Etwas Skepsis war zu Anfang da: Kann man zwei Fast-Teenager für den Besuch im Heimatmuseum begeistern? Für die SÜDKURIER-Reihe Familiencheck stand kürzlich das Hegau-Museum in Singen auf dem Programm, wieder mit dem Budget von 100 Euro.

Wir reisen mit dem Seehas an (zwei Kinder, eine Erwachsene: 8,20 Euro) und laufen zu Fuß in das Singener Schloss, das das Hegau-Museum beherbergt. Museumsmitarbeiterin Birgit Kaimer lässt uns auf unser Klingeln ein. Schon der erste Eindruck ist sehr positiv: Helle, großzügige Räume erwarten uns. Birgit Kaimer erläutert den Rundgang: In elf Räumen zeigt das Museum die Lebenswelt der Menschen, die den Hegau seit dem Ende der letzten Eiszeit vor etwa 15.000 Jahren bis ins frühe Mittelalter besiedelten.

Weil das Museum auf das Motto „Mittendrin statt nur dabei“ setzt, darf hier das Leben der Ur-Hegauer auch nachgespielt werden. Statt trockener Texte und Vitrinen gibt es hier Geschichte zum Anfassen – im wortwörtlichen Sinn: Gleich im ersten Zimmer ist ein imposantes Zelt aufgebaut, behängt mit echten Tierhäuten. Daneben darf man Felle streicheln und erraten, von welchem Tier sie stammen. Hirsch oder Rentier? Diese Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten.

Viele Mitmachstationen – hier testen Emilia und Matilda (von links) die Bearbeitung von Leder mit einem Faustkeil – bietet ...
Viele Mitmachstationen – hier testen Emilia und Matilda (von links) die Bearbeitung von Leder mit einem Faustkeil – bietet das Hegau-Museum an. | Bild: Holle Rauser

In jedem Raum gibt es Mitmachstationen: Hier kann man mit einem Feuersteinkeil Leder schneiden, bei den Kindern stößt auch das Mahlen von Körnern mit einem Stein auf große Begeisterung. Kleidung aus Wildleder und Pelz laden zum Verkleiden ein. „Die Steinzeitmenschen trugen sogar bauchfrei“, findet Matilda heraus.

Der Familiencheck

Schon vor der Inflation und Energiekrise mussten Familien teils tief in die Tasche greifen, um einen schönen Ausflugstag zu erleben. Beim Familiencheck erhält eine Familie 100 Euro und testet, wie weit sie damit im Kreis Konstanz kommt. Dabei soll für jeden etwas dabei sein: Drinnen, draußen, mit Abenteuer oder Kultur. Diese Artikel sind in der Reihe außerdem erschienen:

Ein Tag in der Lochmühle Eigeltingen

Ein Tag im Strandbad Iznang auf der Höri

Ein Tag mit Brettspielen zuhause

Ein Tag am und auf dem Bodensee in Bodman-Ludwigshafen

Ein Tag um den Hohentwiel mit kostenloser Lauschtour

Ein Tag im Kletterwerk in Radolfzell

Mahlen nach Steinzeitart. Im Museum gibt es auch einen Mühlstein, der die Gewinnung von Mehl deutlich einfacher machte.
Mahlen nach Steinzeitart. Im Museum gibt es auch einen Mühlstein, der die Gewinnung von Mehl deutlich einfacher machte. | Bild: Holle Rauser

Auch die Archäologie selbst wird anschaulich erklärt: Mitten in einem der Ausstellungsräume ist eine Grabungsstelle nachgestellt: Skelette samt Vermessungsgeräten, Grabungswerkzeug. „Sogar die Sprudelflasche ist noch da“, stellen die Kinder begeistert fest. Als wäre der Archäologe gerade erst aus dem Raum gegangen. Die Mitmachstation hier: Scherben zu einem Gefäß zusammenfügen– eine knifflige Aufgabe. Der Schmuck aus Gold, Bronze und Bernstein, wie er in der Bronzezeit getragen wurde, kam bei den Mädchen natürlich auch gut an.

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Eine Erlebnisreise in die Eiszeit

In die Eisenzeit fällt die Ära der Kelten. In die Bekleidung aus farbenfrohem Wollstoff und kunstvoll gewobenen Tüchern und Bändern darf man auch hier schlüpfen. Die Römerzeit und die im Hegau so wichtige Burgenzeit des Frühmittelalters sowie die Lebenswelt der Alamannen wird mit lebendig gestalteten Dioramen anschaulich gemacht. In dieser Form besteht das Hegau-Museum seit etwa einem Jahr: „Über zehn Jahre wurde hier Raum für Raum umgebaut“, erzählt die Museumsmitarbeiterin und Archäologin Nuria Schäfer. „Es ist wichtig, Kinder von klein auf für Geschichte zu begeistern, ihnen zu zeigen, dass Geschichte interessant und spannend ist“, so Schäfer.

So bietet das Museumsteam auch Führungen für Kindergruppen ab dem Vorschulalter an und bietet die Möglichkeit, vor Ort Kindergeburtstage zu feiern. Auch und gerade für Einheimische lohnt sich der Besuch: „Viele wissen nicht, dass wir hier richtige Schätze haben“, so Archäologin Schäfer. Das „Singener Schwert“ als ältestes Eisenzeit-Schwert Europas, einer der frühesten Bronzezeit-Funde und Beispiele für die „Hegau-Keramik“ gehören dazu. „Hier zeigen wir unglaublich wichtige, in der Fachwelt anerkannte Funde“, so Nuria Schäfer.

Grabungsstelle: Werkzeuge und Instrumente für die Arbeit von Archäologen werden im Hegau-Museum anschaulich nähergebracht.
Grabungsstelle: Werkzeuge und Instrumente für die Arbeit von Archäologen werden im Hegau-Museum anschaulich nähergebracht. | Bild: Holle Rauser

Unser Familienbudget ist am Ende des Museumsbesuchs noch fast vollständig, denn einen Museumsshop gibt es hier nicht und der Eintritt kostete nichts. „Uns ist wichtig, dass Bildung kostenfrei sein sollte“, so Schäfer. So werfen wir in die Spendenkasse nach kurzer Beratung 20 Euro. Natürlich ist es jedem Besucher selbst überlassen, wie viel er spendet. Zu bedenken ist aber, dass ein Museum, das zum Mitmachen einlädt, auch höhere Ausgaben hat, etwa um die interaktiven Stationen zu gestalten.

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Zum Abschluss des Museumstages gibt es noch einen Abstecher ins Eiscafé (27 Euro), bevor uns der Seehas zurück nach Engen bringt. Unser Fazit: Ein Ausflug ins Hegau-Museum ist für Familien definitiv zu empfehlen und lohnt sich – in jeder Hinsicht.