung darf ein Arzt Patienten behandeln, die bei einer gesetzlichen Krankenkasse versichert sind – und das ist die deutlich überwiegende Mehrheit. Diese Zulassung erlösche, wenn ein Arzt sie zurückgebe oder wenn nicht mehr davon ausgegangen werden könne, dass der Betrieb wieder aufgenommen werde, erklärt Sonntag auf Anfrage. Personenbezogene Angaben macht die KV indes grundsätzlich nicht.

„Das heißt nicht unbedingt, dass ein Arzt den Betrieb komplett einstellt.“ Kai Sonntag, Pressesprecher der Kassenärztlichen ...
„Das heißt nicht unbedingt, dass ein Arzt den Betrieb komplett einstellt.“ Kai Sonntag, Pressesprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg, zur Schließung einer Praxis | Bild: Juergen Altmann

Welche Rolle spielt das Singener Krankenhaus bei der Praxisschließung? Und warum ist es bemerkenswert, dass Hashemis Name von der Internetseite des Gesundheitsverbunds Landkreis Konstanz (GLKN) verschwunden ist? Der Arzt habe, gemeinsam mit der benachbarten Praxis von Aram Bani, die neurochirurgische Versorgung der Patienten am Hegau-Bodensee-Klinikum sichergestellt – und das rund um die Uhr, sagt der Geschäftsführer des GLKN, Bernd Sieber, auf Anfrage: „Das war für uns natürlich klasse.“

Und Hashemi zahle nach wie vor Miete ans Singener Krankenhaus, in dessen Räumen die Praxis liege. Ende Mai dieses Jahres habe er die Zusammenarbeit des Krankenhauses mit Hashemi allerdings beendet, erklärt Sieber: „Ich habe alle Verträge mit ihm fristlos, hilfsweise fristgerecht, gekündigt.“ In dieser Zeit sei auch der Name von der GLKN-Webseite verschwunden. Nun wird dort nur noch Bani als Neurochirurg und Kooperationspartner des Klinikums aufgeführt.

Die Angelegenheit ist heikel

Was hat den Geschäftsführer dazu veranlasst, so hart durchzugreifen? Das Vertrauensverhältnis sei „aufgrund verschiedener Dinge“ zerrüttet gewesen, sagt Bernd Sieber. Juristische Auseinandersetzungen laufen, so der Geschäftsführer, alle Seiten seien anwaltlich vertreten. Das sei im Zusammenhang mit der Kündigung von Verträgen zunächst einmal nicht ungewöhnlich, so Sieber.

Doch die Sache ist offenbar heikel, auch über die schwebenden Verfahren hinaus. Was konkret vorgefallen ist, dazu gibt es derzeit keine gesicherten Informationen. Im Raum steht allerdings, dass schwere persönliche Vorwürfe gegen Mediziner, die mit dem Singener Krankenhaus zusammenarbeiten oder dort angestellt sind, eine Rolle gespielt haben sollen. Diese hätten sich laut Sieber allerdings als nicht haltbar erwiesen.

„Das Vertrauensverhältnis war aufgrund verschiedener Dinge zerrüttet.“ Bernd Sieber, Geschäftsführer des ...
„Das Vertrauensverhältnis war aufgrund verschiedener Dinge zerrüttet.“ Bernd Sieber, Geschäftsführer des Gesundheitsverbundes Landkreis Konstanz | Bild: Tesche, Sabine

Und was sagt Hashemi dazu? Auch er wird in der Sache anwaltlich vertreten. Momentan hält er sich bedeckt und äußert sich nicht zu dem, was der Geschäftsführer sagt. Um welche Vorwürfe es sich handelt und was im Vorfeld der Vertragskündigung konkret vorgefallen war, kann man daher derzeit nicht mit Sicherheit sagen, es bleibt einstweilen für die Öffentlichkeit unklar. Allerdings erwähnt Hashemi, dass er persönlich extrem enttäuscht sei.

Und er bestätigt auf Anfrage auch, dass er weiterhin Miete für seine Praxisräume an das Krankenhaus zahle. Der Grund für die Schließung sei die Kündigung des Kooperationsvertrages mit dem Krankenhaus gewesen. Aufgrund dessen habe er nicht mehr die Möglichkeit, für das Krankenhaus tätig zu sein. Und ohne die Möglichkeit, operieren zu können, sei das Führen einer Praxis für einen operativ tätigen Neurochirurgen nicht sinnvoll, so Hashemi. Untergetaucht sei er allerdings nicht. Er halte sich weiter an seinem Wohnort auf und sei per E-Mail, Telefon oder persönlich erreichbar, erklärt er.