Noch immer ragen schwarze, verkohlte Balken in den sommerlichen Himmel. Die Brandruine ist abgesperrt. Das große Kreuz auf dem Turm des Gebäudes reckt sich einem Mahnmal gleich in die Luft: Das Feuer in der Singener Friedenskirche im März hat für Bestürzung und Anteilnahme im gesamten Hegau gesorgt.

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Knapp zwei Monate nach dem verheerenden Feuer schmerzt der Verlust der Friedenskirche auch die Mitglieder der freikirchlichen Gemeinde sehr. „Wir sind eine Gemeinde auf Wanderschaft“, sagt Gemeindeleiter Maximilian Stroscher. Aber er wolle nicht zurückblicken, sondern den Blick nach vorne richten. „Wir haben wirklich eine ungemeine Hilfsbereitschaft erfahren“, berichtet er.

Aus der Luft wird die Zerstörung der Friedenskirche am deutlichsten. Kaum ein Stein steht noch auf dem anderen. Das Bild entstand im ...
Aus der Luft wird die Zerstörung der Friedenskirche am deutlichsten. Kaum ein Stein steht noch auf dem anderen. Das Bild entstand im März, wenige Tage nach der Brandnacht. | Bild: Lukas Ondreka

So habe die Gemeinde die Gottesdienste über die Osterfeiertage etwa in der Markus-Kirche feiern können, die Seniorennachmittage fanden in der Paulusgemeinde statt und Trauungen wurden in der Freien Evangelischen Gemeinde geschlossen. Die Gottesdienste und Gebetsabende selbst wurden laut Stroscher in der Gemeinde Gottes begangen. Aber auch der Arbeitskreis Christlicher Kirchen sowie die Evangelische Allianz hätten Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt, in denen die Mitglieder ihre Gottesdienste hätten feiern können.

Gemeindeleiter Maximilian Stroscher bei einem Gottesdienst kurz nach der Brandnacht. Im Hintergrund sind Teile der zerstörten ...
Gemeindeleiter Maximilian Stroscher bei einem Gottesdienst kurz nach der Brandnacht. Im Hintergrund sind Teile der zerstörten Friedenskirche zu sehen. | Bild: Matthias Güntert

Aktuell zeichne sich laut Maximilian Stroscher eine Lösung ab: Die Baptistengemeinde der Friedenskirche strebt eine längerfristige Nutzung der Mensa beim Team Pirmin des Caritas-Verbandes an. Für Stroscher eine erhebliche Erleichterung, denn das ständige Wandern sei vor allem organisatorisch eine Herausforderung. „Wir können eben nicht mehr unsere Kirche aufschließen, das Licht anmachen und loslegen“, sagt er.

Die Polizei ermittelt noch

Laut Andreas Mathy, Staatsanwalt und Pressesprecher der Konstanzer Ermittlungsbehörde, seien die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen. Aus ermittlungstechnischen Gründen könne die Staatsanwaltschaft deshalb noch keine Angaben zum Ermittlungsstand machen.

Auch ein anderer Baustein für die laufenden Ermittlungen fehle laut Mathy noch: „Das Brandgutachten liegt noch nicht vor und wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen“, sagt er auf SÜDKURIER-Nachfrage. Mathy rechne damit, dass im Juni erste Ergebnisse daraus vorliegen könnten. „Die Ermittlungen sind sehr aufwendig“, begründet er. Mit Blick auf die Zeugenhinweise erklärt er, dass einige Meldungen bei der Polizei eingegangen seien. Allerdings hätten diese nicht zu nennenswerten Ergebnissen bei den Ermittlungen beigetragen. „Aus den Meldungen aus der Bevölkerung konnten keine sachdienlichen Hinweise herausgearbeitet werden“, so Mathy weiter.

Polizei schließt Brandstiftung nicht aus

Am Tag nach dem Feuer teilten das Polizeipräsidium Konstanz und die Staatsanwaltschaft Konstanz in einer gemeinsamen Meldung mit, dass eine Brandstiftung nicht ausgeschlossen werden könne. Dies hänge laut Polizeiangaben mit einem Feuer in der Brandnacht in der benachbarten Straße Inselwiese zusammen.

Der Abriss wird vorbereitet

Mit Blick auf die Abbrucharbeiten der Brandruine in der Rielasinger Straße gibt es ebenfalls Neuigkeiten: Laut Gemeindeleiter Maximilian Stroscher sei ein Komplettabriss unvermeidlich. Eine entsprechende Ausschreibung werde aktuell von der Gemeinde vorbereitet. „Zum Zeitplan können wir allerdings noch nichts Genaueres sagen“, schildert er. Aber die Gemeinde werde aufs Tempo drücken, wie Stroscher versichert: „Wir sind daran, den Abbruch vorzubereiten. Die Reste sind ein Stück weit auch eine Gefahr für Menschen, die die Ruine unerlaubt betreten.“ Deshalb müsse die Ruine nicht länger stehen als unbedingt nötig.

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Wie es dann für die Gemeinde weitergehen soll, stehe aktuell noch nicht fest. „Wahrscheinlich läuft es auf einen Neubau hinaus“, sagt Maximilian Stroscher. Aber es bleiben noch viele Fragezeichen: Etwa wo die neue Friedenskirche wieder aufgebaut werden soll. Am jetzigen Standort sei grundsätzlich denkbar. „Aber sie könnte auch an einem anderen Ort wieder errichtet werden“, so Stroscher weiter.

Noch immer ragen schwarze Balken aus der Ruine der Friedenskirche. Im Hintergrund sind die Schuttberge zu sehen.
Noch immer ragen schwarze Balken aus der Ruine der Friedenskirche. Im Hintergrund sind die Schuttberge zu sehen. | Bild: Matthias Güntert

Dies hänge auch mit der Versicherungssumme zusammen. Wie hoch diese ausfalle, stehe noch nicht fest. „Ein Neubau ist vom Großteil der Gemeinde sicherlich favorisiert, aber dies bedeutet einen enormen Kraftakt für uns“, sagt Stroscher.

Alte Friedenskirche hat vier Millionen D-Mark gekostet

Er rechnet vor: Die Friedenskirche in der Rielasinger Straße 19 wurde im Jahr 1993 als Ersatzbau für die zu klein gewordene Friedenskirche in der Rielasinger Straße 1 eingeweiht. Die Baukosten betrugen damals laut Stroscher rund vier Millionen D-Mark. Die Polizei beziffert den durch den Brand entstandenen Schaden kurz nach dem Feuer auf rund 1,5 Millionen Euro. „Das wird wohl kaum reichen“, schätzt Stroscher. 300.000 Euro an Inventar sei seiner Aussage nach alleine beim Feuer zerstört worden. Wie teuer ein Neubau werden wird, könne in der Gemeinde zum jetzigen Zeitpunkt noch niemand sagen.