Nach der Mitteilung von Polizei und Staatsanwaltschaft, dass es sich im Falle des Feuers an der Scheffelhalle um Brandstiftung handeln könnte, kochen die Emotionen in der Stadt hoch. „Es ist davon auszugehen, dass die Singener Scheffelhalle gewollt oder versehentlich in Brand gesetzt worden ist. Diesen gegenwärtigen Stand haben die kriminalpolizeilichen und technischen Ermittlungen ergeben“, heißt es in der Mitteilung nach Auswertung der Spuren am Brandort. Aufnahmen einer Überwachungskamera zeigen einen Unbekannten, der sich am späten Abend des 16. Novembers mehrfach in dem Bereich aufgehalten hat, von dem der Brand seinen Ausgang nahm.
„Es ist für uns schockierend, dass nach den Ermittlungen der Polizei die Scheffelhalle bewusst oder unbeabsichtigt in Brand gesetzt wurde. Umso mehr, dass auch jedem klar sein sollte, dass solche Großfeuer Menschenleben gefährden, wie das von Feuerwehrleuten, oder wenn ein Brand schnell auf Nachbarhäuser übergreift“, erklärt Singens Oberbürgermeister Bernd Häusler gegenüber dem SÜDKURIER. Zudem habe die Stadt Singen ein wichtiges historisches Gebäude verloren. „Die Stadt Singen erhöht die von der Polizei und der Staatsanwaltschaft ausgesetzte Belohnung von 3000 Euro für Hinweise, die zur Ermittlung des verdächtigen Täters führen, um weitere 3000 Euro“, sagt Häusler. „Die Stadt Singen benötigt alleine schon wegen des Bedarfs vieler Vereine als Veranstaltungsort eine neue Halle. Es bedarf aber im Vorfeld eines Baus intensiver Gespräche, wie im Gemeinderat. Dabei geht es vor allem darum, wie das Gebäude möglichst vielfältig genutzt werden kann, um die Kosten und die Charakteristik des Gebäudes, da die geschichtsträchtige Scheffelhalle mit ihrem besonderem Charme auch eine große Tradition hatte. Zudem könnte der Denkmalschutz ein wichtiges Thema werden“, so Häusler.

Gemeinsame Lösung gesucht: „Es ist gut, dass die Polizei die wahrscheinliche Brandursache ermitteln konnte. Das ist für die Stadt Singen wichtig, weil die ehemalige Scheffelhalle unter ihrer Verantwortung steht. Es hilft auch, dass nicht ewig Gerüchte kursieren“, erklärt Hubertus Both, Sprecher der Fraktion der Freien Wähler im Singener Gemeinderat. „Die Scheffelhalle bricht als Veranstaltungsort weg. Wir müssen nun ermitteln, welche und wie viele Nutzer eine Ersatzhalle hätte, um möglichst viele Singener Bedürfnisse bündeln zu können. Das wird eine schwierige Diskussion. Ich hatte aber noch nie so ein starkes Gefühl, wie in diesen schwierigen Corona-Zeiten, dass der Singener Gemeinderat als Team um gemeinsame Lösungen ringt“, betont Both.

Runder Tisch angeregt: Eberhard Röhm, Ratssprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, hatte wie Both vom SÜDKURIER über den Verdacht auf Brandstiftung erfahren. „Es ist gut zu wissen, weshalb die Scheffelhalle abgebrannt ist. Wenngleich, dies auch nichts daran ändert, dass sie nicht mehr steht. Wir müssen nun einen runden Tisch gründen, um zu ermitteln, wie eine neue Halle noch besser und breiter genutzt werden kann“, betont Röhm.

Vereine ohne Veranstaltungsort: „Meine Befürchtungen haben sich leider bestätigt“, bekennt SPD-Sprecherin Regina Brütsch. 95 Jahre habe es keinen Brand gegeben, obwohl die Gefahren gerade in früheren Zeiten nicht unerheblich gewesen seien, als beispielsweise in der Halle noch geraucht werden durfte. Und nun sollte es ein Zufall gewesen sein, dass kurz nach einer intensiven Diskussion über die anstehende Sanierung in einem Ratsgremium die Scheffelhalle niederbrennt. „So haben sicher viele Singener gedacht“, sagt Regina Brütsch. „Unser Fraktion ist ganz klar der Meinung, dass eine neue Halle auf dem Areal gebaut und ein Nutzungskonzept diskutiert werden muss. Die Stadthalle ist so konzipiert, dass sie für viele Vereine nicht nutzbar ist. Sie haben nun keinen Veranstaltungsort außerhalb des sportlichen Bereichs“, erklärt sie. Sie persönlich wünsche sich als Vertreterin des Fördervereins Scheffelhalle einen einfachen, zweckmäßigen und belastbaren Ersatzbau, der aber auch mit Einbezug des Denkmalschutzes so gut wie möglich dem Charakter des früheren Gebäudes gerecht werden sollte.

Es herrscht Fassungslosigkeit: „Ich bin schockiert“, sagt Kirsten Brößke von der FDP-Ratsfraktion, die in der Sitzung vor dem Brandfall noch eine Vertagung der Sanierungsfrage angeregt hatte. Einen Zusammenhang mit der Sanierungssumme und der Tat mag sie nicht ziehen. „Es ist mir unerklärlich, wie jemand solch einen Schaden anrichten kann“, erklärt sie. Dirk Oehle ringt als Sprecher der Neuen Linie um Worte und hat kein Verständnis für eine solche Tat. „Die Halle hat doch keinem weh getan und wir waren auf einem guten Weg mit der Sanierung“, kann er sich nicht vorstellen, wer ein Motiv hat. „Jetzt wird‘s spannend“, sagt er und fürchtet, dass zunächst der weitere Gang der Ermittlungen abgewartet werden muss. Fassungslos ist Peter Adrian Gäng vom Förderverein Freunde der Scheffelhalle, dessen Ziel es nun ist, möglichst viele Bestandteile der Ruine für die Zukunft zu retten. „Hoffentlich wird die Person schnell gefunden“, erklärt er und ist froh über das schnelle Ergebnis der Ermittler. Bedauerlich sei, dass die Kamera am Aachbad keine hochwertigeren Aufnahmen liefern konnte.

Nutzungskonzept gefordert: Auch die Singener CDU-Fraktion positioniert sich laut ihrem Sprecher Franz Hirschle klar zum Bau einer Halle am Standort der alten Scheffelhalle. Sie beantragt bei der Stadt Singen möglichst zeitnah die ausführliche und gründliche Erarbeitung eines Nutzungskonzeptes mit allen interessierten Bürgern, den Vereinen, der Verwaltung sowie des Gemeinderates.